Diabetes und Müll: Das sagen die Unternehmen

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Diabetes und Müll: Das sagen die Unternehmen

Das Thema Abfall bei Diabetes betrifft auch die Unternehmen, die Medizin-Produkte wie Messgeräte, Pens und Insulinpumpen herstellen. Wir wollten von den Unternehmen wissen, was sie diesbezüglich bereits tun.

Das Thema Klimawandel – und damit auch das Thema Müll – ist eins, welches uns alle angeht. Eine Publikation von M. Lenzen und Kollegen in der angesehenen Zeitschrift “Lancet Planet Health” aus dem Jahr 2021 präsentiert eine Untersuchung zu der Frage: Wie ist der ökologische Fußabdruck der Gesundheits-Dienstleistungen, wie sie für das Aufrechterhalten und Verbessern des menschlichen Wohlbefindens notwendig sind? Nach dieser Untersuchung verursacht das Gesundheitswesen globale Auswirkungen auf die Umwelt, die je nach Indikator zwischen 1 und 5 Prozent der globalen Gesamtauswirkungen liegen. National sind es mitunter sogar mehr als 5 Prozent.

Teufelskreis Gesundheits-Wirtschaft

Die Autoren interpretieren das so: Fachleute des Gesundheitswesens befürworten häufig ein Erhöhen der Ausgaben für die Gesundheits-Fürsorge zum Abmildern der negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltschäden. Globale Versorgungs-Ketten, die auch im Gesundheits-Sektor immer häufiger sind, lösen negative Rückkopplungen aus, indem sie die negativen Auswirkungen der Gesundheits-Versorgung auf die Umwelt verstärken und damit dem Auftrag der Gesundheits-Versorgung zuwiderlaufen.

Bisher keine Untersuchungen zu Diabetes und ökologischem Fußabdruck

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist: Wie steht es um den ökologischen Fußabdruck von Diabetes und der damit verbundenen Therapie? Eine entsprechende Internet-Recherche erbrachte keinen (!) Treffer. Die Praxis zeigt: Wenn ein Patient mit Typ-1-Diabetes einmal drei Monate seinen “Diabetes-Müll” systematisch sammelt und auch in die verschiedenen Komponenten zerlegt, dann kommt ein beeindruckendes Volumen zusammen durch Kartonagen, Verpackungsmaterial aus Karton und Kunststoff, Gebrauchs-Anweisungen, Insulin-Ampullen, Einmal-Setzhilfen, Klebefolien-Schutze, Teststreifen-Dosen, potenziell infektiösen und stechenden Abfall, in Verpackungen enthaltene, aber nicht benötigte Materialien usw.

Hersteller wichtige Ansprechpartner

Wenn es um das Vermeiden von Müll im Zusammenhang mit dem Einsatz von Medizin-Produkten bei der Diabetes-Therapie geht, dann sind die Hersteller dabei ausgesprochen wichtige Ansprechpartner. Daher haben wir diese angeschrieben und gebeten – in gebotener Kürze – drei Fragen zu beantworten und darzustellen, was sie in diesem Zusammenhang tun und wie:

  1. Wie reduzieren Sie den Anfall von Müll bei der Herstellung Ihrer Produkte?
  2. Wie helfen Sie den Nutzern und Nutzerinnen bei der adäquaten Entsorgung des anfallenden Mülls, sowohl der Produkte selbst wie auch der Umverpackung?
  3. Wie gut lassen sich Ihre Produkte recyceln und was tun Sie in dieser Hinsicht?

Angeschrieben haben wir die Unternehmen, die unserer Kenntnis nach Medizin-Produkte herstellen oder vertreiben. Fast alle angeschriebenen Unternehmen haben geantwortet, einige auch deutlich über den vorgegebenen Rahmen hinaus, sodass wir deren Statements kürzen mussten. Die Antworten der Unternehmen finden Sie hier in alphabetischer Reihenfolge.

