Fischladen „Peixateria Puigvert“: Wo der Fisch wirklich noch frisch ist

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Fischladen „Peixateria Puigvert“: Wo der Fisch wirklich noch frisch ist

Das Echt essen-Gasthaus im Juni: Ein absoluter Geheimtipp ist dieses Fischgeschäft in Port de la Selva, Katalanien, wo ich die Fische für einen „Seeteufel auf drei Arten“ und „Makrele im Gemüsesud“ gekauft habe.

Es gibt sie noch, die raren Stätten des echten Einkaufs. Eine besonders Authentische ist die „Peixateria Puigvert“ in Port de la Selva, ein Ort kurz hinter der spanisch-französischen Grenze. Bis in die 50er-Jahre war das ein verschlafenes Fischernest, gesegnet mit einem geschützten Naturhafen in einer malerischen Bucht. Doch in den letzten Jahrzehnten haben immer mehr Reiche aus Barcelona, Frankreich und Deutschland den „Waldhafen“ (Selva heißt Wald, auch wenn die Bäume längst gefällt sind) entdeckt und die Hügel mit noblen Villen bebaut, was langsam das geschlossene Dorfbild zerstörte – ein Prozess, der durch die Immobilienkrise gottseidank weitgehend gestoppt wurde.

Blühender Ginster vor dem weißen Dorf am Meer: Port de la Selva

Schon seit Jahrhunderten fahren hier die Fischer aufs Meer – und auch heute noch brechen die Genossenschafts-Mitglieder der „Confraria de Pescadors“ jeden Werktag, wo es das Wetter zulässt, in der Nacht oder frühmorgens in die fischreichen Gewässer auf. Wobei weitgehend in der Umgebung gefischt wird, denn am späten Nachmittag kommen die Boote zurück, sind also nicht wie bei der Hochseefischerei tage- oder wochenlang unterwegs. Aus diesem Grund gibt es hier tatsächlich noch tages-fangfrischen Fisch, oft auch geangelte Ware, die besonders begehrt ist, schonender gegenüber der Natur ist, etwa im Vergleich zur Schleppnetzfischerei.

Kurz nach 19 Uhr öffnet der Fischladen von Mercè Puigvert – und da liegen dann die Schätze des Meeres, welche die erfahrene Fischhändlerin kurz zuvor in der wenige Meter entfernten Halle ersteigert hat. Hier kaufe ich seit Jahrzehnten gerne Fisch ein, bin immer wieder erstaunt über die Fachkenntnisse der Katalanin, die genau weiß, wie welcher Fisch zubereitet wird – ein Wissen, das sich natürlich nur dem katalanisch Sprechenden erschließt. Wer die Sprache beherrscht, kann auch genau vorgeben, wie der Fisch ausgenommen und zugeschnitten gehört. Leider spreche ich kaum ein Wort Katalan (Spanisch wird hier nicht gerne gehört), aber ich habe gute Freunde aus Deutschland, die dort leben – und wir bereiten die Fische zusammen zu.

links: Weiß alles über Fisch und seine Zubereitung: Mercè Puigvert
rechts: Bescheidene Tür, begeisterndes Angebot: Peixateria Puigvert

Einen Seeteufel und eine Makrele habe ich für die beiden Rezepte ausgesucht, die ich hier vorstelle. Furchterregend sieht der Seeteufel mit seinem riesigen, zähnefletschenden Maul, seiner braungesprenkelten Haut aus. Doch der von den Katalanen Rape, von den Franzosen Lotte genannte Fisch ist ein raffinierter Räuber. Über seinem Maul ragt als Fortsatz der Wirbelsäule ein rund fünf Zentimeter langer „Stab“ mit einer „Köderkugel“ heraus. Gerne gräbt sich die Rape in den Sand ein, lässt ihren Köder wedeln, der kleine Fische anlockt, die dann blitzschnell verschluckt werden. Der Seeteufel ist grätenfrei, hat weißes Fleisch, das im Geschmack an Kalbfleisch erinnert – und auch nach dem Kochen fest bleibt.

„Angelt“ kleine Fische: Raubfisch Seeteufel

Normalerweise wird bei uns nur der Schwanz angeboten, denn der Kopf, der fast die Hälfte des Fisches ausmacht, wird selten verwendet. Nicht so an der Küste, wo sich bei der topfrischen Ware etwa kinderhandgroße Bäckchen von der Fischhändlerin auslösen lassen, die in Olivenöl mariniert, mit wenig Meersalz gewürzt, mit Petersilie bestreut, ein Carpaccio der Extraklasse ergeben – die erste Zubereitung. Wer mag, dünstet auch noch sekundenkurz die wohlschmeckende Leber. Die zweite Zubereitung ist der kleingehackte Kopf, der mit Gemüse, Lorbeer und Rosmarin angesetzt, einen wohlschmeckenden Fischfonds ergibt, in den ich Röllchen vom Stangensellerie geschnitten habe – schmeckt wunderbar.

Fast Food vom Feinsten: Seeteufel auf der Plancha

Die wichtigste Zubereitung ist aber das Dünsten auf der heißen Platte, der Plancha. Dafür haben wir einen 2,4 Kilo schweren Fisch für 38 Euro gekauft, von dem dann ein rund 1,1 Kilo schweres Schwanzstück übrigbleibt. Das muss sorgfältig mit einem scharfen Messer von seinen sieben Häuten befreit werden, denn sonst zieht sich das Fleisch zusammen, der Saft tritt aus, der Fisch wird zäh. Ist diese Vorarbeit gemacht, geht es ganz schnell: Der Fisch wird in rund drei Zentimeter dicke Scheiben geschnitten auf die eiserne Plancha gelegt (das geht natürlich auch mit einer beschichteten Pfanne), und auf jeder Seite maximal drei Minuten sanft gegrillt, dann rund eine Minute ohne Feuer „ziehen“ lassen, salzen, pfeffern – und fertig. Wer diese Frische einmal genießen durfte, hat ein Erlebnis, das fern der Küsten kaum wiederholbar ist.

