Schulgesundheitsfachkräfte: Kampagne macht auf den dringlichen Bedarf aufmerksam

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Kampagne #InklusionStattAusgrenzung macht auf Social Media auf den Bedarf für Schulgesundheitsfachkräfte aufmerksam
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Schulgesundheitsfachkräfte: Kampagne macht auf den dringlichen Bedarf aufmerksam

Immer mehr Kinder und Jugendliche leben mit psychischen und chronischen Erkrankungen. Sie benötigen häufig pflegerische oder medizinische Betreuung – auch in der Schule. Diese Unterstützung könnte von Schulgesundheitsfachkräften übernommen werden. Doch medizinisch geschultes Fachpersonal wird im aktuellen Schulsystem nicht finanziert. Um die Entscheider in der Politik, aber auch die breite Öffentlichkeit auf den Bedarf für Schulgesundheitsfachkräfte aufmerksam zu machen, hat eine wissenschaftliche Allianz aus verschiedene Organisationen die Kampagne #InklusionStattAusgrenzung ins leben gerufen.

15 Prozent der Kinder leben mit chronischen körperlichen oder psychischen Erkrankungen wie Verhaltensstörungen, Allergien oder Diabetes „Lehrkräfte sind zunehmend überfordert. Sie sind für medizinische Themen weder ausgebildet noch zuständig“, sagt Professor Dr. med. Andreas Neu, Past-Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und kommissarischer ärztlicher Direktor an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. Modellprojekte, Erfahrungen anderer Länder und Studien zeigen: Schulgesundheitsfachkräfte entlasten das Schulsystem, Eltern und Kinder erheblich. „Einerseits können sie sich um die einfache medizinische Grundversorgung wie aufgeschlagene Knie oder Nasenbluten kümmern und für Gesundheitsaufklärung sorgen. Andererseits leisten sie einen wertvollen und kompetenten Beitrag für Kinder mit täglichem Unterstützungsbedarf, entlasten somit Familien und Lehrpersonal und verhindern damit die Diskriminierung von chronisch kranken Kindern“, führt Neu aus.

Schulgesundheitsfachkräfte können z.B. Kindern mit Diabetes unterstützen und die Lehrkräfte entlasten

Von medizinisch ausgebildetem Personal an Schulen profitieren ganz besonders Kinder, die durch ihre chronische Erkrankung besondere Hilfestellung im Alltag benötigen. Untersuchungen zeigen, dass aktuell fast ein Viertel der Schulkinder eine weitergehende medizinische oder therapeutische Unterstützung benötigt. „Bei einem Diabetes Typ 1 muss beispielsweise die Insulindosierung und die körperliche Bewegung exakt aufeinander abgestimmt werden, um gesundheitliche Komplikationen wie eine lebensgefährliche Unterzuckerung zu vermeiden“, erklärt PD Dr. med. Thomas Kapellen von der AGPD.

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Trotz der zunehmenden Technologisierung in der Therapie seien Grundschulkinder in der Regel mit den Anforderungen ihrer Erkrankung überlastet. „Sie können ihren Diabetes nicht vollständig allein managen, weil sie komplexe Zusammenhänge nicht allein überblicken können – ebenso wenig das Lehrpersonal.“ Je weniger sich chronische Erkrankungen durch ihre individuellen Anforderungen in die Lebenswirklichkeit der Schulen einbinden lassen, desto größer ist die Gefahr, dass die betroffenen Kinder schulische Ausgrenzung erleben. „Schlimmstenfalls müssen sie entgegen ihren Fähigkeiten auf den Besuch von Regelschulen verzichten, nur weil niemand sich für ihre Gesundheitsfürsorge zuständig fühlt“, gibt Kapellen zu Bedenken.

Kampagne #InklusionStattAusgrenzung macht auf Social Media auf den Bedarf für Schulgesundheitsfachkräfte aufmerksam

Um Ihren Kindern den Besuch einer Regelschule zu ermöglichen, springen häufig die Mütter ein, wie die AMBA-Studie (AMBA-Projekt: Alltagsbelastungen der Mütter von Kindern mit Typ-1-Diabetes: Auswirkungen auf Berufstätigkeit und Bedarf an Unterstützungsleistungen im Alltag) zeigte. „Die von uns unterstützte AMBA-Studie belegt, dass 39 Prozent der Mütter von Kindern mit Typ-1-Diabetes den Umfang ihrer Arbeitszeit reduzieren. 10 Prozent gaben nach der Diabetesdiagnose ihres Kindes ihre Berufstätigkeit sogar gänzlich auf, um das Kind in Kita und Schule mitzuversorgen. Es darf nicht sein, dass eine Diabetesdiagnose insbesondere bei Müttern mit Karriereknick und Armutsrisiko einhergeht. Schulgesundheitsfachkräfte würden dies ändern“, sagt Dr. med. Jens Kröger, Diabetologe und Vorstandsvorsitzender der Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

Trotz der offensichtlichen Vorteile von Gesundheitsfachkräften an Schulen fehlen noch immer ein klares Bekenntnis und der entschiedene Wille seitens der Politik, medizinisches Fachpersonal an deutschen Schulen einzusetzen und Kinder mit chronischen Erkrankungen besser in die Regelschulen zu integrieren. Deshalb starten die Organisationen DDG und ihre Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie sowie diabetesDE, DGSPJ, ACHSE e. V., BeKD e. V., Diabetes-Kids.de und DGKJ eine Online-Kampagne (siehe folgenden Kasten), um mehr öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Problem zu lenken. Unter dem Hashtag #InklusionStattAusgrenzung können Interessierte auf X (ehem. Twitter), LinkedIn und Facebook die Kampagne mitverfolgen und unterstützen. Material kann bei den jeweiligen Pressestellen der involvierten Organisationen angefragt werden.

Die Kern-Forderungen der Kampagne #InklusionStattAusgrenzung:
  • Inklusion statt Ausgrenzung!
    Schulgesundheitsfachkräfte tragen zur Inklusion chronisch kranker Kinder an Schulen bei.
  • Zeitenwende in der Schule!
    Schulgesundheitsfachkräfte entlasten Eltern, Lehrer*innen und Erzieher*innen im Schulalltag.
  • Chronische Krankheit? Das pack ich!
    Schulgesundheitsfachkräfte unterstützen Kinder und Jugendliche beim Selbstmanagement ihrer Erkrankung.
  • Schule für alle!
    Chronisch kranke Kinder haben ein Recht auf Beschulung – unabhängig von ihrer Erkrankung.


von Redaktion Diabetes-Anker

mit Materialien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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