Urlaub im Sommer – was ist jetzt wichtig?

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Urlaub im Sommer – was ist jetzt wichtig?

Sommer, Sonne, Sonnenschein – und natürlich der Diabetes. Was müssen Kinder mit Diabetes im Sommer und besonders auf Reisen beachten? Dr. Nicolin Datz gibt Ihnen Informationen, die Sie brauchen, um gut vorbereitet in den Urlaub zu starten.

Wichtig: gute Vorbereitung

Endlich Sommer, endlich Ferien: Der lang ersehnte Urlaub steht vor der Tür! Das bedeutet Sonnenschein und mehr Bewegung. Ob Urlaub am Strand, in den Bergen oder zu Hause, mit dem Rad oder zu Fuß, im Wasser oder zu Land: Wenn die Sonne scheint, wird es warm, und alle Kinder bewegen sich mehr. Auch Kinder mit Diabetes sollen ihren Sommerurlaub genießen, sich frei und sorglos bewegen und an allen Aktivitäten teilnehmen können.

Damit der Urlaub die Erholung bringt, die er bei der Planung im Reisebüro oder im Internet verspricht, ist es wichtig, sich rechtzeitig vorzubereiten, wenn ein Kind in der Familie Diabetes hat. Bereits bei der Planung des Urlaubs sollten einige wichtige Dinge beachtet werden.

Das Gesundheitssystem im Urlaubsland

Nicht in allen Ländern gibt es eine ausreichende medizinische Versorgung, insbesondere ist nicht überall Insulin erhältlich. Dementsprechend sollten Diabetes-Materialien (siehe Checkliste) in ausreichender Menge eingepackt werden. Für einen Notfall sind die wichtigsten Adressen und Telefonnummern von nahegelegenen Apotheken, Ärzten, Rettungsdiensten oder Kliniken vor der Abreise zu notieren.

Wie ist das Klima zur Reisezeit? Wie warm? Wie feucht?

Bei hohen Temperaturen mit hoher Luftfeuchtigkeit steigt der Insulinbedarf für gewöhnlich an, während der Insulinbedarf bei trockener Hitze geringer ist.

Wie viele und welche Aktivitäten sind dort geplant?

Was ist geplant – eher Wassersport (Schwimmen, Surfen) oder Bewegung an Land (Radfahren, Wandern)?

Sportliche Aktivitäten führen zu einem niedrigeren Insulinbedarf, dies ist ausführlich in den Schulungsartikeln im Diabetes-Eltern-Journal 1/2013 (Ausflüge mit Diabetes) und 1/2011 (Diabetes und Sport) erklärt. Beim Schwimmen und Surfen sind noch weitere Aspekte zu beachten: Der Körper verbraucht aufgrund der auf ihn einwirkenden Kälte zusätzliche Glukose, die Gefahr von Hypoglykämien ist also hoch. Deshalb muss die Insulinmenge reduziert, der Kohlenhydratverbrauch gesteigert und alle 30 Minuten der Blutzucker kontrolliert werden.

Wohin mit der Pumpe?

Da die Pumpen zwar alle spritzwassergeschützt, aber nicht unbedingt wasserdicht sind, werden sie für die Zeit im Wasser normalerweise abgekoppelt. Um das Insulin in der Pumpe vor einwirkender Hitze zu schützen, sollte diese auf jeden Fall in einer Pumpentasche gelagert werden. Durch Alufolie kann der Schutz vor Hitze verstärkt werden.

Spezieller Impfschutz?

Bei Reisen ins Ausland sollten Sie sich rechtzeitig erkundigen, ob besondere landesspezifische Impfungen empfohlen werden. Bei Kindern mit Diabetes gibt es keine Begründung, nicht zu impfen. Alle für das jeweilige Reiseland empfohlenen Impfungen sollten durchgeführt werden. Auch sollte darauf geachtet werden, den Tetanusschutz regelmäßig aufzufrischen.

Reiseversicherungen

Ob Reiserücktrittversicherung, Reisegepäckversicherung, Reisekrankenversicherung, Reiserücktransportversicherung – viele Reiseveranstalter werben mit günstigen Komplettpaketen.

Wichtig ist ein ausreichender Krankenversicherungsschutz im Ausland. Im Vorfeld ist also zu klären, welche Leistungen die eigene Krankenkasse im Ausland übernimmt und für welche Leistungen eine Auslandsreisekrankenversicherung abgeschlossen werden muss. Liegt eine chronische Erkrankung wie z. B. Diabetes vor, muss geprüft werden, ob auch Komplikationen, die durch den Diabetes entstehen, durch die Versicherung tatsächlich abgedeckt werden.

Sprachschwierigkeiten

Bei Reisen ins Ausland kann es durch die fremde Sprache problematisch sein, sich zu verständigen. Mit Englisch kommt man meistens weiter, aber nicht immer. Ein Sprachführer für das jeweilige Reiseland oder eine Liste mit den wichtigsten diabetesspezifischen Vokabeln kann dann sehr hilfreich sein.

