Tiefkühlkost

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© Kirchheim/Bernhard Kölsch
Tiefkühlkost

Die Deutschen essen jährlich insgesamt 45 kg Lebensmittel aus dem Froster. Besonders beliebt ist dabei Pizza, bevorzugte Sorte: Salami – laut Statistik isst jeder Bundesbürger mindestens 12 davon pro Jahr. Fett- und kalorienfreundlicher als Pizza ist Tiefkühlgemüse: Hier liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei rund 6,3 kg pro Jahr. Es spricht einiges dafür, öfter mal etwas aus der Gefriertruhe zu essen. Welche Auswahl lohnt sich besonders? Worauf kommt es beim Handling mit Produkten aus dem Eis an?

Tiefkühlspinat, Eiscreme, gefrorenes Fleisch: Wir wollten wissen, welche Praxistipps zum richtigen Umgang mit Lebensmitteln wichtig sind. Die Ernährungswissenschaftlerin Claudia Sommer erklärt, worauf es ankommt; sie ist Referentin für Ernährung, Qualitätsmanagement und Verbraucherservice beim Deutschen Tiefkühlinstitut (dti) in Berlin.


DJ: Frau Sommer, was sind typische Fehler bei der Lagerung?
Sommer: Entscheidend für die Qualität von Tiefkühlprodukten ist, dass die Tiefkühlkette nicht unterbrochen wird. Um einzuschätzen, ob auch im Lebensmittelhandel sorgfältig mit der TK-Ware umgegangen wurde, sollte man beim Kauf die Augen offenhalten und die Verpackung des gewünschten Produktes kontrollieren. Empfehlenswert ist es, nur unversehrte Packungen zu kaufen. Sind Faltschachteln an den Ecken eingedrückt oder haben Folien bereits Risse, ist es besser, sie nicht zu kaufen.

Auch der Zustand der Verkaufstruhe gibt Aufschluss: Gepflegte Gefriertruhen oder -schränke sind sauber und ohne Eisschicht. Die Temperaturanzeige zeigt eine Temperatur von mindestens -18 °C, und die Stapelhöhe ist nicht überschritten. Für Einkauf und Transportweg gilt: Tiefgekühltes erst zum Ende des Einkaufs in den Wagen legen, im Idealfall in eine wiederverwendbare Isolier- oder Kühltasche. So ist alles praktisch für den Heimtransport verpackt. Dicht aneinander gelegte Tiefkühlpackungen bieten optimalen Kälteschutz. Tiefkühlprodukte, die nicht sofort verzehrt werden, sollten als Erstes im Gefriergerät eingelagert werden.

DJ: Wie entsteht Gefrierbrand, und was hat es mit No-Frost-Geräten auf sich?
Sommer: Bei Gefrierbrand handelt es sich um ausgetrocknete Stellen an gefrorenen Lebensmitteln. Undichte oder nicht eng anliegende Verpackungen führen zum Austrocknen des gefrorenen Nahrungsmittels, denn Wasser verdunstet auch bei tiefen Temperaturen. Luft dringt in die Verpackung ein und trocknet das Gefriergut aus. An den Stellen, die der Frischluft ausgesetzt sind, bilden sich dann unschöne schwarz-graue Verfärbungen.

Auch Temperaturschwankungen, die oft beim Transport entstehen, können bei unzureichender Verpackung zu Gefrierbrand führen. Beim Auftauen oder Zubereiten nehmen die ausgetrockneten Stellen kein Wasser mehr auf, sondern bleiben zäh und ledrig. Gefrierbrand tritt hauptsächlich bei Fleisch und Fisch auf, aber auch bei küchenfertigen Rohprodukten wie Bohnen. Die No-Frost-Technologie verhindert, dass das Gefriergerät vereist, und erspart das lästige Abtauen, aber auch die Reifbildung auf den Tiefkühlprodukten.

