Diabetes und Schilddrüse – Hashimoto-Thyreoiditis

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Diabetes und Schilddrüse – Hashimoto-Thyreoiditis

Was für ein schwieriges Wort: Autoimmunthyreoiditis Hashimoto. Welche Erkrankung steckt dahinter, und was hat sie mit Diabetes zu tun? Klar ist: Mit dem komplizierten Begriff wird ein Krankheitsbild beschrieben, von dem die Schilddrüse (lateinisch: Thyreoidea) betroffen ist.

Die Autoimmunthyreoiditis Hashimoto und der Typ-1-Diabetes gehören zu dem Formenkreis der Autoimmunerkrankungen. Bei Autoimmunerkrankungen kommt es zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems.

Die Aufgabe des Immunsystems besteht normalerweise darin, den Körper vor körperfremden Substanzen und Organismen (z. B. Viren, Bakterien, Pilzen) zu schützen. Zur Abwehr dieser körperfremden Substanzen werden Antikörper und B-Lymphozyten gebildet. Das Immunsystem regelt so die Infektabwehr und ist damit unersetzlich für die Erhaltung des Lebens.

Normalerweise besteht eine sogenannte „Immuntoleranz“ gegenüber körpereigenen Zellen, d. h. körpereigene Zellen und Substanzen werden geschützt. Bei Autoimmunerkrankungen kommt es zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems mit Bildung von Antikörpern gegen körpereigene Substanzen und damit zur Entwicklung einer „Immunintoleranz“.

Bei Diabetes: Risiko für weitere Autoimmunerkrankungen erhöht

Liegt eine Autoimmunerkrankung vor, besteht ein erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen dieser Art. Es ist bekannt, dass bei Menschen mit Typ-1-Diabetes mellitus Autoimmunerkrankungen ca. fünfmal häufiger als in der Allgemeinbevölkerung auftreten. So sind z. B. die Autoimmunthyreoiditis Hashimoto (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse) oder auch die Zöliakie (Autoimmunerkrankung des Darmes) gehäuft bei Menschen mit Typ-1-Diabetes zu beobachten. Oft haben auch andere Familienmitglieder eine Erkrankung der Schilddrüse.

Während beim Typ-1-Diabetes Antikörper gegen die Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet werden, kommt es bei der Autoimmunthyreoiditis Hashimoto zu einer Entwicklung von Antikörpern gegen die Zellen der Schilddrüse. Diese Antikörper führen zu einer Entzündung des Schilddrüsengewebes. Der Name Autoimmunthyreoiditis Hashimoto steht also für eine Entzündung der Schilddrüse; der Name geht zurück auf den japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881–1934), der sie 1912 als Erster beschrieben hat.

Eine Unterfunktion entsteht

Die Entzündung der Schilddrüse beeinträchtigt die Produktion der Schilddrüsenhormone. Um den Mangel an Schilddrüsenhormonen auszugleichen, reagiert die Schilddrüse zunächst mit Umbauprozessen und einem verstärkten Wachstum. In dieser Phase ist die Vergrößerung der Schilddrüse möglicherweise am Hals als Schwellung sicht- und tastbar.

Im weiteren Verlauf kann die Schilddrüse nicht mehr ausreichend Schilddrüsenhormon bilden, so dass sich letztendlich eine Schilddrüsenunterfunktion ausbildet, die behandelt werden muss. In seltenen Fällen beginnt die Autoimmunthyreoiditis Hashimoto mit einer Überfunktion der Schilddrüse, die sich allerdings im weiteren Verlauf zu einer Unterfunktion entwickelt.

Der Prozess vom Beginn der Antikörperbildung bis zur Entwicklung der Schilddrüsenunterfunktion kann Monate bis Jahre dauern. Die erkrankte Person zeigt in der Regel erst Beschwerden, wenn die Schilddrüsenunterfunktion manifest ist, sich also Symptome zeigen, die die Krankheit deutlich erkennen lassen.

Die klinischen Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sind z. B. Gewichtszunahme, Wachstumsstörungen, Müdigkeit, Antriebsschwäche, Konzentrationsschwäche, Verstopfung, verzögerte Pubertät oder Zyklusstörungen. Außerdem kann eine Schilddrüsenunterfunktion auch Auswirkungen auf den Glukosestoffwechsel haben – z. B. mit Hypoglykämien (Unterzuckerungen).

Da der Körper Schilddrüsenhormone zur optimalen Regulation vieler Stoffwechselprozesse benötigt, muss der Mangel an Schilddrüsenhormonen mit Tabletten ausgeglichen werden.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Die Diagnose der Hashimoto-Thyreoiditis ist nicht sehr aufwendig. Mittels einer Blutuntersuchung lassen sich sowohl Schilddrüsenhormone als auch die Antikörper leicht messen.
Sollten Antikörper im Blut nachweisbar sein, erfolgt eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) zur Darstellung des Schilddrüsengewebes.

Mit dieser Untersuchung können die Durchblutung und die Größe der Schilddrüse gemessen sowie mögliche Veränderungen des Gewebes dargestellt werden. Bei der Hashimoto-Thyreoiditis zeigt sich meist eine unruhige Struktur des Gewebes sowie eine Vergrößerung des Organs oder auch Zysten im Gewebe.

Die Bestimmung der Schilddrüsenhormone im Blut gibt Auskunft darüber, ob schon eine behandlungsbedürftige Unterfunktion vorliegt oder ob noch abgewartet werden kann. Da Kinder mit Typ-1-Diabetes ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Schilddrüsenerkrankung haben, wird aus diabetologischer Sicht empfohlen, in ein- bis zweijährlichen Abständen die Schilddrüsenhormone und Antikörper zu messen, so dass eine sich entwickelnde Autoimmunthyreoiditis frühzeitig erkannt werden kann.

Diese Untersuchungen führt in der Regel der Kinderdiabetologe durch.

Wie funktioniert die Therapie?

Die Therapie einer Schilddrüsenunterfunktion ist einfach und gut verträglich. Sie besteht in der Einnahme von Schilddrüsenhormonen in Form einer kleinen Tablette einmal täglich morgens. Die Dosis legt der Arzt fest. Regelmäßig werden die Blutwerte kontrolliert und die Dosis angepasst. Ultraschalluntersuchungen der Schilddrüse sollten einmal jährlich zur Verlaufskontrolle erfolgen.

Fazit

  • Kinder mit Typ-1-Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für den Erwerb einer weiteren Autoimmunerkrankung.
  • Die Autoimmunthyreoiditis Hashimoto ist eine autoimmunvermittelte Entzündung der Schilddrüse. Sie führt in der Regel zu einer Schilddrüsenunterfunktion.
  • Die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sind z. B.: Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Wachstumsstörungen.
  • Die Diagnose erfolgt mittels einer Blutentnahme und einer Ultraschall­untersuchung.
  • Die Behandlung ist einfach und gut verträglich und besteht aus der Einnahme einer Tablette.
  • Kinder mit Typ-1-Diabetes sollten in ein- bis zweijährlichen Abständen auf das Vorliegen einer Autoimmunthyreoiditis untersucht werden.

von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III,
Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche „Auf der Bult“
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2020; 12 (2) Seite 24-25

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