Abbott Diabetes Care
  • zu 1. Wir arbeiten in unseren Geschäftsbereichen und mit Lieferanten daran, unseren Wasser-Verbrauch nachhaltig zu gestalten und dem Klimawandel entgegenzuwirken, indem wir CO2 senken, erneuerbare Energien ausbauen und den Abfall durch Wiederverwendungs- und Recycling-Programme minimieren. Dank verringerter Sensor-Größe und verändertem Applikator-System spart FreeStyle Libre 3 im Vergleich zum Vorgängermodell 41 Prozent Plastik und 43 Prozent Verpackungs-Material ein.
  • zu 2. Wir empfehlen bei Entsorgung von Produkt- und Verpackungs-Material das Trennen der Materialien und entsprechende Entsorgung, um die Bestandteile in die Kreislauf-Wirtschaft zurückzuführen. Informationen zur sachgerechten Entsorgung finden sich auf Verpackungen und in Packungsbeilagen.
  • zu 3. Bezüglich der Rücknahme unserer Sensoren sind wir bei der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) registriert und nehmen am Rücknahme-System “Grüner Punkt” teil.
Ascensia Diabetes Care
  • zu 1. In diesem Jahr haben wir weltweit bei Ascensia Diabetes Care damit begonnen, die bewährten Contour-Messgeräte-Sets zu optimieren, schmaler und umweltfreundlicher zu gestalten. Dadurch können wir in der Herstellung 23 Tonnen Plastik und 353 Tonnen Papier einsparen. So können allein durch die Umstellung unserer Messgeräte-Sets jährlich mehr als 6000 Bäume und 2,4 Hektar Wald gerettet werden.
  • zu 2. Wir klären aktiv mit einem Informations-Flyer sowohl Fachpersonal als auch Patienten darüber auf, wie z. B. Blutzucker-Messgeräte umweltgerecht entsorgt werden können.
  • zu 3. Wir verwenden sortenreine, recycelbare Materialien. Durch das Recyceln der von uns verwendeten Leichtmaterialien, Papier, Pappe und Karton können jährlich 134 Tonnen Treibhausgase eingespart werden.
Berlin-Chemie/ A. Menarini Diagnostics
  • zu 1. Unsere diagnostischen Produkte werden von verschiedenen Herstellern in modernen Produktionsanlagen gefertigt. Dies ermöglicht einen effizienten und ressourcenschonenden Materialeinsatz und minimiert den Anfall von Abfall bei der Herstellung.
  • zu 2. Unsere Produkte enthalten Hinweise zur korrekten Entsorgung der einzelnen Komponenten. Wir verfolgen insgesamt jedoch das Ziel, Abfall erst gar nicht entstehen zu lassen. Unser rtCGM-System GlucoMen Day CGM wurde daher so konzipiert, dass der Applikator und die Transmitter wiederverwendet werden können.
  • zu 3. Unsere Produkte lassen sich – soweit produktionstechnisch möglich – in ihre einzelnen Komponenten zerlegen und getrennt entsorgen. Wertstoff-Komponenten und Papier können recycelt werden. Bei unserem CGM-System GlucoMen Day CGM wurde bereits bei der Herstellung Wert auf Recycling gelegt. Alle Umverpackungen sind aus Recycling-Materialien gefertigt und ausschließlich mit umweltfreundlichen Farben bedruckt.
Dexcom
  • zu 1: Als Hersteller von Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung denken wir Nachhaltigkeit mehrdimensional: Unser Ziel ist es, allen Menschen mit Diabetes eine langanhaltend bessere Zuckerkontrolle zu ermöglichen. Dabei lässt sich die Gesundheit des Menschen heute weniger denn je vom Klimaschutz trennen. Bereits 2020 haben wir deshalb beim Dexcom G6 durch Optimierung des Designs der Sensorverpackung den Material-Einsatz pro Karton bei der 3er-Packung um 59 Prozent und das Karton-Volumen um 15 Prozent im Vergleich zu früheren Geräte-Generationen reduziert, bei der Einzelpackung sogar um 65 bzw. 43 Prozent.
  • zu 2: Eine stetige Optimierung bei Material-Einsatz und Verpackungs-Volumen ist uns ein Anliegen, und wir wollen uns mit jeder neuen Produkt-Generation weiter verbessern. So kommen beim neuen Dexcom-G7-Applikator 20 Prozent weniger Plastik zum Einsatz. Außerdem ermöglicht das um 76 Prozent reduzierte Applikator-Volumen eine dreifach effizientere Paletten-Nutzung. Außerdem fallen beim Dexcom G7 56 Prozent weniger Verpackungsmüll (Plastik und Papier) an. Wir geben unseren Kunden in der Bedienungsanleitung unserer Produkte Hinweise zur korrekten Entsorgung der gebrauchten Einzelbestandteile.
