„Closed Loop“: starker Tobak!

2 Minuten

© natali_mis - Fotolia
„Closed Loop“: starker Tobak!

Ein Artikel von unserem Rechtsexperten Oliver Ebert über die juristischen Aspekte von selbstgebastelten Closed-Loop-Systemen hat zu vielen, teils heftigen Reaktion geführt: über Nacht gingen allein auf Facebook rund 50 Kommentare ein. Mitunter wurde der Autor sogar als Bedenkenträger und Verhinderer dargestellt. Zu unrecht, wie Günter Nuber in der Blickwinkel-Kolumne darlegt.

Manchmal sage ich sofort „Blödsinn“, wenn einer frustriert schimpft: „Am liebsten würde ich den Stecker rausziehen aus dem Internet.“ Dann wiederum passiert es, dass ich die Speerspitze der Kritiker bin, dass ich Facebook und Konsorten hasse; dass ich selbst gern der Typ am Stecker wäre – der genüsslich daran zieht: aus!

Gerade dann, wenn Menschen schnell urteilen, aneinander vorbeireden, sich sofort aggressiv, andererseits dünn besaitet zeigen … und Diskutieren verwechseln mit Pöbeln, sich gegenseitig vorführen, emotional überreagieren. Oder wenn Menschen aneinandergeraten, die ich gut leiden kann.

Kontroverses Thema: rund 50 Kommentare innerhalb 24 Stunden

Nun: Wir haben in den letzten 12 Monaten geschätzt ein Dutzend Leserbriefe bekommen in die Redaktion des Diabetes-Journals – zusammengezählt die echten Briefe mit Marke sowie die Mails mit mehr als zwei Sätzen. Hingegen haben wir Anfang April innerhalb 24 Stunden rund 50 Kommentare bekommen auf Diabetes-Journal-Facebook.

Da hieß es zum Beispiel: „Als ob man Gedanken aufhalten könnte …“ – „Schade, als #Aprilscherz hätte ich Euch das so gerade noch durchgehen lassen – aber so?!“ – „Total verantwortungslos.“ – „Das war ein Schuss in die falsche Richtung.“ – „Meinungsmache!“ – „Warum verbreiten Sie denn ins Blaue hinein solche Behauptungen, das ist doch total verantwortungslos.“ – „Bedenkenträger!“ Sehr starker Tobak. Worum ging es?

Beleuchtung der rechtlichen Aspekte des DIY-Closed-Loop

Redaktionsmitglied Oliver Ebert hatte in der April-Ausgabe über „Closed-Loop-Systeme“ berichtet: über den geschlossenen Kreis also, der bezüglich Diabetes-Technologie ein System meint, das vollautomatisch die Aufgaben der Bauchspeicheldrüse übernimmt und den Glukosestoffwechsel steuert. Solche Systeme gibt es industriell hergestellt noch nicht – viele Diabetiker weltweit bauen sich in Eigenregie ihre Lösung aber schon.

Sie erreichen damit oftmals erstaunliche Ergebnisse, leben damit sehr gut, haben ihrem Leben eine lange abhandengekommene Qualität zurückgegeben – auch als Eltern von Kindern mit Diabetes. Darum ging es aber gar nicht in dem Artikel:

Oliver Ebert ist Rechtsanwalt, er hatte in dem Beitrag (Rubrik „Soziales“) dargestellt, welchen juristischen Problemen man sich mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sehen dürfte, falls aufgrund eines Fehlers des selbstgebauten Systems Dritte zu Schaden kommen. Er beschrieb fiktive Beispiele sowie juristische Konsequenzen, falls die Fälle tatsächlich eintreten würden; denn Fehler können auftreten – weltweit weisen Fachorganisationen und Verbände auf die Risiken selbstgebauter Systeme hin. Er lieferte ebenso eine Einschätzung über Haftungsrisiken (Versicherungen) etc.

Begeisterung für Neues … aber auch Verantwortung!

In der Community kam dies anders an: Ebert wurde in ein schlechtes Licht gerückt als Zeterer, ewig Gestriger, als Mitverhinderer, dass „Spätschäden und Blutzuckerachterbahn“ überwunden werden.

Hierzu sollte man aus meinem Blickwinkel wissen: Oliver Ebert hat über 5.000 Diabetikern bei Rechtsstreitigkeiten geholfen; seine Ideen haben in einigen Bereichen die Diabetes-Technologie vorangebracht; mit Algorithmen zur automatischen Dosisberechnung befasst er sich seit Jahrzehnten. Seit 22 Jahren beantwortet er, selbst Typ-1-Diabetiker, juristische Fragen im Diabetes-Journal.

Von den Möglichkeiten der Closed-Loop-Systeme ist Ebert genauso begeistert wie die gesamte Redaktion. Daneben haben wir als Redaktion eines einschlägigen Magazins vor allem eines: Verantwortung. Von uns erwartet man Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem sowie die fachliche Einordnung. Ich denke, wir stehen für beides – und lassen den Stecker erst mal drin.


von Günter Nuber
Chefredaktion Diabetes-Journal, Kirchheim-Verlag,
Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (5) Seite 18

Ähnliche Beiträge

Lea Raak im Interview: Durch Community zurück ins Leben

Lea Raak lebt seit dem Jahr 2011 mit einem Typ-1-Diabetes. Viele Fragen taten sich nach der Diagnose auf – und eine gewisse Verzweiflung. Die Community hat ihr zurück ins Leben geholfen: „Ich tue mein Bestes und alles andere kommt, wie es kommt.“

11 Minuten

#dedoc° voices meet DDG: die Patienten-Perspektive beim Diabetes Kongress

Im zweiten Teil der Berichte der #dedoc° voices vom diesjährigen Diabetes Kongress kommen weitere Menschen mit Diabetes zu Wort, die im Mai die Fachtagung in Berlin besucht haben, um ihre Perspektive einzubringen.

9 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert