Pflanzlicher Wirkstoff gegen den ständigen Hunger?

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Pflanzlicher Wirkstoff gegen den ständigen Hunger?

Ein pflanzlicher Wirkstoff aus der chinesischen Medizin zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Gewichtsreduktion, wie das Helmholtz Zentrums München berichtet. Sollte sich der Celastrol genannte Wirkstoff auch in klinischen Studien beweisen, wäre er eine neue Behandlungsoption gegen krankhaftes Übergewicht.

Mindestens fünf bis zehn Prozent weniger Gewicht im Jahr – das empfiehlt die Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“ für Menschen mit krankhaftem Übergewicht je nach Body-Mass-Index. Doch trotz zahlreicher Diät- und Lifestyle-Angebote erreichen nur wenige dieses Ziel. „Dabei wäre das Unterschreiten dieser magischen Grenze so wichtig, führt es doch zu einer Verbesserung des Stoffwechsels und metabolischen Begleiterkrankungen wie beispielsweise Typ-2-Diabetes“, erklärt Dr. Paul Pfluger, Letztautor und Leiter der aktuellen Studie.

Ihm und seinem Team der Abteilung Neurobiologie des Diabetes am Helmholtz Zentrum München ist es nun gelungen, einen Beitrag zur Entwicklung neuer Anti-Adipositas-Medikamente zu leisten. Sie konnten in der im Fachmagazin „Diabetes“ publizierten Studie zeigen, dass der in der chinesischen Medizin verwendete pflanzliche Wirkstoff Celastrol zu einem deutlichen Gewichtsverlust und zu einer Verbesserung des Diabetes bei fettleibigen Mäusen führt.

Wirkstoff schaltet das Sättigungsgefühl wieder an

Die Münchner Forscher konnten nachweisen, dass Celastrol spezifisch Sättigungszentren im Gehirn aktiviert, die bei der Steuerung des Körpergewichtes eine zentrale Rolle spielen. Katrin Pfuhlmann, Doktorandin und Erstautorin der Studie, beschreibt die Wirkung wie folgt: „Celastrol reaktiviert die körpereigenen Mechanismen zur Gewichtssteuerung, die bei Fettleibigkeit sonst aussetzen. Normalerweise verlieren die Betroffenen ihr Sättigungsgefühl, da das entsprechende Hormon Leptin nicht mehr wirkt. Der von uns untersuchte Wirkstoff Celastrol stellt die Leptin-Sensitivität und damit die Sättigung wieder her.“

Tatsächlich beobachteten die Forscher ein deutlich verändertes Essverhalten bei den übergewichtigen Tieren. „Die Gabe von Celastrol führte im Mausmodell zu einer deutlich geringeren Nahrungsaufnahme“, berichtet Paul Pfluger. „Entsprechend konnten wir binnen einer Woche einen durchschnittlichen Verlust von rund zehn Prozent Körpergewicht feststellen.“

Inwiefern sich die Befunde auch beim Menschen bestätigen lassen, sei noch unklar, so die Autoren. Studienleiter Pfluger ist aber zuversichtlich: „Das Sättigungshormon Leptin wirkt im Menschen und der Maus nahezu identisch, Celastrol hat also großes Potential.“ Die zum Abnehmen notwendige Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und Lebensumstände werde Celastrol zwar nicht ersetzen, es könne aber den Patienten bei seinen Bemühungen um eine nachhaltige Gewichtsreduzierung unterstützen. „Derzeit laufen in den USA klinische Studien dazu, auf erste Daten daraus sind wir sehr gespannt“, so Pfluger abschließend.

Einblicke in die Wirkweise von Celastrol

Die Arbeit bestätigt damit eine Studie aus dem Jahr 2015 und gibt Einblicke in die Wirkweise von Celastrol: Den Mechanismus über Leptin konnten die Wissenschaftler demonstrieren, indem sie Mäuse ohne Leptin-Rezeptor beobachtete, hier zeigte Celastrol keine Wirkung mehr. Zudem konnten die Forscher in der Arbeit einen weiteren möglichen Wirkmechanismus über das uncoupling protein 1 (UCP1) ausschließen.

Leptin ist ein vom Fettgewebe gebildetes Hormon, das über eine Aktivierung der Leptin-Rezeptoren im Gehirn ein Sättigungsgefühl auslöst. In adipösen Mäusen und Menschen ist Leptin zwar in hoher Konzentration im Blut vorhanden, kann aber die Rezeptoren aufgrund einer Resistenz nicht aktivieren. Letztendlich führt dies zur fehlenden Kontrolle der Nahrungsaufnahme, mit den bekannten Folgen wie Adipositas und Typ-2-Diabetes.

Der Wirkstoff Celastrol entstammt Wilfords Dreiflügelfrucht (siehe Foto oben), einem Vertreter der Spindelbaumgewächse aus Südchina. Bisher fiel die Substanz vor allem durch antientzündliche Wirkung auf.


Quelle: Pressemitteilung des Helmholtz Zentrum München (HZM) – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt | Redaktion

Foto von Michael Wolf/Wikimedia Commons. Lizenz: CC BY-SA 3.0

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