Bei Henry wirkt der Traubenzucker zu langsam

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© Kirchheim/Frank Schuppelius
Bei Henry wirkt der Traubenzucker zu langsam

Wenn Kinder die ersten Anzeichen einer Unterzuckerung spüren oder durch das CGM-System, z. B. bei einem Glukosewert von 70 mg/dl (3,9 mmol/l), gewarnt werden, wirkt Traubenzucker immer schnell genug, um eine schwere Hypoglykämie zu verhindern. Noch schneller – nach wenigen Sekunden – wirkt nur eine spezielle Glukoselösung, die ein Notarzt bei einer schweren Hypoglykämie in die Vene injiziert. Für den Alltag ist dies aber völlig ungeeignet.

Ich vermute jedoch, dass die "langsame" Wirkung des Traubenzuckers bei Henry einen anderen Grund hat: Wahrscheinlich schaut er nur auf das Display seines CGM-Systems, das oft noch 5 bis 10 Minuten, nachdem der Traubenzucker gegessen wurde, einen unverändert niedrigen Wert anzeigt. Der mehrfache Hypo-Alarm verstärkt seine Angst zusätzlich und lässt Kinder, aber auch manche Erwachsene, zu viel Traubenzucker essen.

Der Grund ist relativ einfach: Der Gewebezuckerwert, den Henry auf dem Display seines CGM-Systems sehen kann, ist um ca. 5 bis 15 Minuten gegenüber seinem Blutzuckerwert verzögert. Der Blutzuckerwert steigt also bereits nach etwa 5 Minuten, nachdem Henry den Traubenzucker gegessen hat, deutlich an, das CGM-System zeigt diesen Anstieg erst etwa 10 Minuten später.

Diese und weitere Besonderheiten der kontinuierlichen Glukosemessung sollten Eltern und Kinder einschätzen können und lernen, wie sie damit gelassen umgehen. Ihre Entscheidung, Henry ein CGM-System zu ermöglichen, wird Ihrem Sohn auf Dauer sehr helfen, gut mit seinem Diabetes zu leben.

Damit Henry aber wirklich davon profitieren und seine Ängste abbauen kann, möchte ich Ihrer ganzen Familie empfehlen, an einer Schulung zum Umgang mit CGM (SPECTRUM-Schulung) oder auch mit einem Flash-Glukose-Messsystem teilzunehmen. Eine erste Einführung zur CGM-Schulung finden Sie

Henry kann in der CGM-Schulung nach und nach lernen, seinem Körper und der Wirkung einer begrenzten Menge Traubenzucker zu vertrauen. Auf Dauer wird es einem intelligenten und motivierten Jungen wie Henry damit gelingen, seinen Stoffwechsel wie ein Diabetesprofi zu steuern und den Diabetes in seinem normalen Alltag als Schüler zur Nebensache werden zu lassen.

Besonders ehrgeizige Kinder und Eltern sollten aber auch wissen, dass der Glukosespiegel selbst bei Menschen ohne Diabetes schwankt und direkt nach einer Mahlzeit Werte über 140 mg/dl (7,8 mmol/l) erreichen kann. Hier sollten Sie Henry vermitteln, dass es bei Diabetes nicht möglich ist, Berge und Täler im Glukoseverlauf zu vermeiden. Sie gehören einfach dazu.

Es gibt nur sehr selten einen anderen Grund, warum Traubenzucker "nicht richtig wirkt". Dieser Grund ist eine typische körperliche Reaktion auf sehr großen Stress, die bei allen Menschen zu beobachten ist. Extremer Stress kann u. a. dazu führen, dass Magen und Darm nicht mehr arbeiten, z. B. bei einer sehr wichtigen Prüfung. Der Traubenzucker und auch andere Nahrung gelangen in den Magen, werden dort aber nicht verarbeitet und nicht an den Darm weitergeleitet. Die Nahrung wird nicht aufgenommen, der Blutzucker sinkt, wenn dafür zuvor Insulin gegeben wurde. Wenn Menschen mit Diabetes wissen, dass sie bei Stress einen "nervösen Magen" haben, sollten sie ihr Insulin vor wichtigen Prüfungen vorsichtig dosieren.


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