Pens und Messgeräte: vermeidbare Fehler bei der Handhabung

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Pens und Messgeräte: vermeidbare Fehler bei der Handhabung

Insulinpens und Geräte, mit denen Sie den Blutzucker selbst messen, sind relativ unkompliziert in der Handhabung. Trotzdem sind sie gute Beispiele für falsch bedienbare und damit erklärungsbedürftige Systeme. Wie Sie richtig messen und einen Insulinpen korrekt bedienen, sagt Ihnen Apotheker Dr. Wolfgang Kircher.

Bei Insulinpens gibt es vier unterschiedliche Bautypen: Fertigpens, wiederbefüllbare Pens ohne Federmechanik, halbautomatische Pens und vollautomatische Pens (siehe Tab. 1). Außer diesen Pens gibt es noch ein motorgetriebenes Modell (Pendiq, Zulassung für Insuline von Berlin-Chemie, Lilly und Sanofi),bei dem die Insulindosis nicht mit Fingerkraft eingestellt und abgegeben wird, sondern durch einen Motor, der von einem Mikrochip gesteuert wird.

Wer einen Insulinpen benutzt, muss z. B. darauf achten, dass Insulinampulle und Pennadel (Kanüle) zum Pen passen und dass die Insulindosis richtig eingestellt wurde.

So bereiten Sie die Insulininjektion vor

Insulinampullen dürfen Sie nur in die dafür vorgesehenen Penmodelle einsetzen – denn äußerlich gleich aussehende Patronen verschiedener Hersteller können sich durchaus unterscheiden, z. B. im inneren Patronendurchmesser oder dem Schraubgewinde für die Kanüle. Ob nicht geprüfte Kombinationen aus Pen und Patrone einwandfrei funktionieren, ist nicht sicher.

Im Gegensatz dazu können Sie alternativ zu den Originalkanülen eines Pens auch andere Kanülen (Pennadeln) verwenden. Voraussetzung dafür ist, dass die Kanülen für den Pen geeignet sind, was auf der Kanülenpackung steht. Tipp: Wer feinmotorisch eingeschränkt ist und den zur Injektion erforderlichen Daumendruck nur mit Mühe aufbringen kann, sollte nicht die sehr dünnen Pennadeln (Durchmesser 0,25 mm) mit hohem Durchflusswiderstand verwenden, sondern solche mit 0,30 oder 0,33 mm Durchmesser.

Insulin: richtige Lagerung und Umgang mit Suspensionen

Die Vorräte an Insulinpatronen und Einmalpens müssen im Kühlschrank bei +2 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Ein bis zwei Stunden vor dem Einsetzen in den Pen bzw. vor dem Aufschrauben der Kanüle sollten Sie Penpatronen aus dem Kühlschrank nehmen, damit Sie Luftblasen, die sich bei Raumtemperatur aus der gelösten Luft in der Patrone bilden, erkennen und entfernen können. Pens, die gerade im Gebrauch sind, sollten Sie bei Raumtemperatur lagern.

Sieht das Insulin milchig aus, handelt es sich um eine Insulinsuspension. Um diese Suspension zu durchmischen, müssen Sie den Pen vor jedem Gebrauch etwa 20 mal langsam kippen bzw. um 180 Grad schwenken, bis eine völlig gleichmäßige Trübung des Insulins erreicht ist. Die Insulinpatronen von Berlin-Chemie, Novo Nordisk, Lilly und Sanofi enthalten eine oder mehrere kleine Kügelchen aus Glas oder Stahl, die den Mischvorgang wirkungsvoll unterstützen.

Die Insulindosierung

Die Insulindosis stellen Sie durch schrittweises Drehen des Dosierknopfes oder eines Drehschalters ein, wobei Sie jeden Drehschritt (“Klick”) deutlich sicht-, spür- und hörbar mitverfolgen können. Novo Nordisk rät wegen des Risikos von Fehldosierungen jedoch grundsätzlich davon ab, nur die Klickgeräusche mitzuzählen.

Welche Dosis Sie gewählt haben, wird bei den verschiedenen Penmodellen analog oder digital angezeigt. Bei einer analogen Anzeige steht ein Markierungszeichen einer drehbaren Skala gegenüber, bei der Digitalanzeige werden die Ziffern durch ein zweistelliges LC-Display erzeugt oder – ähnlich der Analoganzeige – durch eine drehbare Skala mit Sichtfenster. Bei Penmodellen mit LC-Display können Sie noch eine gewisse Zeit nach der Injektion die Anzeige der zuletzt gespritzten Insulindosis ablesen.

