Risikotest kann Entgleisung des Stoffwechsels verhindern

2 Minuten

© Fotolia
Risikotest kann Entgleisung des Stoffwechsels verhindern

Bei jedem dritten Krankheitsfall wird Typ-1-Diabetes erst aufgrund einer Ketoazidose, einer lebensgefährlichen Stoffwechselentgleisung, erkannt. Früherkennungstests könnten Ketoazidosen bei der Diagnose verhindern; außerdem laufen derzeit einige Präventionsstudien, für die zum Teil noch Teilnehmer gesucht werden.

Die Ketoazidose ist die führende Todesursache bei Kindern mit Typ-1-Diabetes. Der Diabetes verläuft über Monate – manchmal Jahre – unerkannt. Symptome wie übermäßiger Durst, häufiges Wasserlassen oder starke Gewichtsabnahme treten erst auf, wenn schon 80 Prozent der Insulin produzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse durch den Angriff der körpereigenen Antikörper zerstört sind und der Körper den Blutzucker nicht mehr regulieren kann.

Frühe Antikörpererkennung möglich

Allerdings lassen sich im Blut schon Jahre vorher Autoantikörper nachweisen. Diese Autoantikörper sind Indikatoren für die Autoimmunerkrankung im Blut. Liegen mindestens zwei Autoantikörper vor, entwickeln nahezu 100 Prozent der Betroffenen innerhalb von 20 Jahren einen Typ-1-Diabetes, der durch Insulinzufuhr behandelt werden muss. Dies ergaben Auswertungen des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München. Die Forscher sammelten und analysierten weltweit Daten zu 13.777 Studienteilnehmern aus Risikofamilien über einen Zeitraum von 20 Jahren.

Milder Verlauf bei früher Diagnose

„Leider beginnt die Laufbahn eines Typ-1-Diabetikers häufig auf der Intensivstation“, so Prof. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung und Inhaberin des Lehrstuhls für Diabetes und Gestationsdiabetes der Technischen Universität München. Dies ließe sich mit Hilfe eines einfachen Risikotests verhindern. Daher hat die praktizierende Diabetologin und Diabetesforscherin das Pilotprojekt Fr1da unter Schirmherrschaft der Bayerischen Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, initiiert.

Lebensbedrohliche Ketoazidosen können verhindert werden

Bayernweit bieten Pädiater für Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren diesen einmaligen Bluttest an. „Die frühe Diagnose soll in erster Linie dazu dienen, lebensbedrohliche Ketoazidosen zu verhindern und die Familien mit psychologischer Unterstützung und mit Schulungsmaßnahmen auf die Erkrankung und ihre Therapie bestmöglich vorzubereiten“, sagt Ziegler.

„Ein Inselautoantikörper-Screening kann das Auftreten von Ketoazidosen nachweislich verhindern und den Krankenhausaufenthalt bei Ausbruch des Typ-1-Diabetes verkürzen. Außerdem lässt sich ein Diabetes besser behandeln, wenn er frühzeitig diagnostiziert wird“.

Kostenloser Risikotest für Verwandte von Betroffenen

Junge Verwandte von Typ-1-Diabetikern können ebenfalls von einem Risikotest profitieren: Diesen Risikopersonen bietet das Institut für Diabetesforschung in Zusammenarbeit mit dem internationalen Forschungsprogramm TrialNet (Natural History Study, NHS) eine kostenlose Blutuntersuchung an, sofern sie nicht älter als 20 Jahre beziehungsweise bei erstgradiger Verwandtschaft nicht älter als 45 Jahre sind. Ebenso wie bei Fr1da wird Blutserum auf vier Autoantikörper untersucht, die einen Typ-1-Diabetes ankündigen: Autoantikörper gegen das Insulin (IAA), gegen Glutamat-Decarboxylase (GADA), Tyrosin-Phosphatase (IA2-A) und gegen den Zinktransporter 8 (ZnT8-A). Ein genetischer Test ermittelt außerdem, ob Diabetes-Risikogene vorliegen.

Prävention von Typ-1-Diabetes

Wer um sein Erkrankungsrisiko weiß, hat gegebenenfalls die Möglichkeit, an einer Präventionsstudie des Instituts für Diabetesforschung teilzunehmen. Präventionsstudien verfolgen das Ziel, entweder den Krankheitsausbruch zu verhindern oder hinauszuzögern oder zumindest den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Abhängig davon, wie weit die Autoimmunität bereits fortgeschritten ist, richten sie sich an verschiedene Zielgruppen:

  • Studien zur Primärprävention: Impfstudien mit Insulin sollen bei Risikopersonen, die noch keine Autoantikörper gebildet haben, die Entstehung von Typ-1-Diabetes verhindern. (PrePoint-Studie, Rekrutierung von Studienteilnehmern abgeschlossen)
  • Studien zur Sekundärprävention: Bei Personen, bei denen Autoantikörper im Blut nachweisbar, jedoch noch keine Symptome aufgetreten sind, soll der Autoimmunprozess aufgehalten werden. (Oral Insulin Studie, ABATACEPT-Studie)
  • Studien zur Tertiärprävention: Bei Personen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes soll die Restfunktion der Betazellen möglichst lange erhalten werden. (Albiglutide-Studie)

Wer sich für eine Typ-1-Diabetes-Präventionsstudie und/oder einen Diabetes-Risikotest interessiert, kann sich unverbindlich an das Institut für Diabetesforschung wenden unter:
Tel.: 0800/828 48 68 (kostenfrei)
E-Mail: prevent.diabetes@lrz.uni-muenchen.de


Quelle: Meldung Forschergruppe Diabetes der Technischen Universität München

Ähnliche Beiträge

Lea Raak im Interview: Durch Community zurück ins Leben

Lea Raak lebt seit dem Jahr 2011 mit einem Typ-1-Diabetes. Viele Fragen taten sich nach der Diagnose auf – und eine gewisse Verzweiflung. Die Community hat ihr zurück ins Leben geholfen: „Ich tue mein Bestes und alles andere kommt, wie es kommt.“

11 Minuten

#dedoc° voices meet DDG: die Patienten-Perspektive beim Diabetes Kongress

Im zweiten Teil der Berichte der #dedoc° voices vom diesjährigen Diabetes Kongress kommen weitere Menschen mit Diabetes zu Wort, die im Mai die Fachtagung in Berlin besucht haben, um ihre Perspektive einzubringen.

9 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert