Gesundheits-Apps erleichtern den Alltag

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Gesundheits-Apps erleichtern den Alltag

Ein Computerprogramm mit für den Anwender nützlichen Funktionen: So könnte man die „Applikation“ oder kurz „App“ vielleicht in Kurzform erklären. Welchen Nutzen bringen Apps im Bereich Gesundheit, Fitness, Medizin heute schon – und: Was können wir von solchen Programmen künftig erwarten hinsichtlich Medikamenteneinnahme und -kauf? Hier die Antworten.

Circa 5 Prozent aller Applikationen (kurz: Apps) aus dem App Store von Apple beschäftigen sich mit den Themen Gesundheit, Fitness und Medizin. Bei Google sind es 7 Prozent. In absoluten Zahlen sind das insgesamt über 200.000 Apps, die sich mit dem allgemeinen Thema Gesundheit befassen. Sucht man allein nach dem Begriff „Apotheke“ im App Store, erhält man weit über 100 Treffer.

Kleine Helfer auf dem Vormarsch

Schaut man sich die allgemeine Entwicklung der mobilen Applikationen an, so entwickelt sich nicht nur die Anzahl der zur Verfügung stehenden Apps exponentiell weiter, sondern auch die Anzahl an Wearables, mit denen solche Apps verwendet werden können: Wearables ist eine Kurzform für Wearable Computer (übersetzt: tragbare Computer) und beschreibt Geräte, die am Körper getragen werden oder in die Kleidung eingearbeitet sind: wie Smartphones, Smartwatches oder Fitness-Tracker.

Abweichung erkennen ohne Vorkenntnis

Für jede Situation gibt es eine passende App für das Smartphone, die Smartwatch oder für die Kombination aus beiden Geräten, wobei oftmals kaum zu unterscheiden ist, in welchen Funktionen sich diese Apps unterscheiden.

Hat man früher seinen Puls noch selbst gemessen und auf verschiedene Art notiert, um einen Verlauf darstellen zu können, trägt man heute eine Smartwatch, die automatisch durch eingebaute Sensoren die Herzfrequenz und weitere Daten an das Smartphone übermittelt. In einer passenden App werden diese Daten dann verwaltet, aufbereitet, analysiert und dem Nutzer lesbar zur Verfügung gestellt, so dass dieser ohne Vorkenntnisse daraus Abweichungen erkennen kann.

Im Idealfall können die erfassten Daten auch mit Hilfe intelligenter Programme und künstlicher Intelligenz bewertet werden. Viele Apps können die Ergebnisse für den Nutzer laut vorlesen. Heute werden die Daten vor allem gesammelt und aufbereitet und nur zu einem kleinen Teil zur Verfügung gestellt. Morgen schon können genau diese Daten anonymisiert an Unternehmen, Vereine oder Krankenkassen freiwillig übermittelt werden und so für einen Überblick des aktuellen Gesundheitszustandes des Einzelnen oder der Bevölkerung sorgen.

Einnahmeplan: Unterstützung im Alltag

Der Alltag vieler Patienten wird immer komplexer, länger und stressiger und kann dazu führen, dass der Fokus auf das Wesentliche verloren geht. Deshalb ist es sinnvoll, neue Technologien zur Unterstützung im Alltag zu integrieren, um lästige Routinetätigkeiten zu automatisieren und mehr Zeit zu gewinnen. Vor allem mit den Wearables ist es heute ein Leichtes, da diese Geräte permanent und dauerhaft in der der Nähe sind. Für Patienten, die an eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten denken müssen, gibt es zahlreiche Unterstützer in Form von digitalen Medikations- oder Einnahmeplänen.

Dabei erstreckt sich das Portfolio von einfachen Apps, die an die Einnahme erinnern, bis hin zu vollständigen, durch die Apotheke gepflegten Medikationsplänen. Natürlich ist auch ein persönliches Pflegen des Einnahmeplans möglich, so dass selbstständig Dosierungen und Einnahmezeiten festgelegt werden können. Wenn im Jahr 2019 die Telematik-­Infrastruktur bei den Ärzten und Apothekern Einzug hält, schließt sich der „Kreis“ vollständig, und ein umfangreiches und sicheres Medikationsmanagement vom Arzt bis hin zum Smartphone des Patienten ist möglich.