Das Modell Pendiq zeigt Datum, Uhrzeit und Dosis der letzten 195 Injektionen. Die Modelle NovoPen 5 und NovoPen Echo verfügen neben der Drehskala mit Sichtfenster über ein zusätzliches LC-Display im Dosierknopf, das nach dem Herausziehen und Wiedereindrücken des Dosierknopfes die jeweils zuletzt gespritzte Dosis anzeigt. Zudem wird durch Kreissegemente abgebildet, wie viele Stunden die letzte Injektion her ist.

So injizieren Sie das Insulin korrekt

Bevor Sie den Pen benutzen, sollten Sie sich gründlich die Hände waschen. Ein Säubern bzw. Desinfizieren der Injektionsstelle mit alkoholgetränkten Tupfern wird bei hygienebewussten Diabetikern aber nicht mehr als notwendig erachtet.

Vor dem eigentlichen Injizieren müssen Sie eventuell vorhandene Luft aus der Patrone entfernen. Dazu stellen Sie eine Dosis von ein bis zwei Einheiten ein und achten beim Auslösen der Abgabe darauf, ob ein Insulintropfen an der Kanülenspitze austritt. Wenn nötig, müssen Sie dies mehrmals wiederholen, bis ein Insulintropfen erscheint. Der Pen wird dabei senkrecht gehalten, mit nach oben zeigender Kanüle.

Die richtigen Injektionsstellen wählen

Als Injektionsareale sollten Sie Hautpartien mit ausreichendem Fettgewebe bevorzugen, wie

  • die seitlichen Bauchdeckenfalten in Höhe und unterhalb des Nabels,
  • die Außenseiten der Oberschenkel sowie
  • die oberen und äußeren Partien des Gesäßes.

Im Bauchareal darf nicht oberhalb der untersten Rippe gestochen werden und um den Nabel sollte ein mindestens drei Zentimeter breiter Ring freigelassen werden. An den Oberschenkelaußenseiten ist eine Handbreit über dem Knie freizulassen. In die Oberarme sollten Sie nicht spritzen, weil Sie selbst keine korrekte Hautfaltung erreichen können. Das Risiko einer versehentlichen Injektion in den Muskel ist hier besonders hoch.

Bauch und Oberschenkel reichen jedoch bei den modernen, sehr dünnen Kanülen in der Regel als Injektionsgebiete aus. Sie dürfen aber immer nur in die untere Hautschicht stechen, also nicht tiefer als 7 mm bei ungefalteter Haut.

Injektionsstellen systematisch nach Plan wechseln

Die Injektionsstellen sollten Sie nicht wahllos, sondern systematisch und nach Plan wechseln. Der Grund: Im Unterhautgewebe sind die kleinen Blutgefäße in den verschiedenen Injektionsarealen unterschiedlich verteilt. Deshalb wird das Insulin aus verschiedenen Arealen unterschiedlich schnell ins Blut aufgenommen – es gelangt z. B. deutlich rascher aus der Bauchregion in die Blutbahn als nach der Injektion in den Oberschenkel.

Günstig ist es daher, das Basalinsulin in den Oberschenkel und das Mahlzeiten- bzw. Korrekturinsulin in die Bauchdecke zu spritzen. Innerhalb jedes Areals sollten die Einstichstellen mindestens 2,5 cm voneinander entfernt sein. In genau dieselbe Stelle sollte möglichst nur etwa einmal pro Monat injiziert werden.

Penkanülen sind in Längen von 4 bis 12 mm lieferbar. Allerdings werden Kanülenlängen von über 8 mm für Kinder und über 10 mm für Erwachsene, die noch vor einiger Zeit üblich waren, heute in der Regel als zu lang angesehen, da sie das Risiko erhöhen, versehentlich in den Muskel zu spritzen. Kürzere Kanülen (4 oder 5 mm) sind für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignet. Bei diesen Längen können Sie die Kanüle senkrecht einstechen, ohne eine Hautfalte zu bilden. Auch brauchen sie bei kurzen Kanülen weniger Fingerkraft zum Injizieren.

Nach der Injektion sollten Sie die Verschlusskappe stets auf den Pen setzen – sie schützt nicht nur den Pen selbst, sondern schirmt auch die transparente Insulinpatrone vor Licht ab.

Verwenden Sie Penkanülen nur einmal

Die sterilen Penkanülen sind grundsätzlich nicht dazu bestimmt, mehrfach verwendet zu werden. Es sind Einmalprodukte, und die Hersteller haften daher nicht für Schäden, die durch mehrmalige Verwendung entstehen.

