Zucker: Treibstoff und Gift zugleich

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Zucker: Treibstoff und Gift zugleich

Die 17-jährige Jennifer kam in der Pubertät nicht mehr mit ihrem Diabetes-Management zurecht, was eine Reihe von Ketoazidosen zur Folge hatte. Erst der Aufenthalt in einem speziellen Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche führte zu einem Verhaltenswandel.

Was zu viel Zucker im Blut bedeutet, weiß die Typ-1-Diabetikerin Jennifer ganz genau. “Heute kann ich mich vor Ketoazidosen schützen”, sagt die 17-jährige selbstbewusst, “doch früher bin ich in schwierige Situationen gekommen.” Im Alter von 7 Jahren wurde bei Jennifer Diabetes diagnostiziert. Der hatte sich bei dem Mädchen aus Ulm nach einem Magen-Darm-Infekt entwickelt. Ihre körpereigene Insulinproduktion fiel komplett aus.

Deshalb ist bei ihr eine lebenslange Kontrolle und Steuerung des Insulinhaushaltes erforderlich. Für Teenager ist das jedoch oft sehr schwierig. Sie verhalten sich gar nicht so, wie Ärzte sich das wünschen. “Bei mir war das auch so”, gibt Jennifer zu. Die Folgen können dramatisch sein. Ein längerer absoluter Insulinmangel verursacht eine sogenannte Ketoazidose, die unbehandelt zum Tod führt.

Therapie vernachlässigt, Folgen in allen Lebensbereichen

Zunächst ging bei Jennifer alles ganz gut. Mit 11 Jahren wollte sie das Messen und Spritzen dann selbst übernehmen. Schon bald hatte sie aber keine Lust mehr und vernachlässigte die Therapie. Die Folge: eine Reihe von Ketoazidosen. Während mehrerer Klinikaufenthalte versuchten Ärzte das Problem bei Jennifer in den Griff zu bekommen, was aber keine langfristige Besserung brachte. Und das obwohl Jennifer zu dieser Zeit miterlebte, wie ihre Großmutter, die ebenfalls Diabetes hatte, an den Folgen der Krankheit starb.

Immer wieder musste Jennifer ins Krankenhaus. Und auch in der Schule hatte sie erhebliche Schwierigkeiten durch die großen Fehlzeiten, die sich krankheitsbedingt häuften. Nach einer besonders schlimmen Entgleisung, bei der die Blutwerte von Jennifer so schlecht waren, dass sie aus dem messbaren Bereich herausfielen, war klar, dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Die Uni-Kinderklinik Ulm empfahl ihr einen längeren Rehabilitationsaufenthalt in einem spezialisierten Zentrum.

Medizinische, pädagogische und psychologische Betreuung

Das war für Jennifer nicht leicht, bedeutete es doch von zu Hause wegzuziehen und sich in eine ganz neue, fremde Umgebung einleben zu müssen. Sie nahm die Herausforderung jedoch an. Schon kurz nach der ersten Besichtigung des Rehabilitationszentrums des Christlichen Jugenddorfwerkes Deutschlands in Berchtesgaden zog sie dort ein.

Heute lebt Jennifer zusammen mit etwa 150 anderen chronisch kranken jungen Menschen in der Rehabilitationseinrichtung, in der Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreut werden, die im heimischen Umfeld gar nicht zurechtkommen. Sie werden medizinisch, pädagogisch und psychologisch versorgt und besuchen eine Schule oder nehmen an einer beruflichen Maßnahme teil. “Vor allem aber werden die jungen Patienten geschult, richtig mit ihrer chronischen Krankheit umzugehen”, betont Dr. Burkhild Knauth, Kinderärztin in dem Rehabilitationszentrum.

Langer Lernprozess mit Happy End

Für Jennifer war das ein langer Lernprozess. Erst ganz allmählich gewöhnte sie sich daran, ihren Blutzuckerwert beständig zu messen und durch Insulininjektion zu steuern. “Meistens klappt das jetzt ganz gut”, bestätigt sie. Und auch schulisch hat sie sich gefangen. Mittlerweile schreibt sie sehr gute Noten und kann die Mittlere Reife machen. Nur wenn sie im Prüfungsstress ist oder am Wochenende mal ausgeht, kommt es noch vor, dass ihre Werte nicht ganz so gut sind.

Für Leidensgenossen im Teenageralter weiß Jennifer, die später Kinderkrankenschwester werden möchte, einen guten Rat: “Man sollte sich nicht für seinen Diabetes schämen. Wer deswegen seinen Blutzucker nicht misst, schadet sich nur selbst.”


Quelle: Pressemitteilung der CJD Berchtesgaden

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