Wackelpudding beim Krafttraining

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© Christian Mentzel
Wackelpudding beim Krafttraining

Wie vermittelt man Nichtdiabetikern, wie sich eine Unterzuckerung anfühlt? Vor allem jenen, die als Entscheider im Gesundheitswesen Unterzuckerungen gern abtun mit: “Die gehören halt dazu!” Wäre da eine Selbsterfahrung nicht sinnvoll, fragt unsere Kolumnistin Jana Einser…

Ein Wackelpudding war nichts im Vergleich zu mir – als ich beim Krafttraining war und meine Zuckerwerte sanken und sanken. Eigentlich waren sie mit dem tiefsten CGM-Wert von 65 mg/dl (3,6 mmol/l) gar nicht so extrem niedrig, aber meine Kraft war völlig dahin. Auch mein Kopf streikte inzwischen. Ich hing nur noch auf den Sportgeräten und dachte: “Was mache ich hier eigentlich?”

Wie vermittelt man Nichtdiabetikern, wie sich eine Unterzuckerung anfühlt?

Ich habe nicht darauf geachtet, aber manch Mittrainierender hat sich bestimmt gewundert, was ich dort getrieben habe – vor allem die, die mich sonst deutlich schwungvoller und energiegeladener kennen. Eine der Trainerinnen sprach mich, als sie mich faulenzend auf einem der Geräte sah, mit einem Grinsen an: “Was ist das denn für eine Trainingseinstellung?” Da sie weiß, dass ich Typ-1-Diabetes habe, hatte sie volles Verständnis für mich. Außerdem kennt sie selbst Situationen mit niedrigen Zuckerwerten und konnte nachempfinden, wie ich mich fühlte.

Wie aber ist es für Menschen, die keinen Diabetes haben oder aus anderen Gründen mit niedrigen Zuckerwerten zu tun haben? Wie können wir denen deutlich machen, was eine Unterzuckerung wirklich mit dem Körper anstellt? Von einem Pharmaunternehmen kenne ich den Versuch, mit einer Brille und einem speziellen Computerprogramm Nichtbetroffenen näherzubringen, wie es sich anfühlt. Aber geht das wirklich? Die Leere im Kopf und die völlige Kraftlosigkeit lassen sich so sicher nicht spüren.

Keiner möchte sich wie Wackelpudding fühlen!

Ich weiß, dass es schwierig sein dürfte, Nichtdiabetiker, die aber beruflich oder privat mit Diabetikern zu tun haben, in eine Unterzuckerung zu bringen. Nur so kann man wirklich spüren, was im Körper passiert – und sich wahrscheinlich wünschen, dass man nie wieder in diese Situation kommt. Aber wäre diese Selbsterfahrung nicht sinnvoll?

Denn sonst werden von vielen, gerade auch von Entscheidern im Gesundheitswesen, Unterzuckerungen gern abgetan mit: “Die gehören halt dazu …” Das stimmt zwar, dennoch sollte man mit jeder Therapie versuchen, Unterzuckerungen so weit wie irgend möglich zu vermeiden – denn sich wie ein Wackelpudding zu fühlen, wünscht sich wahrscheinlich niemand!


von Jana Einser

Das Team für den guten Schluss: Dr. Hans Langer arbeitet als Arzt in einer Diabetesklinik, Jana Einser hat schon seit Kindertagen Typ-1-Diabetes und Alex Adabei hat viele Bekannte und Verwandte mit Typ-2-Diabetes. Sie schreiben abwechselnd für diese Kolumne.

Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (06131) 9 60 70 0, Fax: (06131) 9 60 70 90,
E-mail: redaktion@diabetes-journal.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (10) Seite 82

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