Packliste
  • Insuline und ausreichend Ersatz
  • Lagerung der Insuline an zwei unterschiedlichen Stellen im Handgepäck
  • Insulinspritzen und ausreichend Ersatz
  • Pens, Kanülen und ausreichend Ersatz
  • Teststreifen (für Blutzucker und Keton) und ausreichend Ersatz
  • Stechhilfen, Lanzetten
  • Blutzuckermessgeräte und Ersatzbatterien
  • Protokollheft
  • Insulinspritzplan, Insulinpumpenplan
  • Not-Kohlenhydrate/Traubenzucker
  • Glukagon-Sets
  • Desinfektionstücher
  • Glukose-Eletrolytlösung (bei Erbrechen oder Durchfall)
  • Notfallhinweis in der Landessprache oder in Englisch
  • Kühltasche für Insulin
  • Auslandskrankenschein, Auslandsreiseversicherung
  • Reiseapotheke (für Fieber, Durchfall, Desinfektion, Verbandsmaterial)
  • Diabetes-Ausweis
  • Telefonnummer des Diabeteszentrums
  • Zollbescheinigung für den Flug

(nach: Diabetes bei Kindern und Jugendlichen: ein Behandlungs- und Schulungsprogramm, Reader 3)


Nächste Seite: Worauf muss beim Transport, der Lagerung und der Dosierung des Insulins geachtet werden?

Transport und Lagerung der Diabetes-Materialien

Das mitgeführte Insulin sollte kühl gelagert werden. Dafür gibt es spezielle Kühltaschen (z. B. von Frio). Insulin zwischen Coolpacks zu lagern, wird nicht empfohlen, da es gefrieren kann. Außerdem gehört Insulin nicht in den Koffer, da im Gepäckraum von Flugzeugen extrem niedrige Temperaturen herrschen, die das Insulin zerstören.

Da Reisegepäck außerdem verloren gehen kann, ist einerseits die Aufbewahrung der diabetesspezifischen Materialien im Handgepäck und andererseits verteilt auf zwei oder mehr Personen zu empfehlen.

Besonderheiten bei der Insulinpumpentherapie

Die Insulinpumpe ist ein technisches Gerät, das z. B. elektronisch bedingt ausfallen kann. Für diesen Fall gibt es die Möglichkeit, vor der Reise eine Ersatzpumpe beim Hersteller zu beantragen – in der Regel sollte das sechs bis acht Wochen vor Reiseantritt geschehen. Um die Ersatzpumpe auf die aktuellen Insulinpumpeneinstellungen zu programmieren, ist es wichtig, den aktuellen Insulinpumpenplan dabeizuhaben.

Wer ohne Ersatzpumpe in den Urlaub fährt, muss auf jeden Fall einen Insulinspritzplan und die für diese Therapie notwendigen Insuline mitnehmen. Ein Insulinspritzplan ist auch geeignet für Kinder, die sich im Urlaub tagsüber für eine Spritzentherapie entscheiden, wenn sie den ganzen Tag am Strand und im Wasser verbringen und die Pumpe dann als störend empfinden.

In diesem Fall wird die Insulinpumpe nur zur Nacht angelegt. Morgens und ggf. mittags wird dann die für den Tag notwendige Menge Basalinsulin in Form eines langwirkenden Insulins mit dem Pen oder der Spritze verabreicht, während das Prandialinsulin mit dem bisher verwendeten Analoginsulin der Insulinpumpe flexibel zu den Mahlzeiten mit Pen oder Spritze gespritzt werden kann (siehe zu diesem Thema auch Diabetes-Eltern-Journal 2 und 3/2011).

Anpassung der Insulindosis

  • Wie bereits erwähnt, kommt es durch die hohen Temperaturen und die erhöhte körperliche Aktivität zu einem höheren Glukoseverbrauch bei einem niedrigeren Insulinbedarf. Individuell ist der Bedarf an die jeweilige Situation anzupassen, ähnlich wie beim Sport. Als grobe Richtschnur kann man jedoch jedem, der in den Sommerurlaub fährt, empfehlen, die Basalinsulindosis bzw. die Basalrate in der Insulinpumpe zunächst auf 50 Prozent zu reduzieren und dann eine weitere individuelle Anpassung vorzunehmen. Bei der Umsetzung dieser Empfehlung hilft das betreuende Diabetesteam gern.
  • Eine Frage, die häufig gestellt wird, betrifft das lange Ausschlafen in der Ferienzeit. Für Kinder mit einer Insulinspritzentherapie lässt sich das nur bedingt verwirklichen, da die morgendliche Basalinsulindosis verabreicht werden muss. Anschließend kann natürlich gerne weitergeschlafen werden. Kinder mit einer Insulinpumpe haben es leichter: Durch eine Anpassung der Basalrate am Vormittag können sie länger schlafen. Wie und wann die Basalrate angepasst wird, sollte mit dem Arzt abgesprochen werden.
  • Wie die Insulintherapie an eine Zeitverschiebung angepasst wird, ist ein weiteres wichtiges Thema, das aufgrund seiner Besonderheit bereits in DEJ 3/2012 ausführlich erklärt wurde.
Fazit

Wie ist das Klima am Urlaubsort? Und wie aktiv wird mein Kind dort sein? Diese Fragen sollten sich Eltern eines Kindes mit Diabetes stellen, wenn es in den Sommerurlaub geht, denn schließlich wirken sich diese Faktoren auf die Dosierung des Insulins aus. Aber auch andere Fragen – z.B. nach dem Impfschutz, der Versicherung, den Diabetes-Materialien – sollten unbedingt vo Reiseantritt beantwortet werden. Insbesondere wer eine Ersatzpumpe mitnehmen möchte, sollte sich rechtzeitig darum kümmern und beim Hersteller nachfragen.


von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Krankenhaus “Auf der Bult”, Hannover

Kontakt:
E-Mail: datz@hka.da

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (2) Seite 24-26

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