  • zu 3: Elektronikschrott und Batterien werden in Müllanlagen recycelt. In vielen Ländern, darunter Deutschland, die Schweiz und Großbritannien, zahlen wir außerdem für das Recycling u. a. von Plastik und Papier, Batterien und Elektronik. Im Jahr 2021 haben wir ca. 900 kg Batterien und knapp 60 000 kg Plastikverpackungen recycelt. In San Diego und Mesa zusammen wurden bis heute knapp 90 000 kg geschredderte Applikator-Abfälle als Brennstoffquelle recycelt.
Diabeloop
  • zu 1. Die Installation der DBLG1-Software auf einem kommerziell verfügbaren Mobiltelefon ist ein rein digitaler Prozess ohne Abfall. Wir verwenden nur recyceltes Material für die Bedienungsanleitung, die Verpackung und den Versand.
  • zu 2. Die gesamte Verpackung kann über die örtlichen Recycling-Verfahren für Pappe entsorgt werden. Das DBLG1 hat einen wiederaufladbaren Akku und benötigt keine Verbrauchsmaterialien.
  • zu 3. Die Nutzenden schicken das DBLG1 zur Vernichtung an uns. Es kann nicht wiederbenutzt werden, da es personenbezogene Gesundheitsdaten enthält und sichergestellt werden muss, dass diese komplett gelöscht sind, bevor es zur Weiterverwertung gemäß WEEE 2012/19/EU geschickt wird.
embecta
embecta wurde am 1. April 2022 aus BD ausgegliedert und fokussiert sich ausschließlich auf Diabetes. Wir setzen uns ehrgeizige Ziele für Verbesserungen in allen Bereichen, die sich auf die Umwelt auswirken, einschließlich Energie-Verbrauch, Wasser-Effizienz und Abfall-Aufkommen. Zum Beispiel hat unser Werk in Dun Laoghaire, Irland, den Qualitätsabfall in den letzten drei Jahren um 70 Prozent reduziert und nutzt zu 100 Prozent erneuerbaren Strom.Mit der neuesten Generation von Pen-Kanülen wie der BD Ultra-Fine PRO entwickelte embecta eine Pen-Kanüle, die mit 39 Prozent weniger Kunststoff hergestellt wurde im Vergleich zum Vorgänger-Produkt. Die Schachteln bestehen aus 73 Prozent recycelten Fasern und sind FSC-zertifiziert (Forest Sustainability Council). Alle Verpackungen (Schachtel und Versand-Einheiten an Großhändler) sind zu 100 Prozent recycelbar. Außerdem werden alle BD-Ultra-Fine-Pen-Kanülen pro Schachtel à 105 Stück verpackt statt üblicher 100 Stück, um Umverpackungen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen.
Insulet
  • zu 1. Wir betreiben ein aktives Abfall-Management, indem wir uns Abfall-Vermeidung und -Reduktion in allen Bereichen unseres Unternehmens zum Ziel setzen. Auf der Grundlage unserer Abfallmanagement-Strategie haben wir 2021 unsere erste Abfall-Studie durchgeführt. Neben längerfristigen Maßnahmen haben wir sofortige Möglichkeiten zur Steigerung unserer Abfallvermeidungs-Quote durch verstärkte Aufklärung und Sensibilisierung ermittelt und bereits umgesetzt.
  • zu 2. Wir beziehen beim Beschaffen von Materialien, dem Entwickeln von Komponenten und dem Herstellen von Produkten Umweltfaktoren ein. Wir berücksichtigen die Produkt-Verantwortung bereits zu Beginn des Lebenszyklus, also bei der Produkt-Entwicklung. Wir halten alle Abfälle so gering wie möglich und reduzieren die Menge des benötigten Ausgangsmaterials, indem wir kleinere Pods entwerfen und die Recycling-Fähigkeit und Wiederverwendbarkeit von Einzelteilen oder Teilsystemen erhöhen. Unsere aktuellen Personal Diabetes Manager (PDMs) enthalten wiederaufladbare Batterien. Die Batterien in den Pods enthalten keine Schwermetalle und wir vermeiden gefährliche Stoffe in unseren Geräten.
