Viele Tipps für Kinder, Jugendliche und alle Sportbegeisterten

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Viele Tipps für Kinder, Jugendliche und alle Sportbegeisterten

Die meisten Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang. Das ist gut so, denn Bewegung und Sport halten fit und machen Spaß. Kinder und Jugendliche müssen einige Dinge beachten, wenn sie körperlich aktiv werden. Das sollte sie aber keinesfalls vom Sport abhalten! Hier lesen Sie, wie Diabetes und Sport zu einem guten Team werden.

Die Informationen aus diesem Newsletter-Beitrag stammen aus einem Artikel im Diabetes-Eltern-Journal. Das Diabetes-Eltern-Journal richtet sich an Eltern von Kindern mit Diabetes und an alle, die Kinder und Jugendliche mit Diabetes betreuen. Es bietet Informationen aus den Bereichen Medizin, Psychologie und Recht/Soziales – allgemeinverständlich und praxisnah mit vielen Beispielen. Hier können Sie ein Probeheft bestellen.
Die Autorin
Dr. Nicolin Datz arbeitet im Diabetes-Zentrum des Kinderkrankenhauses Auf der Bult in Hannover als Oberärztin im Bereich Diabetologie, Endokrinologie und allgemeine Pädiatrie. Seit vielen Jahren ist sie auch Mitglied des Redaktionsteams der Zeitschrift Diabetes-Eltern-Journal.

Ob Schulsport, Vereinssport, Fitness oder Leistungssport ist nicht entscheidend. Jeder sollte die Sportart ausüben, die ihm Spaß macht und mit der er sich wohlfühlt. An Diabetes erkrankt zu sein, darf nicht dazu führen, auf Sport zu verzichten. Wer sich regelmäßig körperlich bewegt, verhindert eine übermäßige Gewichtszunahme und fördert eine bessere Blutzuckereinstellung. Außerdem fühlen sich körperlich aktive Menschen oft leistungsfähiger und selbstbewusster. Es ist also wichtig, die körperliche Bewegung junger Menschen zu unterstützen und zu fördern.

Energie für die Muskeln

Damit der Mensch körperlich aktiv sein kann, muss seine Muskulatur „arbeiten“. Für diesen Vorgang, der Muskelkontraktion genannt wird, benötigt der Körper Energie. Diese Energie stammt aus den Zellen der Muskeln, der Leber und dem Fettgewebe, in denen in Form von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen Energie gespeichert ist.

Kohlenhydrate

Kohlenhydrate werden nach der Aufnahme über die Nahrung zunächst in Glukose zerlegt und dann als Glykogen im Muskel und in der Leber gespeichert. Diese Glykogenspeicher dienen bei körperlicher Aktivität als Energiespender: Das Glykogen wird zu Glukose abgebaut, an das Blut abgegeben und kann so die Muskulatur mit Energie versorgen.

Fette

Bei länger anhaltender körperlicher Belastung (zum Beispiel Ausdauersport) sind die Glykogenspeicher irgendwann leer, sodass dann das Fettgewebe als Energiespender einspringen muss. Im Körper gibt es einen fast unerschöpflichen Vorrat an Fettzellen, über den ausreichend Energie zur Verfügung gestellt werden kann. Da aber das Gehirn und die Nervenzellen Fette nicht zur Energiegewinnung nutzen können, müssen sogenannte Ersatzkohlenhydrate aus den Fetten produziert werden: Die Ketonkörper. Sehr lang anhaltende körperliche Aktivitäten führen also zur Bildung von Azeton (sogenanntes Sportazeton).

Eiweiße

Bei extremen körperlichen Belastungen wird in der Leber auch aus Eiweißen Glukose produziert.


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So reagiert ein gesunder Organismus auf Sport

Um zu verstehen, wie Menschen mit Diabetes ihre Insulintherapie bei körperlicher Belastung anpassen müssen, soll zunächst erklärt werden, wie ein gesunder Organismus auf körperliche Aktivität reagiert. Ziele des menschlichen Organismus sind:

  1. Versorgung der Muskulatur mit Energie
  2. Konstanthaltung des Blutzuckers

Bei körperlicher Aktivität werden die Zellen insulinempfindlicher, d. h., man benötigt weniger Insulin, um die gleiche Menge Glukose zu verwerten. Ist die Belastung zu Ende, hält dieser Effekt noch eine Zeit lang an, damit die Glykogenspeicher wieder gefüllt werden können: Dies ist der sogenannte Muskelauffülleffekt.
Bei gesunden Menschen sinkt der Blutzuckerspiegel bei körperlicher Belastung leicht ab, weil die arbeitenden Muskeln vermehrt Glukose aufnehmen. Dies führt zu einer Reduktion der Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Ist weniger Insulin vorhanden, setzt die Leber mehr Glukose aus den Glykogenspeichern frei, und die Muskulatur nutzt in vermehrtem Ausmaß Fette, um Energie zu gewinnen.

Diabetestherapie anpassen

Um die Diabetestherapie an die körperliche Aktivität anzupassen, gibt es also drei Möglichkeiten:

  1. Verringerung der Insulinzufuhr
  2. Erhöhung der Kohlenhydratzufuhr
  3. Verringerung der Insulinzufuhr und Erhöhung der Kohlenhydratzufuhr

1. Verringerung der Insulinzufuhr

  • Durch eine Reduktion des Basalinsulins bzw. der Basalrate bereits einige Zeit vor einer geplanten körperlichen Belastung oder durch eine Reduktion des letzten Mahlzeitenbolus vor der körperlichen Belastung kann die Insulinzufuhr ähnlich wie beim Stoffwechselgesunden gesenkt werden.
  • Um die nach der körperlichen Belastung bestehende erhöhte Insulinempfindlichkeit auszugleichen, muss die Insulinzufuhr auch nach dem Sport noch reduziert bleiben.

