Im Interview
Dr. Meinolf Behrens ist Diabetologe, Sport- und Ernährungsmediziner und seit 20 Jahren niedergelassen im Diabeteszentrum Minden in Ostwestfalen. Er engagiert sich in der Arbeitsgemeinschaft “Diabetes, Sport & Bewegung” der Deutschen Diabetes Gesellshaft (DDG) und ist auch in der Patienten-Kommunikation aktiv – als Redaktionsmitglied des Diabetes-Journals und des Diabetes-Ankers. Ins Fitness-Studio und zum Laufen geht er jeweils zweimal pro Woche.
Diabetes-Journal: Herr Dr. Behrens, wozu bedarf es eines Siegels wie "Fit mit Diabetes"? Können Menschen mit Diabetes nicht einfach in ein Sport-Studio gehen und loslegen?
Unser Eindruck ist, dass in den Fitness-Studios das Thema Diabetes noch nicht angekommen ist. Wir haben aber nicht das Anliegen, dass nun Fitness-Trainerinnen und -Trainer zu Medizinern und Diabetologen werden, sondern es geht darum, Bewusstsein für die Erkrankung und damit für Menschen mit Diabetes, die Sport im Fitness-Studio treiben, zu schaffen. Die Grundidee ist, für diese Menschen Qualität, Sicherheit und Transparenz in die Studios zu bringen.
DJ: Welche Kriterien muss ein Studio für das Siegel erfüllen?
Wir wollten keine neue Ausbildung schaffen, weil der Fitness- und Gesundheitsmarkt schon voll ist mit Ausbildungen. Unser Grundkriterium ist deshalb z. B. eine Übungsleiter-Ausbildung der unterschiedlichen Verbände oder auch eine andere, ähnliche Ausbildung. Wer die hat, hat schon eine ganz entscheidende Grundvoraussetzung erfüllt. Diese Grund-Ausbildung kombinieren wir mit einer fünfstündigen Diabetes-spezifischen Qualifikation, die wir Basisqualifikation nennen.
Zusätzlich ist angedacht, dass die Trainerinnen und Trainer in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis hospitieren, sodass sie am Ende von uns die Fachqualifikation bekommen. Darüber hinaus müssen die Studios weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter qualifizieren, die dann aber "nur" die Basisqualifikation haben.
Es gibt noch weitere Voraussetzungen für die Studios wie das Notfallmanagement, eine entsprechende Infrastruktur, ein Angebot an Gruppen- und Einzeltraining. Das sind aber letztlich Kriterien, die ein gutes Fitness-Studio, ein gutes Gesundheits-Studio sowieso erfüllt. Zudem sollte es in einem Studio mit dem Siegel "Fit mit Diabetes" ein Blutglukosemessgerät und ein Ketonmessgerät geben. Die Geräte müssen regelmäßig überprüft werden. Auch sollten schmale und breite Blutdruckmanschetten vorhanden sein. Und: Die Studios müssen ärztlich betreut werden.
DJ: Wer vergibt das Siegel – die AG?
Der Prozess der Zertifizierung läuft über einen weiteren Partner, die IST-Hochschule, die Bachelor- und Masterstudiengänge im Bereich Fitness und Gesundheit anbietet. Einer der Dozenten ist Prof. Dr. Christian Brinkmann, der auch in der AG sehr aktiv ist und dafür sorgt, dass Auditoren gewonnen werden, die den Zertifizierungs-Prozess fachlich überwachen. All das können wir als AG natürlich nicht so nebenbei leisten.
DJ: Wer kann sich am Siegel orientieren?
DJ: Wie viele Studios sind derzeit in der Lage, das Siegel zu erhalten?
Wie viele Studios es am Ende werden, muss man abwarten. Wir setzen natürlich auf unser super Netzwerk, und ich denke schon, dass wir mit unseren Partnern die Studios erreichen werden. Das Interesse auf der FIBO (Messe für Fitness, Wellness und Gesundheit; Anm. d. Red.) war auf jeden Fall klar zu spüren. Zwar will nicht jedes Fitness-Studio unbedingt diese Qualität abbilden, weil das ja auch immer ein gewisser Aufwand ist und Kosten verursacht. Aber die Studios wissen sehr wohl, dass sie sich irgendwie abgrenzen müssen von den Ketten, von den Billig-Studios, die eben "nur" ihre Geräte anbieten.
DJ: Wann geht es richtig los – und wie wird das Siegel bekannt gemacht?
Die Kurse für Trainerinnen und Trainer starten im Juni, ich denke, im September werden die ersten Studios das Siegel "Fit mit Diabetes" tragen. Wenn es einige Studios gibt, möchten wir auch an die Diabetologinnen und Diabetologen herantreten, die dann als Multiplikatoren wirken können.