Perfekt passt dazu ein Ratatouille aus Roter Paprika, Tomaten, Zucchini, Aubergine, Knoblauch. Alles leicht in Olivenöl andünsten, mit Rosmarin, Thymian und Oregano würzen und sanft köcheln, dass das Gemüse noch „Biss“ hat.

Besser, preiswerter als jede Omega-3-Pille: Makrele
Ein großer Freund der Makrele bin ich an der Küste geworden – nachdem ich diesen Fisch in München gehasst habe, weil der dort als „Steckerlfisch“ auf Stäbe aufgesteckt gegrillt wird, meist tranig und ranzig schmeckt. Fangfrisch habe ich den Fisch sogar roh gegessen – eine etwas umständliche Prozedur, um die silbrig-glänzende Haut zu entfernen. Ich habe mir das irgendwann geschenkt und habe die Haut sogar mitgegessen. Wobei die Makrele sehr preisgünstig ist, knapp 200 Gramm kosten gerade mal 1,70 Euro.

Ein ganz einfaches und trotzdem raffiniertes Rezept geht so: Die ausgenommene, von den Gräten befreite Makrele im Gemüsesud bei maximal 80 Grad rund zehn Minuten ziehen lassen. Ein fetter Fisch ist die Makrele. Aber es sind die so gesuchten, gesunden Omega-3-Fette, die das Herz schützen, die Bildung von Thrombose auslösenden Blutgerinnseln unterbinden.

Was wirkt, wirkt neben. Das gilt für Arzneien, das gilt abgeschwächt aber auch für Lebens-Mittel. So sind die Omega-3-Fettsäuren eben auch: Säuren. Und Übersäuerungen können Entzündungsprozesse auslösen, die einen wichtigen Auslöser für den Typ-2-Diabetes bilden. Was tun? Zum einen nicht zu oft Fisch essen. Zum anderen jedes Gericht möglichst basisch gegenbalancieren, was am Besten mit Gemüse, mit Salat gelingt.

Balanciert die Fischsäure ins Basische: Romanasalat

Kräftige Blätter hat der Romanasalat, der sich besonders wohlfühlt in einer Marinade aus: Olivenöl, Essig, Salz, Pfeffer – und einem dezent süßen Senf. Beste Mittelmeerküche sind die von mir vorgestellten Rezepte, die relativ einfach zuzubereiten sind – und erklären, warum mit dieser Küche die Menschen so lange so fit bleiben, vor allem, wenn zum Essen noch ein trockener Wein getrunken wird, etwa ein intensiv fruchtiger Verdejo, eine der besten Weißweinsorten Spaniens.

Zwei Bücher zum nachhaltigen Fischgenuss
So verlockend das Angebot der „Peixateria Puigvert“ ist, so täuscht es doch darüber hinweg, wie leergeräubert gerade auch das Mittelmeer ist. Längst gibt es auch vor Spaniens Küste riesige Fischfarmen – eine besonders perverse Form der Fischvernichtung, denn in den Zuchten wird mit frischem Meeresfisch gefüttert. Ganz zu schweigen von den Antibiotika und anderen Mitteln, die eingesetzt werden.

„Spanische Fischküche“ heißt ein äußerst nützliches Buch des deutschen Journalisten Johannes Schmid, aus dem Verlag Winfried Jenior in Kassel. Es informiert in sachlichem Ton und lebendigen Beschreibungen ohne bunte Bilder über die einzelnen Fische, ihre Herkunft – und gibt kurze, knappe Hinweise zur Zubereitung. An sich schon ausreichend, denn je weniger Fische es gibt, desto mehr Kochbücher über Fischzubereitungen scheint es zu geben.

Härtere „Kost“ bietet das Buch „Der letzte Fisch im Netz“ des amerikanischen Autors Taras Grescoe aus dem Blessing-Verlag. Er beschreibt weltweit an ausgewählten Beispielen, wie der Mensch in seiner Gier eine der wichtigsten Nahrungsquellen sukzessive ausrottet. Besonders beeindruckt hat mich das Kapitel über die Plünderung der Fische in der Chesapeake Bay in der Nähe der US-Hauptstadt Washington. Schwammen dort früher in einer einmaligen Mischung aus Süß- und Salzwasser prächtige große Fische, ist die Bucht heute fast leergefischt.

Sehnsuchtssymbol Seejungfrau: Skulptur von Mercè Riba in Port de la Selva

Sehnsucht nach früher kommt auch beim Blick auf den Seeteufel auf: Der kann theoretisch bis zu zwei Meter lang und bis zu 50 Kilo schwer werden – Dimensionen, die heute praktisch nie mehr erreicht werden. Warum ich Ihnen das erzähle? Damit Sie Fische mit dem gebührenden Respekt verzehren – und vernehmlich den Kopf schütteln über Leute, welche diese wunderbare Eiweiß-Ressource so verschlingen: Schnöde zu Fischstäbchen geschnitten.

Peixateria Puigvert
Plaça Pol Nadal i Mallol 5, 17489 El Port de la Selva, Tel.: 0034 972387054

von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de

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