“Lamm”: Mehr Gans geht nicht!

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“Lamm”: Mehr Gans geht nicht!

Das Echt essen-Gasthaus im Dezember: Gutes Essen zu vernünftigen Preisen gibt es im “Lamm” in Kau. Im Herbst locken dort beste Gänse, die auch als kleines Menü zubereitet werden. Hier das Menü plus ein Gänserezept von Reinhard Kiechle

Im schönen Bodenseehinterland zwischen Friedrichshafen und Ravensburg liegt der Hopfenort Tettnang, zu dem das Dorf Kau gehört. Seit drei Generationen wirtet hier im “Lamm” die Familie Kiechle – und seit 30 Jahren hat dort Reinhard Kiechle das Sagen. Zusammen mit seiner Frau Petra hat er das Gasthaus direkt neben den Hopfenfeldern zum beliebtesten Landgasthof im Oberschwäbischen gemacht, der regelmäßig mittags und abends bestens besucht ist – und das nicht nur von den Einheimischen, sondern auch von Gästen aus der Schweiz und Österreich.

Eine bewährte Traditionsadresse in Oberschwaben: “Lamm” in Kau

Das Erfolgsgeheimnis ist scheinbar einfach – und für viele Wirte trotzdem so schwer erreichbar: Echte Produkte, möglichst Einheimisches; eine gute Küche mit großen Portionen, was bei den Schwaben wichtig ist – und das alles zu vernünftigen Preisen. Dazu kommt noch ein freundlicher Service und im Sommer ein schöner Biergarten. Aber jetzt im Spätherbst locken die gemütlichen Wirtsstuben – und es lockt die Gans, die es hier gerne auch als ganze oder halbe gibt. Rund 400 Gänse werden es diese Saison werden. Aber nicht irgendwelche, sondern solche von einem Hof im niederbayerischen Pleiskirchen, den Reinhard Kiechle persönlich besucht hat. Zu Viert haben wir eine ganze Gans bestellt – und vorher noch kleinere Gänge mit Teilen des Geflügels, die sonst nicht verwendet werden – nach dem urschwäbischen Motto: Nichts wird weggeworfen – was für den Gast heißt: Mehr Gans geht nicht!

Kommt nur noch selten auf den Tisch: Gefüllter Gänsekragen

Ein Gericht, das es nur noch selten gibt: Teile von Magen, Hals, Flügel, Herz werden gekocht – und dann wie ein Schwartenmagen zubereitet. Bei den früheren klassischen Schlachtmethoden wurde die Masse noch in den echten Hals gefüllt, deshalb der Name “Gefüllter Gänsekragen”. Zwei Scheiben liegen auf Blättern vom Hirschhornwegerich, einem traditionellen Kraut, das schon der große Kräuterkundler Hieronymus Bock in seinem “Kreütterbuch” als Mittel gegen Nierenschmerzen empfahl.

Auf den Scheiben liegt ein feiner Klacks aus Birnenschnitz, Meerrettich und Preiselbeeren. Ein feiner Auftakt des Menüs, bei dem mir gefällt, dass alle Teile des Tieres verarbeitet werden.

Was eine Gans alles werden kann: Superbes Süpple

Wieder ein gutes Beispiel für die komplette Verwertung des Geflügels: Aus den Abfällen wird eine Kraftbrühe bereitet, die mit Riesling und weißem Balsamico und wohl auch ein wenig Sahne verfeinert wird. In der Brühe finden sich feine Erbsle und klein geschnittene Teile vom Magen. Zusammen mit der herzhaften Brioche wieder ein ausgezeichnetes Gericht.

Besser als gestopft: Gänseleber auf Kartoffel-Püree

Nicht viel größer als eine Hühnerleber ist eine Gänseleber, erklärt mir Reinhard Kiechle. Um so weniger verständlich erscheint es, dass ausgerechnet dieses kleine Organ fürs wenig tierfreundliche Stopfen ausgesucht wurde. Sei’s drum, so schmeckt´s viel besser und ist sicher auch gesünder: Die klein geschnittene Leber wird mit Zwiebeln und Petersilie in Butter geröstet – und angerichtet auf einem Kartoffel-Trüffel-Püree, gekrönt von einem Thymian-Zweig. Selbst jetzt, wo ich´s schreibe, läuft mir wieder das Wasser im Mund zusammen.

Ein herrlicher Auftakt des Menüs, der noch gekrönt wurde durch den Wein, den wir dazu tranken: Ein 2012er vom Ruwer-Weingut Karthäuserhof mit schlanken 11 Prozent Alkohol. Kein ganz trockener Wein, aber einer mit kräftiger Mineralität. In der Magnum kostet der Spaß 60 Euro.

