Älter werden mit einer Insulinpumpe

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Älter werden mit einer Insulinpumpe

Im Diabetes-Journal 10/2016 haben wir Ihnen drei Fragen zur Pumpentherapie im Alter gestellt. 136 Pumpenträger und 96 Mitarbeiter im Diabetesbereich haben teilgenommen und uns ihre Wünsche, Sorgen und Erfahrungen bezüglich der Pumpentherapie im Alter berichtet. Hier finden Sie die Ergebnisse.

Dieser Beitrag ist eine Vorabveröffentlichung aus der Juli-Ausgabe des Diabetes-Journals, die am 30. Juni 2017 erscheint. Darin erwartet Sie außerdem der diesmalige Schwerpunkt „Medikationsmanagement“, ein neuer Teil unserer Insulin-Serie über Bolusvarianten, einen Erfahrungsbericht über eine Mietwagentour durch Kuba mit Diabetes und vieles mehr.

Das Diabetes-Journal bekommen Sie im Kirchheim-Shop, als ePaper sowie an Kiosken auf Flughäfen und Bahnhöfen.

Die Arbeitsgruppe „Insulinpumpen-Therapie bei älteren Menschen mit Diabetes“, die die Umfrage durchführte, dankt allen Teilnehmern herzlich. Im Folgenden stellen wir Ihnen ein paar der Ergebnisse vor.

Deutliche Sorgen bei Patienten und ­Experten

Das Wichtigste zuerst: Es zeigen sich deutliche Sorgen bezüglich der Insulinpumpentherapie im Alter, sowohl bei den Pumpenträgern als auch bei den medizinischen Experten. Sehr oft wurden dabei folgende Sorgen genannt:

  • der Mangel an kompetenter Unterstützung,
  • die als nicht altersgerecht bewertete Technik,
  • die drohende Hilflosigkeit/Alternativlosigkeit im Alter und
  • die möglicherweise problematische Umstellung auf eine intensivierte Insulintherapie (ICT).

Viele Vorschläge für altersgerechte Pumpen

Es gab viele Ideen, wie ein altersgerechtes Pumpensystem aussehen könnte. In vielen Antworten wurden Vorschläge genannt, die das Benutzen auch bei Sehbehinderung möglich machen: eine einfache Menüführung, nur die notwendigsten Funktionen, ein großes Display, Spracherkennung, vorgefertigte Ampullen, gut tast­bare Knöpfe. Es gab die Forderung, „die zuletzt gut beherrschte Pumpe dem Patienten zu belassen“. Dahinter steht wohl die Erfahrung, dass im Alter nicht mehr so leicht Neues gelernt und Änderungen behalten werden.

Häufig war die Vermutung, dass man im hohen Alter ohne eine Unterstützung von Familienangehörigen oder gut ausgebildeten Pflegern nicht mehr zurechtkommen wird. Und auch „eine Diabetes-Wohngemeinschaft gründen mit qualifiziertem Personal oder jüngeren Dia­betikern“ war ein Wunsch.

„Was haben Sie denn da?“

Hier ein paar Originalaussagen aus den Fragebögen:

  • „Ach, was haben Sie denn da?“ Ich: „Eine Insulinpumpe.“ „Ich dachte immer, sie wird unter die Haut eingepflanzt wie ein Herzschrittmacher. Wir haben keine Erfahrung mit so etwas, aber Sie sind ja noch gut drauf und können sich noch selbst helfen, Sie machen das schon.“
  • Als Arzt habe ich erlebt, dass teilweise die Pumpentherapie völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Jeder Pumpenträger sollte einen guten Diabetologen haben!
  • Während dieser (drei) Klinikaufenthalte verfügte niemand über detaillierte Informationen zum Thema Insulinpumpentherapie – was ich auch nicht unbedingt erwartet habe (wenige T1D, von denen wiederum nur ein kleiner Teil Pumpenträger ist). Doch dass niemand nachfragte (Anästhesie!), das hat mich dann doch irritiert. Es waren jeweils geplante Eingriffe. Was aber, wenn ich nicht mehr ohne Unterstützung handeln kann? Ich denke, hilfreich ist einzig die bessere Aus- und Weiterbildung des medizinischen Personals.
  • Auf Intensiv wurde mir die Pumpe schon einmal entfernt (ich war zwei Tage weg vom Fenster, und man brauchte zwei Stunden, bis man mich wieder „hatte“), aber Gott sei Dank hatte ein Pfleger die gleiche Pumpe wie ich und brachte mir ein Infusionsset mit. Ansonsten habe ich mir stets verbeten, dass jemand an meiner Diabetestherapie rum­pfuscht. Das wurde dann üblicherweise als „therapieresistent“ bezeichnet …

Besorgniserregende Krankenhäuser

Leider waren die Erfahrungen im Krankenhaus überwiegend besorgniserregend. Nur 10 Pumpenträger und 2 Mitarbeiter aus dem Dia­betesbereich konnten über gute Kenntnisse des Personals und gute Unterstützung berichten! Die Mehrheit der Teilnehmer erlebte viel Unwissenheit beim Personal, im günstigsten Fall waren die Pumpenträger dann selbst in der Lage, ihren Dia­betes zu managen. Leider mussten einige aber mit Unwissenheit und zusätzlicher Arroganz seitens des Arztes oder des Pflegepersonals zurechtkommen („Ich bin hier die Internistin!“).

Diese Erfahrungen und die vermeidbaren gefährlichen Unterzuckerungen und Überzuckerungen mit Übersäuerung des Körpers (Ketoazidosen), die einige Teilnehmer erleben mussten und die auf Fehler des Personals zurückzuführen waren, haben uns gezeigt, wie wichtig hier eine Verbesserung der Versorgung ist.

Interview-Studie: Wir suchen Sie!

Sie sind 65 Jahre oder älter und nutzen seit mindestens 3 Monaten eine Insulinpumpe? Dann machen Sie doch mit bei einer Interview-Studie!

Die Arbeitsgruppe und das Psychologische Institut der Universität Mainz möchten die öffentliche Wahrnehmung für die Wünsche, Sorgen und Probleme mit einer guten Versorgung weiter stärken. Das Ziel ist, eine altersgerechte Insulinpumpentherapie für ältere Menschen mit Diabetes zu ermöglichen – um eine gute Stoffwechseleinstellung, Unabhängigkeit und Lebensqualität zu gewährleisten.
Deshalb wollen wir in der Studie mit Ihnen etwa 1½ Stunden über ihre Erfahrungen sprechen. Die Auswertung erfolgt selbstverständlich anonym!

Die Interview-Studie ist eine erweiterte Fortführung der Umfrage zu diesem Thema aus dem Oktober letzten Jahres auf wissenschfatlicher Ebene.

Für Rückfragen und Anmeldungen steht die Studienkoordinatorin Jennifer Grammes gern per E-Mail unter Diabetesforschung@uni-mainz.de
oder telefonisch unter 0 61 31/39 39-1 32 zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Interview-Studie finden Sie außerdem hier.


von Eva Küstner, Jennifer Grammes und Silvia Demattio
Diplom-Psychologin, Fachpsychologin Diabetes DDG,
E-Mail: eva-kuestner@web.de

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