  • zu 3. Im Jahr 2021 konnten Kunden in ganz Europa und Kanada gebrauchte Pods zur Entsorgung zurückgeben. In Ländern, in denen wir Produkt-Rücknahmeprogramme anbieten, erhalten Kunden mit ihrer neuen Lieferung der Pods eine Rückgabe-Verpackung. In Europa werden die gebrauchten Pods verbrannt, um durch ein Verfahren, bei dem aus Abfällen Energie gewonnen wird, Strom zu erzeugen. In Frankreich füllen die Kunden einen Rückgabe-Karton mit gebrauchten Pods und geben ihn bei ausgewählten Apotheken ab. Die Pods werden in metallische und nicht metallische Teile getrennt. Die Batterien werden an eine Batterie-Recyclinganlage geliefert. Die Pods werden geschreddert und die nicht metallischen Erzmaterialien werden weiterverarbeitet und an spezielle Recycling-Stellen geschickt. Im Jahr 2021 haben wir über 5 Millionen Pods zurückgenommen und so dafür gesorgt, dass über 130 Tonnen Abfall weniger auf Deponien landen.
Lilly Deutschland
  • zu 1. Bereits in den frühen Phasen der Produkt-Entwicklung setzen wir bei Lilly auf die Nachhaltigkeit unserer Produkte. Dazu zählen u. a. das Vermeiden von umweltschädlichen Materialien in der Produktion, eine effiziente Material-Verwertung und das Einsparen von Ressourcen wie Wasser und Energie im Produktions-Prozess. Bis 2030 sehen unsere globalen Nachhaltigkeitsziele u. a. die Reduktion des Deponie-Abfalls auf Null und eine Recycling-Quote von 90 Prozent für alle unsere Produkte vor.
  • zu 2. Leider gibt es in Deutschland keine einheitliche Regelung für die Entsorgung von Arzneimitteln. Die Medikamente von Lilly enthalten in der Packungsbeilage Hinweise zur sicheren und umweltgerechten Entsorgung. Bezüglich Restbeständen sollen sich Patientinnen und Patienten an das Apotheken-Team wenden und so zum Schutz der Umwelt beitragen. Hilfe bei der regional korrekten Entsorgung von Arzneimitteln bietet auch die Website arzneimittelentsorgung.de.
  • zu 3. Die Umverpackungen unserer Medikamente lassen sich problemlos über die Altpapier-Sammlung dem Recycling zuführen. Komplizierter ist das Recycling von Einwegpens. In Deutschland läuft ein Pilotprojekt mit einem Partner-Unternehmen aus der Entsorgungsbranche, mit dem Ziel, auch unsere Einwegpens zu recyceln. An dem Projekt beteiligen sich eine Reihe von Kliniken und Praxen, die die gebrauchten Einwegpens von Patienten einsammeln, welche dann einem neuartigen Recycling-Verfahren (Pilotmaßstab) zugeführt werden. Die bisherigen Ergebnisse aus dem Piloten sind sehr positiv, sodass wir hoffen, diesen in naher Zukunft deutlich ausweiten zu können.
Medtronic
  • zu 1. Der beste Abfall ist der, der gar nicht erst entsteht. Wir konzentrieren uns daher auf das Vermeiden von Abfällen bei der Produktion. Im letzten Geschäftsjahr konnten wir so die Abfallmenge um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr reduzieren.
  • zu 2. Wir informieren unsere Nutzerinnen und Nutzer über die sachgerechte Entsorgung des entstandenen Abfalls, damit dieser recycelt und so in den Wertstoff-Kreislauf zurückgeführt werden kann.
  • zu 3. Unsere Insulinpumpen und CGM-Transmitter sind Elektro-Altgeräte und werden über spezifische Entsorgungswege recycelt. Insgesamt besteht unser Ziel aber darin, so wenig Abfall wie möglich zu produzieren. Wir entwickeln daher Produkte mit längerer Lebensdauer, wie das Infusionsset Medtronic Extended, das mit bis zu 7 Tagen do
  • ppelt so lange wie durchschnittliche Sets genutzt werden kann. Pro Jahr und Patientin/Patient sind das bis zu 1,9 kg weniger Kunststoff. Für die neueste Pumpen-Generation (MiniMed-700-Serie) wird es Software-Upgrades geben, sodass ein physischer Austausch für neue Funktionen nicht mehr nötig sein wird.
Novo Nordisk