Wichtig zu wissen: Sport erhöht zwar die Wirkung des Insulins, kann es aber nicht ersetzen. Ohne Insulin kann kein Sport getrieben werden! Bei Insulinmangel führt Sport zu einer Entgleisung des Stoffwechsels mit Ketonkörperbildung.
Eine sofortige Reduktion der Insulinzufuhr – wie beim Stoffwechselgesunden – ist bei Menschen mit Diabetes auch mit den differenziertesten Methoden bisher nicht erreichbar. Deshalb sollte ein Kind oder ein Jugendlicher mit Diabetes eine sportliche Betätigung nicht unter einem Blutzuckerspiegel von 150 mg/dl (8,3 mmol/l) beginnen

2. Erhöhung der Kohlenhydratzufuhr

Um die Freisetzung der Glukose aus der Leber nachzuahmen, können zusätzliche Kohlenhydrate, sogenannte Sport-KE/BE, eine Lösung sein. Die Art und die Menge der notwendigen Kohlenhydrate hängen immer von der jeweiligen Belastung, der Blutzuckerhöhe, der Insulinversorgung und dem Trainingszustand ab.

3. Verringerung der Insulinzufuhr und Erhöhung der Kohlenhydratzufuhr

Eine Kombination aus beiden Möglichkeiten ist in den meisten Fällen die beste Lösung. Darüber hinaus beeinflussen andere Faktoren den Blutzuckerspiegel bei körperlicher Belastung und müssen daher bei der Insulinanpassung ebenfalls berücksichtigt werden:

  • Art, Intensität und Dauer der Belastung
  • Tageszeit
  • Trainingszustand
  • Blutzuckerwert bei Beginn der Aktivität nicht unter 150 mg/dl (8,3 mmol/l)
  • Ketonmessung vor Beginn: niemals bei einem Blutzucker über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) und Ketonnachweis im Urin/Blut Sport machen
  • Zeitpunkt der letzten Nahrungsaufnahme: Sind die Kohlen­hydrate schon aufgenommen?
  • Art und Menge der aufgenommenen Kohlenhydrate: lang- oder kurzwirkend?
  • Medikamente: Cortisol führt z. B. zu einer Erhöhung des Blutzuckers.
  • Alkohol: Er bremst die Ausschüttung von Glukose aus der Leber.
  • Wann war die letzte Insulininjektion? Welches Insulin und wie viel Insulin wurde injiziert?
  • Senkung der basalen Insulinversorgung? Um wie viel?
  • Insulinpumpe ablegen?

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Praktische Regeln für den Schulsport

Dies klingt für den einen oder anderen eventuell schwierig und kompliziert und führt möglicherweise in einigen Fällen sogar dazu, dass Kinder mit Diabetes nicht mehr an sportlichen Aktivitäten teilnehmen, aus Sportvereinen austreten und nur noch zu Hause „rumsitzen“. Um die Umsetzung des oben Genannten zur vereinfachen, finden Sie in den drei Kästen ein paar praktische Regeln. Diese sind als Leitfäden zu sehen und immer auf die jeweilige individuelle Situation anzupassen. Denn jeder muss selbst herausfinden, wie intensiv er die jeweilige sportliche Aktivität ausübt, wie stark diese den eigenen Blutzucker beeinflusst und welche konkreten Absenkungen des Insulins bzw. zusätzliche Kohlenhydrataufnahmen notwendig sind.

Vor dem Schulsport
  • Blutzuckerwert zwischen 100 – 150 mg/dl (5,6 – 8,3 mmol/l): 1KE zusätzlich für ca. 30 – 45 Minuten Sport
  • Das Diabetes-Set (Blutzuckermessgerät, Teststreifen, Stechhilfe, Not-KE, Traubenzucker) gehört mit in die Turnhalle/auf den Sportplatz.
  • Der Sportlehrer sollte über den Diabetes des Kindes informiert sein und ihm jederzeit die Möglichkeit geben, zwischendurch zu testen oder Kohlenhydrate zuzuführen.
Bei Spritzentherapie
  • Bei geplanter sportlicher Aktivität bis zu 2 Stunden nach der letzten Mahlzeit: Reduktion des Mahlzeiteninsulins um 20 – 50 Prozent
  • Bei geplanter sportlicher Aktivität am Vormittag: Basalinsulin morgens um 20 – 50 Prozent reduzieren
  • Bei geplanter sportlicher Aktivität am Nachmittag: Basalinsulin mittags um 20 – 50 Prozent reduzieren
  • Bei nicht geplanter, spontaner sportlicher Aktivität: zusätzliche Aufnahme von Kohlenhydraten (für 30 Minuten Sport ca.1 Sport-KE, kann jedoch individuell unterschiedlich sein)
Bei Insulinpumpentherapie
1. Möglichkeit
  • Pumpe für die Zeit des Sports ablegen, höchstens 2 Stunden, auf jeden Fall zwischendurch Blutzuckerkontrolle

2. Möglichkeit

  • Bei geplanter Aktivität eine Stunde nach dem letzten Mahlzeitenbolus: Reduktion des Bolus um 50 Prozent
  • Bei Beginn vor intensivem Sport die Basalrate für die Zeit des Sports und noch 1 – 2 Stunden darüber hinaus um 25 – 50 Prozent senken.

Beispiel:
Eine Reduktion um 25 Prozent erreicht man z. B., wenn man die Funktion „temporäre Basalrate“ auswählt und dort statt 100 Prozent 75 Prozent einstellt. Eine Reduktion um 50 Prozent bedeutet, dort 50 Prozent einzustellen.


von Redaktion Diabetes-Eltern-Journal
Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetologie-online.de

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