3 Fragen, 3 Antworten: Manfred Krüger
Manfred Krüger ist Apotheker, im Vorstand der AG Prävention der DDG, Lehrbeauftragter der Universitäten Düsseldorf und Bonn, Mitglied der Apothekerkammer und des Apothekerverbands Nordrhein sowie der EADV-Kommission DDG/BAK.

Diabetes-Journal (DJ): Wenn Sie an Insulin, orale Antidiabetika, Blutzuckerteststreifen oder auch Sensoren denken: Wie hat sich heute schon der Alltag in der Apotheke durch Digitalisierung verändert – für das pharmazeutische Personal und für die Menschen mit Diabetes?
Manfred Krüger: Keine qualifizierte Betreuung ist heute in der Apotheke ohne digitale Vernetzung denkbar. Dies betrifft das Medikationsmanagement, den aktuellen Medikamentenplan oder das Konto genauso wie den Zugriff auf aktuelle Datenbanken. Nur so kann individuell und zeitnah Arzneimitteltherapie­sicherheit erreicht werden. Aber es braucht auch die persönliche Beratung. Die Technik und Digitalisierung der Blutzuckergeräte und Sensoren verbessert sich ständig, damit aber auch die Herausforderungen für Personal und Kunden, die schnell und problemlos Hilfe erwarten und brauchen.

DJ: Welche Umwälzung in den nächsten sagen wir 2 Jahren wird die spektakulärste sein für Menschen mit Diabetes in Zusammenhang mit ihrer Medikation?
Krüger: Die Angebote, ein Konto (auch auf dem Smartphone) für Menschen mit chronischen Krankheiten zu führen, werden rasant zunehmen und genutzt werden. Dort werden dann Arzneimittel, Informationen und wichtige Daten aktuell festgehalten und stehen für alle abrufbar bereit, die autorisiert sind.

DJ: Was ist für Sie der wichtigste Punkt, der beim Thema Digitalisierung im Gesundheitsbereich unbedingt berücksichtigt werden soll?
Krüger: Menschen benutzen schon heute jeden Tag digitale Systeme zur Information, Kommunikation und im Einkaufsverhalten – und vereinsamen immer mehr. Digitale Systeme mit ihren Algorithmen sind exzellente Hilfsinstrumente, aber sie ersetzen nicht den persönlichen Austausch, der vor allem im Gesundheitsbereich wichtig ist für Therapieentscheidungen und deren Erfolg. Dies muss als Leistung angeboten und bezahlt werden und droht bei einer immer weitergehenden Zentrierung und Monopolisierung verloren zu gehen.

Interview: Günter Nuber

Die Apotheke spielt hierbei eine sehr wichtige Rolle, da sie nicht nur eine vermittelnde Rolle zwischen Arzt und Patient einnimmt, sondern auch die gesamte Medikation ihrer Patienten im Blick hat – und so für die Therapiesicherheit in Bezug auf Neben- und Wechselwirkungen sorgen kann und ggf. Alternativen vorschlägt. Bei einem Rabattvertrag wird ein einheitlicherer Rabatt auf den Apothekenverkaufspreis gewährt; dieser Rabatt wird zwischen den Pharmaherstellern und den Krankenkassen vereinbart. Im Gegenzug erhalten Patienten im Normalfall Medikamente von dem vereinbarten Pharmahersteller.

Bei einfacher und regelmäßiger Einnahme von nichtrezeptpflichtigen Medikamenten können Sie als Endverbraucher nach Absprache Ihre Dosierung selbst zusammenstellen. Genau für diesen Fall gibt es Apps, die das Erstellen eines eigenen Einnahmeplanes ermöglichen und diesen auch mit Bildern versehen lässt, so dass Sie immer genau wissen, welche Tablette Sie nehmen müssen. Zusätzlich lässt sich eine Erinnerungsfunktion einstellen, so dass ein Vergessen fast unmöglich wird, egal wie komplex der Tag ist.

