Wenn die Gefahr still und leise daherkommt

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Wenn die Gefahr still und leise daherkommt

Gefahren, die Kinder bedrohen, sind nicht immer greifbar oder sichtbar. So erkranken in Deutschland jährlich 3.500 Kinder neu an Typ-1-Diabetes – und bei jedem fünften Kind ist der Ausbruch verbunden mit einer lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung. Deshalb wurde nun eine Aufklärungskampagne gestartet. Das Ziel: Eltern sollen die vier Warnzeichen eines unentdeckten Diabetes kennen und so rechtzeitig reagieren können.

Gefahren, die Kinder bedrohen, sind nicht immer greifbar oder sichtbar. So erkranken in Deutschland jährlich 3.500 Kinder neu an Typ-1-Diabetes. Doch bei jedem fünften Kind bricht die Krankheit scheinbar unvermittelt mit einer lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung aus, die das familiäre Umfeld überrascht.

Eine diabetische Ketoazidose (DKA), wie der Fachbegriff lautet, kann zu einem Koma führen und unbehandelt tödlich enden. Die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) hat deshalb eine Aufklärungskampagne gestartet. „Eltern sollten die vier Warnzeichen eines unentdeckten Diabetes kennen“, sagt DDG-Präsident und Kinderdiabetologe Professor Dr. med. Andreas Neu anlässlich des Kindersicherheitstages am 10. Juni.

Sophia musste reanimiert werden

Die 14-jährige Sophia L. (Name geändert) fuhr mit dem Rad ins Freibad. Dort fühlte sie sich schlecht und ließ sich von ihrer Freundin nach Hause bringen. Bei den Eltern angekommen, brach die Schülerin unvermittelt zusammen. „Sie wurde bewusstlos und musste an Ort und Stelle reanimiert werden“, schildert Professor Dr. med. Andreas Neu einen authentischen Fall aus seiner Praxis. Sophia hatte Glück: Intensivmediziner und Kinderdiabetologen konnten die Jugendliche noch rechtzeitig aus dem schweren diabetischen Koma zurück ins Leben holen.

Sophia L. ist kein Einzelfall. So wie sie erkranken jährlich 3.500 Kinder und Jugendliche in Deutschland neu an Typ-1-Diabetes, der häufigsten Stoffwechselstörung in diesem Alter. „Bei zwanzig Prozent bricht die Erkrankung scheinbar unvermittelt mit einer schweren Stoffwechselentgleisung aus, einer Ketoazidose“, erklärt Neu, der die Behandlungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Diabetes am Universitätsklinikum Tübingen leitet. Denn die ersten Symptome eines Typ-1-Diabetes wie ständiger Durst, häufiges Wasserlassen, Gewichtsabnahme und stete Müdigkeit werden oft übersehen oder fehlinterpretiert.

Vier Warnzeichen: Durst, Wasserlassen, Gewichtsabnahme, Müdigkeit

Aus diesem Grund hat die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der DDG gemeinsam mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) eine Aufklärungskampagne zur Früherkennung eines Typ-1-Diabetes gestartet. Künftig sollen Kinderärzte den Eltern bei jeder U6- und U7a-Vorsorgeuntersuchung, die Ende des ersten sowie dritten Lebensjahres stattfinden, kurz die vier Warnzeichen des Typ-1-Diabetes erklären. „Zudem sollen die Eltern einen Flyer mit wichtigen Informationen über eine Diabeteserkrankung erhalten“, erklärt Privatdozent Dr. med. Thomas Kapellen, Sprecher der AGPD.

Aufklärung scheint in Pandemie-Zeiten besonders dringlich. Wie eine Studie zeigt, hat sich die Zahl der Kinder mit einer lebensbedrohlichen Stoffwechselentgleisung aufgrund eines unentdeckten Diabetes während des pandemiebedingten Lockdowns im Frühjahr 2020 sprunghaft verdoppelt. „Gründe dafür sind vermutlich teilweise geschlossene Kinderarztpraxen sowie die Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19 beim Arztbesuch“, so Kapellen.

Eine Stoffwechselentgleisung ist ein Notfall

Mit jedem Tag, an dem ein Typ-1-Diabetes unerkannt und unbehandelt bleibt, steigt das Risiko für eine DKA, die auch Einschränkungen der kognitiven Leistungen zur Spätfolge haben kann. Übelkeit oder Erbrechen, beschleunigte Atmung und ein säuerlicher Acetongeruch des Atems sind weitere Anzeichen.

„Da ein diabetisches Koma droht, das tödlich enden kann, gehören betroffene Kinder sofort in ärztliche Behandlung“, betont Neu. „Aufklärung hilft, solche ernsten Zwischenfälle zu vermeiden“, fügt der Kommissarische Ärztliche Direktor der Abteilung für Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie in Tübingen hinzu.


Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) | Redaktion

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