Wertschätzend macht Herz-fit

3 Minuten

© Mykyta – AdobeStock
Wertschätzend macht Herz-fit

Wer sich und andere achtet, lebt gesünder und länger, weiß der Internist Prof. Dr. Gustav Dobos. So zeige der Vergleich zwischen der Schweiz und Deutschland, wie wichtig ein wertschätzender Umgang auch für die Gesundheit sein kann. Unser Kolumnist Hans Lauber stellt die Thesen des Mediziners vor.

Dramatisch eindeutig sind die Fakten: „In der Schweiz werden nur 20 Prozent der Gesamtmenge an Stents gelegt, die in Deutschland gesetzt werden, und trotzdem leben die Schweizer im Durchschnitt drei Jahre länger als die Deutschen und die Deutschen sterben deutlich häufiger an Herzinfarkten als die Schweizer“.

Die verblüffende Analyse stammt von Professor Dr. Gustav Dobos, dem Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für integrative Medizin. Zitiert hat den renommierten Internisten und erfolgreichen Buchautor kürzlich Marie-Anne Schlolaut in einem wegweisenden Beitrag für den „Kölner Stadtanzeiger“.

Interessant sind die Gründe, warum die reiche Schweiz von vielen unnötigen Eingriffen und Operationen am Herzen verschont wird: So essen die Eidgenossen gesünder und vor allem bewegen sie sich deutlich mehr als die Mitbürger im „Großen Kanton“, wie Deutschland in der Schweiz gerne tituliert wird. Den entscheidenden Grund für die bessere Herz-Fitness sieht Dr. Dobos aber im Emotionalen: „Die Schweizer sind nach Einschätzung vieler Experten im Miteinander, im täglichen beruflichen und privaten Umgang wertschätzend, das kommt der Psyche zugute“.

Wertschätzend, was für ein wunderbares Wort. Ein Wort, das bei uns kaum vorkommt – schlicht deshalb, weil wir selten wertschätzend miteinander umgehen. In der Schweiz hingegen herrscht eine selbstverständliche Höflichkeit im täglichen Leben. Eine Höflichkeit, die ich nur bestätigen kann, denn ich habe lange in Basel studiert, dort in vielen verschiedenen Firmen gearbeitet – und habe häufig Ferien in dem schönen Land gemacht.

In der Schweiz geht alles gelassener

Das sichtbarste Zeichen der Höflichkeit ist das allgemeine Grüßen. So wird sich selbst in den Zügen, auf dem Land in den Bussen und Bahnen und selbstverständlich auf den vielen Wanderwegen gegrüßt. Auch geht in dem Land alles bedächtiger vonstatten, was sich gerade im Beruf zeigt. Hier darf jeder erst einmal zu Wort kommen, wird jeder Beitrag erst einmal geschätzt. Mit der bei uns häufigen „Hoppla, jetzt komm ich – Mentalität“ können die Schweizer nichts anfangen. Was ein Grund dafür ist, dass sich viele Deutsche extrem schwer tun und trotz der hohen Löhne das Land oft frustriert wieder verlassen. Auffallend ist auch die gegenseitige Rücksicht, das bei uns übliche Vordrängeln ist den meisten Schweizern ziemlich fremd.

Auch spielt die Sprache eine wichtige Rolle. So wird in der deutschen Schweiz durchweg Dialekt gesprochen – und der Dialekt ist langsamer als das Hochdeutsche, was wunderbar zum Bedächtigen passt. Viele Deutsche verwechseln diese Langsamkeit im Reden aber mit einer Langsamkeit im Denken, fühlen sich überlegen – und haben dann gar keine Chance mehr, akzeptiert zu werden.

Nun habe ich leicht reden, spreche ich doch fließend Schweizerdeutsch, kann mich gar als Schweizer ausgeben – und merke, wenn ich einige Zeit da bin, dass ich automatisch weniger hektisch, dass ich gelassener werde. Genau das Phänomen, das Prof. Dobos klug beobachtet hat.

Wichtig ist auch eine grundsätzlich andere Einstellung zur Gesundheit. So fühlen sich die meisten Schweizer persönlich für ihr Wohlbefinden verantwortlich, gehen nicht wie wir beim kleinsten Wehwehchen zum Arzt, sondern besinnen sich erst einmal auf ihre bewährten Hausmittel, auf ihre Phytotherapie, die der Kräuter-Pfarrer Johann Künzle in seinem über zwei Millionen Exemplaren verbreiteten Buch „Chrut und Uchrut“ wunderbar auf den Punkt gebracht hat.

Wer erleben will, wie Schweiz geht, der gehe im Sommer nach Basel. Da gibt es das inzwischen weltberühmte Rheinschwimmen, wo die Leute beim einzigartigen Tinguely-Museum ins Wasser steigen und sich rund 45 Minuten lang durch die in diesem Teil noch mittelalterlich wirkende Stadt treiben lassen. Zweierlei lehrt uns das: Das Schwimmen ist durchaus nicht ungefährlich, aber die Schweizer sind es gewohnt, auf sich selbst aufzupassen. Und die Schweizer sind sportlich und abgehärtet, schließlich sind es an warmen Tagen viele tausend Junge und ganz Alte, die sich durch das nur rund 20 Grad messende Wasser treiben lassen – und so ihr Herz fit halten.

Eine wunderbare Belohnung wartet am Ende direkt am Rheinufer: Es ist das „roots“, ein auf einheimisches Gemüse fokussiertes Restaurant mit Blick auf den großen Fluss. Herrlich gegessen habe ich da – und ich habe mich hinterher wunderbar mit dem Chefkoch Pascal Steffen unterhalten. Natürlich im Dialekt, und das so intensiv, dass uns nicht einmal seine Köche verstanden haben, die dagegen protestierten.

„Das macht nüt“, meinte Pascal da nur – natürlich schweizerisch gelassen.


von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Internet: www.lauber-methode.de

Ähnliche Beiträge

Lea Raak im Interview: Durch Community zurück ins Leben

Lea Raak lebt seit dem Jahr 2011 mit einem Typ-1-Diabetes. Viele Fragen taten sich nach der Diagnose auf – und eine gewisse Verzweiflung. Die Community hat ihr zurück ins Leben geholfen: „Ich tue mein Bestes und alles andere kommt, wie es kommt.“

11 Minuten

#dedoc° voices meet DDG: die Patienten-Perspektive beim Diabetes Kongress

Im zweiten Teil der Berichte der #dedoc° voices vom diesjährigen Diabetes Kongress kommen weitere Menschen mit Diabetes zu Wort, die im Mai die Fachtagung in Berlin besucht haben, um ihre Perspektive einzubringen.

9 Minuten

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Werde Teil unserer Community

Community-Frage

Mit wem redest du über deinen Diabetes?

Die Antworten auf die Community-Frage werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Bitte achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Push-Benachrichtigungen

notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert
notification icon
Aktiviere Benachrichtigungen auf dieser Seite, um auf dem laufenden zu bleiben, wenn dir Personen schreiben und auf deine Aktivitäten antworten.
notification icon
Du hast die Benachrichtigungen für diese Seite aktiviert