DJ: Sollen tiefgekühlter Spinat und Champignons nach dem ersten Erhitzen nicht erneut aufgewärmt werden?
Sommer: Spinat gehört zu den nitratreichen Gemüsesorten. Nitrat kann durch längeres Warmhalten zu Nitrit werden – und dieses eventuell im Magen zu Nitrosaminen, die eine möglicherweise krebserregende Wirkung auf den Körper haben können. Darum sollten Spinatreste nicht bei Zimmertemperatur aufbewahrt, sondern sofort im Kühlschrank gelagert werden. Wird der Spinatrest kurz und zügig aufgewärmt, ist der Verzehr unbedenklich. Lediglich Säuglingen und Kleinkindern sollte kein aufgewärmter Spinat angeboten werden.

Frische oder aufgetaute Pilze sind leicht verderbliche Lebensmittel. Die alte Haushaltsregel,dass Champignons nach dem ersten Erhitzen nicht mehr verzehrt werden dürfen, gilt heute nicht mehr. Da sich Champignons bzw. Pilze allgemein hauptsächlich aus Wasser und Eiweiß zusammensetzen, sind sie sehr anfällig für die Zersetzung unter dem Einfluss von Sauerstoff und Bakterien. Die beim Abbau der Eiweiße entstehenden Stoffe können gesundheitsschädlich sein. Wärme begünstigt diesen Zersetzungsprozess.

Durch die Aufbewahrung im Kühlschrank lassen sich diese Abbauvorgänge jedoch verlangsamen: Werden Pilzgerichte also nach dem Zubereiten schnell abgekühlt und entsprechend kühl gelagert, kann man Pilze aufwärmen, ohne dass die Gesundheit gefährdet wird. Auf keinen Fall sollte ein Pilzgericht nach dem Abkühlen noch lange Zeit bei Zimmertemperatur aufbewahrt werden. Auch das längere Warmhalten auf der Herdplatte kann die schädlichen Abbauprozesse in Gang setzen und beschleunigen. Im Idealfall verzehrt man die Champignons möglichst bald nach dem Braten, Dünsten oder Kochen. Die Reste eines Pilzgerichtes müssen auf mindestens 70 °C erhitzt werden. So werden potenziell schädliche Keime abgetötet und das Pilzgericht kann bedenkenlos gegessen werden.

DJ: Auftauen bei Zimmertemperatur oder im Kühlschrank, z. B. Geflügel, Fleisch oder Gemüse: Was ist sinnvoller?
Sommer: Aus hygienischen Gründen sollten Geflügel, Fisch und Fleisch in einer Schale getrennt von anderen Lebensmitteln langsam im Kühlschrank aufgetaut werden, und nicht bei Zimmertemperatur. Die Auftauflüssigkeit von Fleisch kann beim Braten mit verwendet werden. Der Fleischsaft sollte bis zum Zubereiten der Sauce im Kühlschrank aufbewahrt und die Sauce gut durchgekocht werden. Wichtig beim Auftauen von rohem Geflügel ist, dass die Auftauflüssigkeit wegen der Salmonellengefahr unbedingt weggeschüttet werden muss.

Alle Gegenstände und Flächen, die mit dem Tauwasser in Berührung gekommen sind, sowie die Hände sofort gründlich mit heißem Wasser reinigen. Gemüse kann unaufgetaut zubereitet werden. Generell sollen die Zubereitungshinweise des Herstellers beachtet werden, dann kann bei der Zubereitung nichts schiefgehen.

DJ: Gibt es einen geschmacklichen Unterschied, wenn Fertigprodukte vor dem Erhitzen zuerst vollständig aufgetaut sind oder tiefgekühlt direkt weiterverarbeitet werden?
Sommer: Viele Lebensmittel aus der Tiefkühlung können unaufgetaut zubereitet werden. Dazu zählen Gemüse, Kartoffel- und Snackprodukte, Pizza und komplette Menüs sowie panierte TK-Produkte wie Fischstäbchen. Aufgetaut werden müssen Produkte, die ohne Erhitzen verzehrt werden, wie Torten, geräucherter Fisch und Obst. Informationen für die Zubereitungsart und -dauer der Produkte finden die Verbraucher auf den Verpackungen. Für ein optimales Geschmackerlebnis sollte man die Zubereitungshinweise des Herstellers unbedingt berücksichtigen.

DJ: Wir danken Ihnen für das Gespräch.


von Kirsten Metternich von Wolff
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (4) Seite 72-75

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