Immer wieder eine zweite Chance

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Immer wieder eine zweite Chance

Alex Adabei hat einem Bekannten Hilfe bezüglich seines Diabetes angeboten, die dieser jedoch recht barsch ausgeschlagen hat. Da er unter seinen eher schlechten Werten leidet, würde er sie mittlerweile aber wohl doch in Anspruch nehmen – doch wer geht nun auf den anderen zu?

Ein Bekannter hat Typ-2-Diabetes; gern redet er nicht darüber. Mein Eindruck ist: Er ist eher schlecht informiert, ein paar Hinweise könnten ihm guttun. Vor Kurzem wollte ich ihm einige Ausgaben des Diabetes-Journals mitbringen. Die recht barsche Reaktion: „Nein, ich weiß schon alles, ich komme klar.“

Ich kann die Reaktion gut verstehen: Wir alle verdrängen so manches, möchten auf einige Themen nicht angesprochen werden. Das ist ein Abwehrmechanismus unserer Seele, der uns hilft, unser Leben zu bewältigen. Manchmal ist Vergessen eine gute Lösung – vielleicht nicht für immer, aber doch für den Moment?

Nach der ersten Abfuhr wünscht er sich nun doch ein Gespräch

Nun weiß ich aber von der Frau eben jenes Bekannten, dass seine Werte nicht gut sind. Sie macht sich Sorgen. Und er selbst würde gern noch einmal mit mir sprechen, traut sich aber nicht, auf mich zuzukommen. Tja, und nun? Ich kenne es von mir selbst: Manchmal weise ich ein Hilfsangebot ab – entweder weil ich denke, dass ich es allein schaffe. Oder weil ich mich schäme, Hilfe anzunehmen, weil ich zu stolz bin. Oder eben, weil ich eine unangenehme Pflicht so lange wie möglich vergessen möchte.

Na, und einige Zeit später wäre ich doch froh, das Angebot annehmen zu können. Aber kann ich von mir aus auf den freundlichen Hilfswilligen zugehen? Der denkt doch sicherlich: „Wer nicht will, der hat schon!“ Außerdem: Ist doch peinlich, zuzugeben, dass man es allein nicht schafft!

Jeder von uns braucht immer mal wieder zweite Chancen

Zurück zu meinem Bekannten: Wer Diabetes hat, will bestimmt nicht ständig mit Informationen (oder Halbwahrheiten und Vorurteilen!) bedrängt werden. Vielleicht läuft es gerade gut mit den Zuckerwerten, und es gelingt, den Diabetes für den Moment zu „vergessen“. Und da kommt aus heiterem Himmel jemand mit „guten Tipps“ um die Ecke? Na, vielen Dank!

All das geht mir während des Gesprächs durch den Kopf. Ein bisschen eingeschnappt bin ich schon noch wegen der Abfuhr vor drei Wochen. Aber sind wir nicht alle darauf angewiesen, dass Mitmenschen immer wieder einmal einen Schritt auf uns zu machen, obwohl wir uns blöd benommen oder sogar einen richtigen Bock geschossen haben? Wir alle brauchen immer wieder zweite Chancen – und können und müssen auch immer wieder selbst Chancengeber sein!



von Alex Adabei

Das Team für den guten Schluss: Dr. Hans Langer arbeitet als Arzt in einer Diabetesklinik, Jana Einser hat schon seit Kindertagen Typ-1-Diabetes und Alex Adabei hat viele Bekannte und Verwandte mit Typ-2-Diabetes. Sie schreiben abwechselnd für diese Kolumne.


Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (2) Seite 82

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