Herr M. geht erstmals zum Diabetologen

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Herr M. geht erstmals zum Diabetologen

Bisher wurde Herrn M.s Diabetes vom Hausarzt und mit Tabletten behandelt. Nun aber, nach einem Klinikaufenthalt wegen Herzinfarkts, braucht er die Hilfe eines Diabetologen. Mit ihm kann er besprechen, wie es nun weitergeht, und die Diabetesberaterin hilft ihm bei der Handhabung von Pen und Messgerät.

In der Behandlung des Diabetes geht es auch immer um Werte, um Zahlen, um Ziele. Dabei den Überblick zu behalten, ist gar nicht so leicht.

Wie es gelingen kann, zeigen die Beispiele von Frau W. und Herrn M. (der hier folgende Artikel) , die gemeinsam mit ihrer Diabetologin/ihrem Diabetologen besprechen, welche Werte sie anstreben sollten und was sonst noch wichtig ist rund um den Diabetes. Denn Werte und Ziele sind das eine; nicht davon zu trennen ist aber die individuelle Situation, in der sich ein Mensch mit Diabetes gerade befindet.

Was sich hinter den nackten Zahlen verbirgt, dazu gibt Ihnen unsere Übersicht über die wichtigsten Gesundheitswerte im Rahmen einer Diabetestherapie einen detaillierten Überblick.

Welche Werte bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes eine spezielle Rolle spielen, erfahren Sie von Prof. Thomas Danne.

In der Diabetesschwerpunktpraxis (DSP) von Dr. S. ist die Hölle los: Neben den zu festen Terminen einbestellten Patienten haben sich an diesem Montag mehrere Diabetespatienten ohne Termin eingefunden, die ein akutes Problem haben, aber das erfahrene Diabetesteam mit den zwei Diabetesberaterinnen und der Diabetesassistentin hat sich die Arbeit geteilt und einen Teil der Probleme schon gelöst.

Das ist Herr M.
Herr M. ist 75 Jahre alt und hat seit 20 Jahren Typ-2-Diabetes. Nun hatte er einen Herzinfarkt, und in der Klinik wurde die Diabetesbehandlung von Tabletten auf Insulin umgestellt, um die Nieren zu schonen.Beim Diabetologen werden die Zielwerte für HbA1c und die Nieren besprochen, und die Diabetesberaterin erklärt ihm noch einmal das Messgerät und den Insulinpen. Außerdem wird Herr M. schon bald an einer Diabetesschulung teilnehmen.

Einer der betreffenden Patienten ist Herr M., der erst am späten Freitagnachmittag der Vorwoche aus stationärer Behandlung entlassen worden ist. Für das Wochenende hat man ihn mit Medikamenten versorgt, nun hat er aber keine mehr.

Umstieg von Tabletten auf Insulin

Herr M. ist 75 Jahre alt, hat einen seit über 20 Jahren bestehenden Diabetes mellitus Typ 2, der bis zum Krankenhausaufenthalt mit Tabletten behandelt worden war und den Herr M. auch bisher nicht so ernst genommen hatte. Vor zwei Wochen war er mit akuten Herzbeschwerden vom Notarzt begleitet ins Krankenhaus gekommen.

Der bisher mit Tabletten behandelte Diabetes war im Rahmen des stationären Aufenthaltes auf Insulin eingestellt worden. Man hat ihm eine konventionelle Insulintherapie (CT) “verpasst”, und der Hausarzt hat Herrn M. zur weiteren Versorgung mit den Diabetesmedikamenten, Hilfsmitteln und den Blutzuckerteststreifen direkt weiter in die DSP von Dr. S. geschickt.

Probleme mit dem Herz

Herr M. hatte einen Herzinfarkt erlitten und war noch am Aufnahmetag vom Kardiologen in der Klinik mit einem Herzkatheter untersucht worden. Dabei hat man ihm zwei kleine Gefäßstützen (Stents) in die Herzkranzgefäße eingesetzt und auf diese Weise einen größeren Herzinfarkt verhindern können.

In der Folge ist es dann allerdings zu einer Blutzuckerentgleisung sowie zu einer deutlichen Verschlechterung der Nierenleistung gekommen – der Kreatininwert war massiv angestiegen (3,2 mg/dl) und die Filtrationsleistung der Niere war gesunken (GFR < 25 ml/min). Deshalb hatte man sich zusammen mit Herrn M. entschlossen, seinen Diabetes mit Insulin zu behandeln und die blutzuckersenkenden Tabletten abzusetzen.

Herr M. braucht neue Medikamente

Im Entlassungsbrief des Krankenhauses stehen folgende Diagnosen:

  • Z. n. Herzinfarkt bei koronarer 2-Gefäßerkrankung
  • Nierenschwäche Stadium II – III
  • Fettstoffwechselstörung
  • erhöhter Blutdruck
  • Diabetes mellitus Typ 2, insulinbehandelt

Für all diese Erkrankungen muss Herr M. nun Medikamente einnehmen, und er möchte von Dr. S. zu Recht wissen, welche er unbedingt nehmen muss und welche er vielleicht auch wieder weglassen kann.

In diesem Gespräch kommen auch die Zielwerte für die Behandlung zur Sprache, und Dr. S. erklärt Herrn M. zunächst, dass eines der wichtigsten Ziele bei der Behandlung seines Diabetes sei, dass es nicht zu Unterzuckerungen komme; deswegen sei er auch mit einem Langzeitzucker (HbA1c) von ca. 7,5 Prozent zufrieden, niedriger solle der gar nicht sein. Auch bei den Nierenwerten sei Dr. S. zufrieden, wenn diese sich so halten würden, da sie ja ohnehin bei älter werdenden Menschen altersbedingt langsam, aber stetig schlechter würden.

Medikamente im Auge behalten

Aus diesem Grund verabreden Dr. S. und Herr M., dass bei allen Kontrollterminen auch immer wieder nach Medikamenten geschaut wird, die potentiell die Nieren weiter schädigen könnten. Auch das Thema Insulin wurde in diesem Termin besprochen: Am liebsten würde Herr M. ja das Insulin weglassen können. Auch zu diesem Thema wurde vom Diabetologen mit Herrn M. vereinbart, nach geeigneten Medikamenten zu schauen, falls die Nierenwerte sich wieder gut erholen sollten.

Herr M. bei der Diabetesberaterin

Nach diesem klärenden Gespräch bezüglich der Medikamente nimmt sich eine der Diabetesberaterinnen die Zeit, um Herrn M. in aller Ruhe noch einmal das Blutzuckermessgerät, das man ihm in der kardiologischen Abteilung gegeben hatte, zu erklären. Auch die Handhabung des Insulinpens wird noch einmal mit Herrn M. geübt, so dass der Umgang mit diesen Hilfsmitteln zu Hause zunächst klappen sollte.

Abschließend wird ein Folgetermin in einer Woche mit der Diabetesberaterin vereinbart, bei dem Herr M. seine dann selbst gemessenen und protokollierten Blutzuckerwerte mitbringen soll und bei dem noch einmal geschaut wird, ob es noch Probleme in der Handhabung der Hilfsmittel gibt.

Des Weiteren bekommt Herr M. eine Einladung für die schon innerhalb der nächsten zwei Wochen beginnende Diabetesschulung, bei der dann alle restlichen Fragen und Probleme besprochen und bearbeitet werden können.

Jetzt noch einmal zum Hausarzt

Nachdem Herr M. in der DSP fertig ist, muss er nun noch zu seinem am frühen Morgen mit dem Hausarzt abgesprochenen Termin, um auch mit ihm über das weitere Vorgehen zu sprechen, insbesondere in Bezug auf seine Herzerkrankung und die entsprechende Medikation. Von Dr. S. hat er eine kurze schriftliche Mitteilung für seinen Hausarzt mitbekommen, aus der hervorgeht, welche Aufgaben die DSP in den nächsten Wochen zusammen mit Herrn M. bearbeiten wird und wie Herr M. aktuell versorgt ist. Auch solle Herr M. sich beim Hausarzt in das Chronikerprogramm für Menschen mit Diabetes (DMP) einschreiben lassen.

Ob all dieser Aufgaben ist Herr M. zwar sehr nachdenklich geworden, hat aber den Eindruck, dass seine behandelnden Ärzte die anstehenden Probleme mit ihm zusammen gut hinbekommen werden. Insbesondere hat er nach dem Gespräch mit seinem Diabetologen und der Diabetesberaterin doch noch die Hoffnung, vom Insulin wieder “loszukommen”.

Schwerpunkt: Von Werten und Zielen

von Dr. Nikolaus Scheper
Facharzt für Allgemein- und Sportmedizin, Diabetologe,
Praxis Dres. Scheper, Schneider & Veit,
Bergstraße 167, 45770 Marl-Drewer,
E-Mail: n-scheper@gmx.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (7) Seite 20-21

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