Aber es hat auch medizinische Gründe, dass Sie eine Einmalkanüle wirklich nur einmal verwenden sollten: Die Spitzen sind facettenförmig angeschliffen und ermöglichen so ein schmerzarmes, die Haut wenig verletzendes Einstechen. Wird die Kanüle aber mehrmals benutzt, wird sie weniger scharf und der vorderste Teil der Kanülenspitze verformt sich. Außerdem wird der Film aus Silikonöl entfernt, der mit für einen schmerzfreien Einstich sorgt. Durch diese Veränderungen wird die Haut stärker verletzt – und die Injektion schmerzhafter.

Zudem trocknet das Insulin in der Kanüle ein, wenn sie mehrmals benutzt wird und kann so die Kanüle teilweise oder ganz verstopfen. Die Folgen: Man braucht mehr Kraft für die Injektion bzw. es dauert deutlich länger, bis das Insulin austritt, weil der freie Kanülendurchmesser geringer ist.

Insbesondere bei Insulinsuspensionen und langsam wirkenden Insulinanaloga (z. B. Lantus, Levemir) zeigt sich eine erhöhte Tendenz zum Verkleben der Kanüle. Auch bildet sich unter Umständen eine größere Luftblase in der Insulinpatrone, wenn die Kanüle über mehrere Tage benutzt wird – und das kann dazu führen, dass zu wenig Insulin injiziert wird (Unterdosierung).

So bedienen Sie ein Blutzuckermessgerät

In der Tabelle 2 sehen Sie, welche Fehler beim Umgang mit Blutzuckermessgeräten häufig vorkommen. Fehlerquellen sind die falsche Handhabung der Teststreifen, der nicht korrekte Umgang mit dem Messgerät und die fehlerhafte Blutentnahme.

Teststreifen enthalten Enzyme und sind deshalb empfindlich gegenüber erhöhter Luftfeuchtigkeit. Sie dürfen sie daher erst unmittelbar vor dem Messen aus der Dose mit Trockenmittel entnehmen und müssen die Dose danach sofort wieder verschließen. Und: Das Haltbarkeitsdatum der Streifen darf nicht – auch nicht nur für kurze Zeit – überschritten sein, da die erforderliche Messgenauigkeit dann nicht mehr gegeben ist. Nicht alle Blutzuckermessgeräte zeigen bei feuchten oder verfallenen Teststreifen eine Fehlermeldung!

Ein Grund für falsche Messwerte kann auch sein, dass die Maßeinheit (mg/dl oder mmol/l) in Geräten, in denen ein Umstellen möglich ist, versehentlich verstellt wurde. Achten Sie auch auf die Umgebungstemperatur: Die meisten Messgeräte funktionieren ordnungsgemäß bei einer Temperatur zwischen 5 und 45 °C. Wärmer oder kälter kann es aber sein, wenn Sie das Gerät z. B. während einer Skitour im Rucksack aufbewahren oder im überhitzten Pkw liegen lassen. Die meisten Geräte zeigen jedoch eine Fehlermeldung an.

Häufige Fehler bei der Blutentnahme

Die häufigste Ursache für falsch gemessene Blutzuckerkonzentrationen sind wohl Fehler bei der Blutentnahme: Manchmal wird die Fingerbeere zu stark zusammengedrückt, dadurch verdünnt herausgepresstes Gewebewasser die Blutprobe. Das können Sie vermeiden, indem Sie Ihre Finger mit warmem Wasser waschen oder sie leicht massieren – das macht es leichter, einen ausreichend großen Blutstropfen durch nur leichtes Drücken der Fingerbeere zu gewinnen. Natürlich muss die Stelle der Blutentnahme dabei völlig sauber und trocken sein.

Patienten, deren Sehvermögen und/oder deren Feinmotorik eingeschränkt ist, haben oft Probleme, ihren Pen oder ihr Blutzuckermessgerät zu bedienen. Darüber sollten sie ihren Arzt oder Apotheker umgehend informieren. Oftmals lassen sich solche Probleme verringern oder beseitigen, indem die Bedienungsschritte in einem fachlich akzeptablen Rahmen vereinfacht werden oder zu einem anderen Gerät gewechselt wird.

Schwerpunkt Medikamente richtig einsetzen

von Dr. Wolfgang Kircher
Fachapotheker für Allgemeinpharmazie und Arzneimittelinformation
Ulrich-Apotheke, Hauptstraße 116, 82380 Peißenberg
Tel.: 0 88 03/8 60, E-Mail: info@apotheken-dr-kircher.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (11) Seite 30-33

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