Ein neu diagnostizierter Typ-2-Diabetiker ist sich unsicher: Ist Süßstoff für Diabetiker tabu oder in geringen Mengen okay?
Die Frage: Vor kurzem bekam ich von meinem Arzt die Diagnose Typ-2-Diabetes. Ich bin 25 Jahre alt und will alles daransetzen, möglichst lange nicht spritzen zu müssen oder Metformin sogar absetzen zu können. Ich bin gerade auch bei einer Schulung; dort wird Süßstoff für okay gehalten. Meine gute Freundin ist Diabetikerin und meint, Süßstoff sei genauso fatal wie Zucker. Was stimmt denn nun? Darf ich eine oder zwei Tabletten in meinen Tee tun?
Prof. Petzoldt: Womöglich haben Sie mittlerweile in der Schulung vieles gehört über Diabetes allgemein und wie man im Alltag damit ganz praktisch umgehen kann. Dazu gehört ja auch, dass nicht alle bei Diabetes denkbaren Behandlungsmaßnahmen für jeden, immer und grundsätzlich gelten. Diabetes erfordert für den Betroffenen teils ganz persönliche Wertungen; Behandlungsmaßnahmen und -empfehlungen können sich ändern nach 10, 20 oder 30 Jahren – und die Maßnahmen und Empfehlungen können auch für verschiedene Menschen mit Diabetes zur gleichen Zeit unterschiedlich sein.
Vielleicht hat Ihre Freundin den Diabetes zu einer Zeit bekommen, als Zucker-Genuss noch generell als fatal angesehen und deshalb oft verteufelt wurde? Denn heute wird Zucker in der Ernährung bei Diabetes, wenn auch in Grenzen, für möglich gehalten, soweit dadurch die individuellen Blutzuckerwerte nicht erkennbar gestört werden.
Also:
- Zucker ist nicht fatal, sollte aber selbstbewusst und richtig eingesetzt werden.
- Süßstoffe sind ebenfalls nicht total fatal, also nicht jederzeit und in jeder Menge gefährlich. Das immer wieder mal beschriebene Risiko beim Süßstoff-Gebrauch liegt wohl vor allem im Appetit, der dadurch bei manchen angeregt wird; gibt man dem nach, dann droht Gewichtszunahme.
- Derzeit wird oft über Stevia und Erythritol, zwei Zucker-Alternativen ohne Kalorien, berichtet. Das könnte etwas für Sie beim Tee-Genuss sein.
Im Übrigen: Meiner Meinung nach dürfen Sie eine oder zwei Süßstofftabletten in den Tee tun. Mit dieser meiner Meinung möchte ich mich nun aber nicht zum Schiedsrichter zwischen Ihnen und Ihren Gesprächspartnern und zu Ihren verschiedenen Meinungen aufschwingen.
… dann schreiben Sie ihm per Post oder E-Mail:
Prof. Dr. Rüdiger Petzoldt
Schubertstraße 6, 32545 Bad Oeynhausen
E-Mail: brpetzoldt@t-online.de
Beantwortete Fragen veröffentlichen wir im Diabetes-Journal sowie hier auf diabetes-online.de – natürlich anonym.
von Prof. Dr. med. R. Petzoldt
ehem. Direktor des Diabeteszentrums am Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (4) Seite 44