Die Verpflichtung von Novo Nordisk gegenüber der Umwelt ist in der Umwelt-Strategie “Circular for Zero” zusammengefasst und enthält alle Aktivitäten, die auf einen “zero environmental impact” einzahlen. Novo Nordisk hat eine “circular design guideline” implementiert. Produkt-Zirkularität wird vor allem anhand der CO2-Generierung, dem Einsatz nachhaltiger Materialien und der Fähigkeit, Endprodukte zu recyceln, gemessen. Novo Nordisk berücksichtigt diese Kriterien mit klar messbaren und zeitlich festgelegten Zielen, u. a.: Einsatz regenerativer Energien (auch bei Partner-Unternehmen), Einsatz z. B. verrottbarer oder gar essbarer Verpackungs-Materialien, nachhaltige Nutzung und Reduktion von eingesetzten Ressourcen, Design von Produkten (z. B. Insulin-Pens aus möglichst wenig unterschiedlichen Materialien), Entwickeln von Proteinen und Peptiden (z. B. Insulin) mit verlängerter Halbwertszeit, um Ressourcen, Material und Abfall bei der Anwendung zu reduzieren, Rücknahme-Programme.Teillösungen müssen dabei einschließen z. B. die Akzeptanz von Rücknahme-Programmen von allen Beteiligten, das Vermeiden neuer, zusätzlicher Umweltbelastungen (z. B. durch Transport, Lagerung oder Material-Trennung), den Aufbau einer Infrastruktur für einen sich wirtschaftlich selbsttragenden Industriezweig für Recycling-Materialien und die Übereinkunft und Konzeption von Produkten aus Recycling-Materialien, um z. B. unerwünschte Produkte (Kriegs-Materialien) oder eine erneute Abfall-Generierung und damit Umweltbelastung zu vermeiden.Ein vollständig zirkuläres und nachhaltiges Konzept zur Lösung der “end-of-life challenge” ist hochkomplex und nicht mit Einzelmaßnahmen zu lösen. Novo Nordisk hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 50 Prozent der existierenden und 100 Prozent der neuen Produkte “zirkulär” zu machen.
Roche Diabetes Care
  • zu 1. Roche Diabetes Care hat sein Verpackungs-Konzept für viele Produkte für mehr Nachhaltigkeit überarbeitet. Das Verpackungs-Volumen konnte für bestimmte Produkte um 90 Prozent verringert werden. Außerdem nutzen wir – wo möglich – wiederverwertbare Komponenten und verwenden am Roche-Standort Mannheim zu 100 Prozent Ökostrom – auch in vielen Herstellungs-Prozessen.
  • zu 2. Viele Verpackungen bestehen ausschließlich aus Pappe, die zu 100 Prozent recycelt werden kann, und nicht mehr aus einem Mix aus Pappe, Metall, Textil und Kunststoff. In den Gebrauchsanweisungen der Insulinpumpen geben wir Hinweise, wie die einzelnen Bestandteile zu entsorgen sind, und helfen den Nutzern und Nutzerinnen so, einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten. Kunden haben darüber hinaus die Möglichkeit, defekte Produkte einzuschicken. Wir entsorgen sie umweltgerecht.
  • zu 3. Das verwendete Verpackungs-Material kann zu 100 Prozent wiederaufbereitet werden. Auch die Papiermenge wurde für verschiedene Verpackungen auf weniger als ein Fünftel der früher verwendeten Menge reduziert. Beide Faktoren führen zu einer Reduktion des Treibhaus-Potenzials auf 10 Prozent der früheren Verpackung. Diese Daten beruhen auf einer Bewertung des IWARU-Instituts der Fachhochschule Münster, Deutschland.
Sanofi
  • zu 1. Im Produktionsprozess wird das Abfallaufkommen durch Wiederverwendung eingesetzter Hilfsstoffe verringert. Sanofi ist eins der wenigen Pharma-Unternehmen, das im Versand von Arzneimitteln ohne Plastik auskommt. Sämtliches Füllmaterial ist ebenso aus Papier/Karton. Durch die aktive Kühlung im Versand werden keine Kühl-Akkus oder umweltschädlichen Thermo-Verpackungen benötigt.
  • zu 2. Hinweise zu Produkt- und Verpackungs-Entsorgung befinden sich auf den Beipackzetteln der meisten Produkte von Sanofi. Die Rücknahme der Verpackungen erfolgt über das Duale System (Grüner Punkt).
  • zu 3. Recycling-Fähigkeit fließt bei Sanofi bereits in die Produkt-Entwicklung ein und ist eins der Qualitätskriterien unserer Rohmaterialien. Wir haben ein System etabliert, Insulinampullen zu recyceln statt wie zuvor aufgrund der Wirkstoffreste zu verbrennen. Nach Reinigung des Glases verwerten wir es und auch die Aluminiumkappen in einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Anlage. Dadurch können wir bis zu 375 Tonnen Glas wiederverwerten und rund 10 Tonnen Verpackungsmaterial einsparen.