Fügen Sie dem Einnahmeplan die Dosierung Ihres Insulins hinzu. Ergänzen Sie diese um Ihre idealen Einnahmezeiten, und lassen Sie sich mit einer Erinnerungsfunktion zur regelmäßigen Einnahme erinnern.

Sofortige Verfügbarkeit

Jetzt wissen Sie, wann Sie welche Arzneimittel einnehmen müssen – aber dazu benötigen Sie natürlich die passenden Präparate: Jetzt ist der Weg in die Apotheke ihres Vertrauens der nächste Schritt – doch mitunter ist dieser Weg vergebens, wenn das benötigte Medikament nicht vorrätig ist; genau für solche Fälle gibt es auch Applikationen für das Smartphone.

Mit diesen können Sie Ihr Präparat aus einer umfangreichen Artikelliste auswählen, die „PZN“ abscannen/eintippen … oder einfach und schnell Ihr gerade erhaltenes Rezept per Foto an die Apotheke übermitteln. PZN steht für Pharmazentralnummer und ist in Deutschland eine bundeseinheitliche Identifikation für Arzneimittel und andere Apothekenprodukte. Diese Nummer besteht aus acht Ziffern.

Durch die schnelle Übermittelung des Rezeptes ist die Apotheke in der Lage, zeitnah das für den Patienten passende Medikament herauszusuchen und per Bote oder Abholung zur Verfügung zu stellen. Für die sofortige Lieferfähigkeit sorgt dann die autonome Warenwirtschaft der Apotheke. Mit dieser weiß der Apotheker heute schon, welches Medikament er morgen auf Lager haben sollte und wie viele er abgibt. All dies ist heute mit der künstlichen Intelligenz möglich.

Herzfrequenz, Blutdruck, gelaufene Kilometer, Anschrift, Krankheiten und weitere persönliche Daten werden von verschiedensten Apps und Wearables gesammelt. Das wirft die Frage auf, was mit den ganzen Daten passiert, die erfasst, analysiert und oft in einer „Cloud“ des jeweiligen Herstellers gespeichert werden? Cloud (deutsch: Wolke) beschreibt den Speicherplatz, der über das Internet zur Verfügung steht.

Wie ist das mit dem Datenschutz?

Besonders bedeutsam ist diese Frage, wenn es darum geht, eine Bestellung bei seiner Stamm­apotheke über eine Applikation auszulösen. Hier ist es wichtig, dass die Daten verschlüsselt übermittelt werden und in der Apotheke direkt im Kassensystem (Warenwirtschaft) ankommen und nicht per WhatsApp oder unsicheren Diensten verarbeitet werden.

Hierbei ist auf App-Lösungen der Softwarehäuser wie die App Meine Apotheke zu achten, da diese direkt mit der Warenwirtschaft der Apotheke kommunizieren können. Trotz dieser direkten Kommunikation müssen die Daten über eine Cloud an die richtige Apotheke verteilt werden. Hierfür werden ausschließlich Server in Deutschland unter höchsten Sicherheitsstandards betrieben.

Fazit und Blick in die Zukunft

Neue Apps haben es heute schwer, sich im Markt zu behaupten; trotzdem werden es immer mehr – auch in der Gesundheitsbranche. Am Ende wird es ein 360-Grad-Kreis sein, der dem Patienten den Alltag erleichtert, jedoch immer nur mit der Unterstützung neuer Technologien.

Schwerpunkt „Digitale Helfer nutzen und mitgestalten“

von Alexander Arnold
Produktmanager für digitale Produkte bei der PHARMATECHNIK GmbH & Co. KG
Münchner Straße 15, 82319 Starnberg
Tel.: 08151/44 42-0, Internet: www.pharmatechnik.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (10) Seite 22-25

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