Widerspruch gegen Feststellungsbescheid?

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Widerspruch gegen Feststellungsbescheid?

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Diabetes-Journal-Rubrik Rechteck Antworten auf rechtliche und soziale Fragen rund um das Thema Diabetes.

Frage

Ich habe Diabetes und spritze 5-mal täglich Insulin. Da ich oft sehr schwankende Werte habe und sehr häufig den Blutzucker messen muss, fühle ich mich sehr eingeschränkt.
Nun habe ich einen Feststellungsbescheid vom Niedersächsischen Landesamt erhalten mit einem Grad der Behinderung von 40. Hat es Zweck, Widerspruch einzulegen, um eine Höherstufung zu bewirken?

Karin H., per E-Mail


Oliver Ebert:

Um einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten, müssen nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erhebliche Beeinträchtigungen an der „Teilhabe am sozialen Leben“ vorliegen. Dies bedeutet, dass man durch Krankheit oder andere Gesundheitsstörungen derart beeinträchtigt wird, dass das Leben im Alltag erheblich erschwert ist.

Bei der Bewertung und Einstufung hat sich die Behörde dabei an der Versorgungsmedizinverordnung zu orientieren; dort sind für nahezu alle Krankheiten entsprechende Kriterien festgelegt. Auch für Diabetes gibt es eine solche Vorgabe (Anlage zu § 2 VersorgungsMedVO). Hiernach liegt eine Schwerbehinderung vor bei „an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind“.

Das Bundessozialgericht hat zwischenzeitlich schon in einigen Urteilen klargestellt, dass der bloße Therapieaufwand für Messen und Spritzen nicht ausreicht, um als schwerbehindert anerkannt zu werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, Urteil vom 25.10.2012, B 9 SB 2/12 R, Urteil vom 02.12.2010, B 9 SB 3/09 R). Man muss zusätzlich nachweisen, dass man darüber hinaus auch noch „durch erhebliche Einschnitte gravierend in seiner Lebensführung“ beeinträchtigt wird.

Letztlich müssen die Beeinträchtigungen ungefähr mit dem vergleichbar sein, was bei anderen Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für das Erreichen des Schwerbehindertengrades vorausgesetzt wird.

Die Schwerbehinderteneigenschaft kann nur angenommen werden, wenn „die zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung beeinträchtigen“ (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.08.2014, L 7 SB 23/13).

Vor diesem Hintergrund dürfte es wohl eher schwierig sein, in Ihrem Fall zu einer Höherstufung zu kommen. Der Therapieaufwand sowie die Schwankungen sind in dem GdB von 40 schon berücksichtigt. Sie müssten daher zusätzliche, erhebliche Beeinträchtigungen nachweisen – beispielsweise Einschränkungen im sozialen Leben oder weitere belastende Krankheiten bzw. Gesundheitsstörungen.

Auf der Website von diabetesDE können Sie die kostenlose Broschüre „Schwerbehindertenausweis mit Diabetes“ mit weiteren Tipps und Checklisten herunterladen.


von Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart oder
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de

Internet: www.diabetes-und-recht.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (11) Seite 63

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