DDG fordert Softdrink-Steuer und bezahlbare gesunde Ernährung

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DDG fordert Softdrink-Steuer und bezahlbare gesunde Ernährung

„Es hat sich trotz aller Ankündigungen der Industrie in den letzten Jahren nichts geändert“, beklagt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), angesichts der Ergebnisse einer Marktstudie zum Zuckergehalt von Softdrinks. Die medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft fordert deshalb, endlich eine gesundheitsfördernde Umstrukturierung der Mehrwertsteuer einzuführen, flankiert von weiteren politischen Maßnahmen zur Verhältnisprävention. Andernfalls würden die Gesundheitskosten explodieren.

Übergewicht ist der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von Typ-2-Diabetes. Alle Anstrengungen der vergangenen Jahre, den rapiden Anstieg der Erkrankung zu stoppen, haben sich als unwirksam erwiesen. Die Zahl der diagnostizierten Diabetespatienten in Deutschland liegt aktuell bei 6,7 Millionen Menschen – täglich kommen rund 1.000 Neuerkrankte hinzu. Die Patienten werden zudem immer jünger.

Explodierende Kosten für die Sozialkassen: Regierung muss handeln

Ein besonderes Risiko stellen hochkalorische Lebensmittel und damit speziell gesüßte Getränke dar. Insbesondere die bei Kindern und Jugendlichen besonders beliebten Soft- und Energy Drinks weisen den höchsten Zuckergehalt auf. Doch auch die mit Süßstoff gesüßten Getränke scheinen keine gesunde Alternative darzustellen – es gibt Hinweise, dass auch sie das Entstehen von Übergewicht und Diabetes Typ 2 begünstigen.

Handelsketten und Lebensmittelhersteller werben aktuell zwar mit reduzierten Zuckergehalten für ihre Produkte. Wie oft die Verbraucher damit jedoch hinters Licht geführt werden, hat eine gemeinsame Marktstudie der Verbraucherschutzorganisation foodwatch und dem Bundesverband der Krankenkasse AOK jetzt aufgedeckt. Demnach enthalten 58 Prozent von 600 untersuchten Getränken unverändert mehr als fünf Gramm Zucker je 100 Milliliter – nach wie vor viel zu viel.

„Da aus übergewichtigen Kindern leider allzu häufig kranke Erwachsene werden, muss die Regierung endlich handeln“, betont Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Präsident der DDG. „Sonst werden die Kosten für die Sozialkassen bald explodieren – ganz zu schweigen von dem Leid der Betroffenen“, warnt Müller-Wieland. Durch Diabetes und seine Folgekrankheiten entstehen derzeit in Deutschland pro Jahr bereits Kosten von rund 35 Milliarden Euro für Behandlung, Pflege, Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung.

Verhältnisprävention muss durch gesetzliche Regelungen gestärkt werden

Um eine Trendwende bei den Erkrankungszahlen herbeizuführen, bedarf es eines Wandels von der Verhaltens- zur Verhältnisprävention. „Da besonders Menschen aus sozial schwachen und bildungsfernen Schichten betroffen sind, ist es höchste Zeit, umzudenken“, sagt Müller-Wieland. „Das heißt im Klartext, dass nicht länger an die Vernunft des Einzelnen appelliert werden darf, sondern dass gesetzliche Regelungen erforderlich sind, die es den Menschen einfacher machen, eine gesunde Wahl zu treffen.“

Die DDG fordert deshalb eine Mehrwertsteuerbefreiung für gesunde Lebensmittel bei gleichzeitiger Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für ungesunde, kalorienverdichtete Lebensmittel. „Wenn wir wollen, dass sich die breite Bevölkerung gesund ernährt, müssen Konzepte umgesetzt werden, die an den Verhältnissen ansetzen und in anderen Ländern schon erfolgreich greifen. Dazu gehört auch eine verständliche Lebensmittelkennzeichnung, ein Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet, verbindliche Standards für die Verpflegung in Kitas und Schulen sowie eine tägliche verpflichtende Stunde Schulsport“, sagt Barbara Bitzer.

Andere Länder machen es vor: Vorgaben statt Empfehlungen an die Industrie

Frankreich, Ungarn, Mexiko und andere Länder haben bereits eine Zuckersteuer eingeführt, die positive Tendenzen im Kampf gegen die Adipositasentwicklung zeigen. Großbritannien und Irland etwa haben eine Softdrink-Steuer erlassen. Betroffen von der Steuer sind ausschließlich Getränke, denen mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter zugeführt wurde. Ein Großteil der Hersteller hat daraufhin den Zuckergehalt in ihren Softdrinks reduziert – der Marktführer Coca-Cola bei den Produkten Fanta und Sprite etwa von 6,9 beziehungsweise 6,6 Gramm auf 4,6 beziehungsweise 3,3 Gramm.

Deutschland hat bislang kaum etwas unternommen, um den Zuckergehalt in Getränken und Lebensmitteln zu senken. In deutschen Supermärkten sind heute noch über ein Drittel aller Getränke stark gesüßt – sie enthalten mehr als acht Prozent Zucker. Seit Anfang des Jahres arbeitet die Bundesregierung unter Federführung von Verbraucherministerin Julia Klöckner an einer Nationalen Reduktionsstrategie. „Das ist ein wichtiger erster Schritt“, betont Barbara Bitzer. „Hier dürfen jedoch nicht wieder nur Empfehlungen herauskommen, die vom guten Willen der Industrie abhängen“, so Bitzer weiter.


Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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