Europäische Nationen wollen gemeinsam gegen Diabetes kämpfen

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Europäische Nationen wollen gemeinsam gegen Diabetes kämpfen

Auf dem 54. Jahrestreffens der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Berlin wurde das „European Diabetes Forum“ (EUDF) gegründet. In diesem Zusammenschluss wollen Wissenschaftler, Ärzte und Betroffene künftig länderübergreifende Anstrengungen unternehmen, um Prävention und Versorgung des Diabetes zu verbessern.

Jeder zehnte Europäer leidet an Diabetes, schätzungsweise 60 Millionen Menschen sind insgesamt betroffen – Tendenz weiter steigend. Um Prävention und Versorgung zu verbessern, wollen Wissenschaftler, Ärzte und Betroffene künftig länderübergreifende Anstrengungen unternehmen. Zu diesem Zweck wurde das „European Diabetes Forum“ (EUDF) ins Leben gerufen.

Die Gründung fand im Rahmen des 54. Jahrestreffens der European Association for the Study of Diabetes (EASD) statt, bei dem die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) am 4. Oktober zu einer „Night of Nations“ eingeladen hatte. „Wir rufen alle Diabetes-Experten in Europa auf, ein gemeinsames Positionspapier für Brüssel zu formulieren“, sagte Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Präsident der DDG. Die Politik müsse angesichts des menschlichen Leids und der enormen sozio-ökonomischen Folgekosten, die durch Diabetes entstehen, mit konkreten Maßnahmen reagieren.

Prognose für 2045: 81 Millionen Menschen mit Diabetes in Europa

Zu den 60 Millionen diabeteskranken Europäern kommen schon heute schätzungsweise weitere 22 Millionen Betroffene hinzu, deren Diabetes noch nicht diagnostiziert ist. Im Jahr 2045 wird die Anzahl der Erkrankten in Europa voraussichtlich auf 81 Millionen anwachsen. „Die Gesundheitssysteme sind gegenwärtig schlecht aufgestellt, um dieser wachsenden Pandemie effektiv zu begegnen“, stellt das EUDF in seinem Grundsatzpapier „A Call to Action“ fest.

Auch DDG-Präsident Müller-Wieland fordert die europäischen Diabetes-Experten auf, „One Voice for Brussels“ zu formulieren. Derzeit werden für die Diabetesbehandlung zwölf Prozent der Gesundheitsausgaben aufgewandt. Alle sechs Sekunden stirbt ein Patient an den Folgen seiner Erkrankung, vor allem an Herzinfarkt und Schlaganfall. „Die Diabetesversorgung muss kontinuierlich verbessert und modernisiert werden, angestoßen durch politische Maßnahmen“, fordern die Vertreter des neu gegründeten EUDF.

Bessere Nutzung von Forschungsergebnissen und digitaler Daten

Versorgung und translationale Forschung ließen sich beispielsweise durch eine bessere Nutzung von Forschungsergebnissen und digitaler Daten weiterentwickeln, betonte Müller-Wieland bei der „Night of Nations“. Schon heute lassen sich daraus zielgerichtetere Erkenntnisse für Diagnostik und Therapie der Patienten ableiten. So haben EASD und die American Diabetes Association (ADA) beim gerade zu Ende gegangenen Jahrestreffen aufgrund verschiedener Studienergebnisse in einem Konsenspapier neue klinische Empfehlungen zur Behandlung des Diabetes Typ 2 verabschiedet. „Künftig sollen kardiovaskuläre Risiken stärker berücksichtigt werden“, berichtet Müller-Wieland.

Zwar bleibt Metformin zur Behandlung des Diabetes Typ 2 Mittel der ersten Wahl. Reichen die Tabletten nicht mehr aus, seien jedoch unter bestimmten Voraussetzungen injizierbare GLP-1-Agonisten oder SGLT2-Hemmer dem Insulin vorzuziehen. „Für einige dieser Medikamente ist belegt, dass sie die kardiovaskuläre Sterblichkeit deutlich reduzieren“, sagt Müller-Wieland. Zudem müsse Big Data verstärkt genutzt werden. Das wurde bei einer Round-Table-Diskussion der DDG zum Umgang mit künstlichem Pankreas, Big Data und innovativen Technologien in der Diabetologie deutlich, an der auch Vertreter des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilnahmen.

Mit bevölkerungsweiten Präventionsmaßnahmen die Epidemie eindämmen

Nur wenn alle verfügbaren Patientendaten aus Forschung, Versorgung und Präventionsprogrammen gebündelt, intelligent vernetzt und ausgewertet würden, könne sich die Qualität der Patientenversorgung weiter stark verbessern. Klinische Verläufe, neue Krankheitszusammenhänge und Risikopatienten würden sich dank Digitalisierung besser erkennen lassen. „Für Patienten bedeutet das, dass Krankheiten frühzeitig entdeckt, zielgerichteter behandelt oder gar vermieden werden könnten“, betont DDG-Präsident Müller-Wieland.

„Darüber hinaus muss durch bevölkerungsweite Präventionsmaßnahmen verhindert werden, dass immer mehr Menschen an Diabetes Typ 2 erkranken“, fordert Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG. Hier hält die Fachgesellschaft gesundheitsfördernde Steueranpassungen, also eine erhöhte Steuer auf hochkalorische Produkte bei gleichzeitiger Steuerentlastung gesunder Lebensmittel, für die effektivste Maßnahme. Zudem sollte ein Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet, verbindliche Standards für die Verpflegung in Kitas und Schulen sowie eine tägliche verpflichtende Stunde Schulsport/Bewegung etabliert werden.


Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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