Fazit

Diese Rückmeldungen machen meiner Ansicht nach klar, dass dieses Thema als ein drängendes erkannt ist. Die Ansätze und Lösungen lesen sich zum Teil, verständlicherweise, gar nicht so unterschiedlich. Ob diese schon ausreichend und weitreichend genug sind, gilt es zu schauen.

Klar ist auch, dass für die Nutzer und Nutzerinnen von Diabetes-Technologie dies ein Thema ist, welches sie wahrnehmen und für sie wichtig ist, spielt aber bei Produkt-Entscheidungen noch keine große Rolle. Vermutlich wird die Sensibilität der Nutzer zu diesem Thema in nächster Zukunft aber weiter zunehmen und sollte auch Thema bei Patienten-Schulungen sein.

Es ist eine Änderung im Denken und Verhalten notwendig, weg von linearen Vorgängen, hin zu Kreisläufen. Das Umdenken im Umgang mit Diabetes-Müll wird auch vom Gesetzgeber unterstützt, z. B. in der EU-weit geltenden Medical Device Regulation (Punkt 14.7.).

Im Zusammenhang mit dem Müll ist ein häufiger Reflex, die Verantwortung primär bei den Herstellern zu sehen. Solch ein “Bashing” greift aber deutlich zu kurz. Die Hersteller müssen eine Vielzahl von regulatorischen Vorgaben einhalten, um ihre Produkte auf den Markt bringen zu können. Der klare Eindruck ist, dass Umweltschutz-Aspekte bei der Entwicklung dieser “Paragraphen-Dschungel” keinen Einfluss gehabt haben. Da wir die Vergangenheit nicht ändern können und nun erstmal mit den Medizin-Produkten leben müssen, die auf dem Markt sind, kann der Appell nur in die Zukunft gerichtet sein. Bei der Entwicklung von neuen Produkten sollten Nachhaltigkeits-Aspekte einen wesentlich größeren Raum einnehmen. Die Unternehmen können bei Material-Auswahl, Design, Herstellungs-Prozess, Verpackung, Verteilung und Entsorgung entsprechende Änderungen vornehmen. Wenn es um das Thema Recycling geht, sind Material-Reinheit, die Möglichkeit des einfachen Auseinandernehmens etc. wichtig. Glaubt man den Internet-Seiten der Hersteller und den von einigen Unternehmen publizierten “Sustainability Reports”, haben sie solche Aspekte im Blick und berücksichtigen sie. Da es (in anderen Produkt-Bereichen!) Belege für “Greenwashing” (also bewusste zu positive Darstellung von Umweltschutz-Aspekten) gegeben hat, ist eine gewisse Skepsis notwendig. Diese Aktivitäten sollten nachvollziehbare und dokumentierte Schritte darstellen.

Ein Problem für die Industrie bei diesem Thema ist: Wenn ein Hersteller reagiert, erhöht dies (höchstwahrscheinlich) seine Kosten. Das ist ein Nachteil, wenn es um Verkauf und Erstattung geht. Diejenigen, die bereit sind, in unsere Zukunft zu investieren, sollten einen Vorteil dadurch haben, der sich für sie auszahlt.

Insgesamt betrachtet stellen Nachhaltigkeit und Abfall-Management ein komplexes Thema dar, welches verlangt, auf allen Ebenen Änderungen vorzunehmen – bei Patienten, in Krankenhäusern, Praxen etc. Die Reaktionen der Hersteller sind erfreulich – vermutlich gilt es, noch mehr zu tun. Wir alle müssen aus unserer Komfortzone herauskommen, um heute einen Wandel einzuleiten!

Kontakt:
© zukunftsboard digitalisierung/Ludwig Niethammer
Prof. Dr. Lutz Heinemann

Science Consulting in Diabetes GmbH
Geranienweg 7a
41564 Kaarst
mobil: 01 60/8 87 74 01

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (9) Seite 24-29

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