Kulinarisches Gesamtkunstwerk: Ganze Gans

Nach der Ouvertüre nun die große Oper, die ganze Gans. Also zwei Keulen, zwei Flügel, die aufgeschnittene Brust. Das schmeckt größtenteils prächtig, weil die Gans genau die richtige Menge Fett (in dem Fall ein gesunder Geschmacksträger) hat. Vor allem die Keulen, die Flügel sind richtig saftig, manche Teile der Brust geraten etwas trocken, aber das ist nicht zu vermeiden, geschmacklich ist alles in Ordnung.


Nächste Seite: Feine Beilagen und ausgezeichneter Wein +++ Das große Gans-Rezept von Reinhard Kiechle +++ Fazit

Fein die Beilagen: Die geschälten österreichischen Maronen in Butterkaramell gekocht. Das ist natürlich süß, aber es passt. Ein roh geriebener Kartoffelknödel, im Wasser gezogen, gottseidank nicht gefüllt, das wäre zuviel. Wunderbar das Rotkraut, das aus dem Dorf stammt: Es wird gehobelt, im Gänseschmalz mit Zwiebeln und Zwetschgen angeröstet, mit Rotwein abgelöscht, mit Wacholder, Zimt und Nelken klassisch gewürzt. Ein Gedicht, ich konnte nicht genug davon kriegen.

Ausgezeichnet der Wein dazu: Eine 2012er Spezialabfüllung für das “Lamm” vom Weingut Schmid und Wetli aus dem nahen Schweizer Rheintal. Eine höchst gelungene Assemblage aus Blaufränkisch, Gamay und Blauburgunder mit strammen 13,5 Prozent Alkohol. Ausgeschenkt aus der Magnumflasche für 20 Euro den halben Liter, wobei wir von dem prächtigen “Gänsewein” einen ganzen Liter tranken.

Nicht zu vergessen das Dessert: Ein Mango-Eis mit einer extra eingeflogenen frischen Ananas und Schlagsahne. Hätte es nach der üppigen Schlemmerei nicht gebraucht, aber es hat erfrischend geschmeckt.

Ja, das ist natürlich ein Menü, das nicht unbedingt das Prädikat “Diabetes-gerecht” verdient. Vor allem dann nicht, wenn es am Abend gegessen wird. Also das Ganze besser mittags bestellen – oder noch zwei Esser dazu einladen, für die alles locker reicht. Jeder zahlt dann noch bescheidene fünf Euro fürs Gedeck. Wird diese Möglichkeit genutzt, relativiert sich auch der Preis, der aber auf jeden Fall korrekt ist.

© Hans Lauber
Begeistern mit großer Gasthausküche: Petra und Reinhard Kiechle

Das große Gans-Rezept

Man nehme: Einen offenen Bräter, am Besten eine Fettpfanne mit Rost. Die vier bis fünf Kilo schwere Gans wird innen und außen gesalzen. Dann wird sie komplett, aber locker gefüllt mit: Äpfeln, Beifuß (gut für die Bekömmlichkeit), trockenes Brot, reichlich Petersilie. Kräftig zubinden. Jetzt wird die Gans auf der Brustseite in den Bräter gelegt, es wird ein halber Liter Wasser angegossen. Bei 200 bis 220 Grad rund eine Stunde braten, dann wenden und noch einmal rund eineinhalb Stunden braten – solange bis aus der Brust kein roter Saft mehr austritt.

Nun eine Stunde bei Zimmertemperatur ruhen lassen. Anschließend die Gans halbieren, wofür schweres Gerät notwendig ist. Reinhard Kiechle verwendet eine Baumschere. Vor dem Servieren noch einmal eine halbe Stunde volles Rohr: Also bei 250 Grad Ober- und Unterhitze in den Ofen schieben, damit das Geflügel schön knusprig wird.

Während dieser letzten halben Stunde lassen sich Maronen, Rotkraut und Knödel fertig zubereiten, wie es bei den Gerichten geschildert ist.

Wem das zu aufwendig ist, der gehe ins „Lamm“ wo die “Vierer-Gans”, also für vier Leute, zusammen mit den Vorgerichten 160 Euro kostet.

Fazit: Wer Gänse mag, muss einmal in seinem Leben eine Kiechle-Gans gegessen haben.

Falls es die Gans in dieser Form nicht mehr gibt, lohnt ein Ausflug ins „Lamm“ trotzdem: Denn es warten hier wunderbare ursprüngliche Köstlichkeiten wie Vorarlberger Kalbsbratwürst (Vieles bezieht Reinhard Kiechle direkt aus dem nahen Vorarlberg), ein Schweinsbraten mit Biersauce, saure Kalbsnierle, ein Allgäuer Hirschrücken an schwarzem Holundersößle, aber auch ein Klassiker wie Russische Eier. Guten Appetit!

“Lamm”, Sängerstraße 50, 88 069 Tettnang/Im Kau, 075 42/47 34. Montag Ruhetag, sonst mittags und abends geöffnet. Unbedingt reservieren! www.lamm-im-kau.de


von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de

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