Zusatz-Lebensmittel

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Zusatz-Lebensmittel

Diabetikerlebensmittel sind seit Jahren aus dem Handel verschwunden. Das bietet genug Platz für Neues. Und die Lebensmittelindustrie hat ihre Hausaufgaben gemacht – ob zuckerfreier Getränkesirup, Light-Joghurt oder fettfreie Chips. Der Markt hat sich verändert, Zusatzlebensmittel haben Einzug gehalten. In den nächsten Ausgaben dreht sich alles um Trends. Wir starten mit Sinn oder Unsinn solcher Produkte, gefolgt von Diät- und Abnehmkuren, der Welt von Bio und Öko sowie den oft propagierten Superfoods wie Chia-Samen, Matcha und Goji-Beeren.

Süßstoff ist ungesund, Light-Produkte machen dick und sind teuer, zuckerfreie Softdrinks schaden der Gesundheit …: typische Pauschalaussagen, die im Volksmund gern weitergegeben werden. Doch alles zu verteufeln und als nutzlos und schlecht zu bezeichnen, ist falsch. Wie bei vielen anderen Dingen lohnt es sich, zweimal hinzuschauen und zu checken, ob das Alternativprodukt sinnvoll ist und wie.

Alles light oder was? Joghurt und Co.

Milchprodukte, die fettreduziert oder als Light-Produkt überall erhältlich sind, können tatsächlich helfen, Kalorien zu sparen; jedoch gilt hier, unbedingt einen Blick auf die Zutatenliste und die Nährwertanalyse zu werfen. Viele Fertigquark- und -joghurtprodukte mit Fruchtzubereitung enthalten 0 bis 0,2 Prozent Fett. Sie sind tatsächlich kalorienärmer als ihr ursprüngliches Pendant. Denn Fett ist mit 9 Kilokalorien pro Gramm der Energieträger Nummer eins. Kohlenhydrate und Eiweiß liefern jeweils nur 4 Kilokalorien pro Gramm.

Nur: Irgendwie müssen die fehlenden Fettkalorien ausgeglichen werden. Und das passiert oft über Aromen und Kohlenhydrate, sprich Zucker. Light-Milchprodukte sind also nicht automatisch fett- und kohlenhydratreduziert.

Fazit: Am besten ist nach wie vor, Fruchtjoghurt oder -quark selbst zu machen. Wählen Sie dazu ein fettarmes Produkt aus, geben Sie einen Teelöffel Konfitüre und nach Geschmack ein paar Spritzer Flüssigsüßstoff dazu – fertig. Alternativ schmeckt auch etwas frisch geschnittenes Obst dazu sehr lecker. Das ist dann tatsächlich light.

Kross & knusprig: Chips

Wer kennt das nicht: Einmal angefangen, hört man oft erst auf, wenn die Chipstüte leer ist. Und das macht bei einer 175-g-Tüte satte 950 kcal, 64 g Fett und 88 g Kohlenhydrate aus. Wäre da die Light-Variante mit 30 Prozent weniger Fett besser? Ganz klar nein! Sie enthält in der gleichen Menge 793 kcal, 41 g Fett und 82 g Kohlenhydrate. Die Kaloriendifferenz liegt bei 157, und das ist weitaus weniger als meistens angenommen.

Stellt sich die Frage, ob beispielsweise Süßkartoffelchips, die aktuell im Trend liegen, eine Alternative bieten. Auch ihre Energiebilanz ist vergleichbar mit der herkömmlicher Chips. Gleiches gilt für Kessel- oder frittierte Gemüsechips; und auch sie schneiden in puncto Fettbilanz nicht besser ab als klassische Kartoffelprodukte.

Wie sieht es mit gebackenen Varianten aus, die in jedem Supermarkt und Discounter zu haben sind? Ihr Fettgehalt liegt im Schnitt bei 10 Prozent. In einer 150-g-Tüte stecken 621 kcal, 14,5 g Fett und 111 g Kohlenhydrate. Diese Chips sind zwar fettärmer, dafür aber kohlenhydratreicher als herkömmliche Sorten. Wer seine Insulinmenge kalkulieren möchte, sollte das auf keinen Fall unberücksichtigt lassen.

Eignen sich Wirsing-Chips als Alternative?

Eine brandneue Alternative sind unfrittierte, ungebackene, gewürzte Wirsing-Chips (z. B. von Heimatgut oder in der Bio-Abteilung beim Drogeriemarkt dm. Eine 35-g-Tüte enthält 140 kcal, 7,4 g Fett und 5 g Kohlenhydrate, wovon allerdings nur 3,5 g anrechnungspflichtig sind. Wer ab und zu gern etwas knabbert, hat hier eine passende Alternative.

Allerdings ist der Wirsinggeschmack nicht jedermanns Sache. Und das Tütchen ist mit etwa 2,50 Euro recht teuer. Fazit: Wenn Chips, dann am besten in kleiner Menge und beispielsweise ohne große Auswirkung auf den Blutzucker – in Form von Wirsing-Chips.

Stevia und andere Zuckerersatzstoffe in Getränken

Im Trend liegen sämtliche Produkte mit Stevia, Süßstoffen wie Sucralose, Saccharin, Aspartam, Acesulfam K und Cyclamat. Doch auch hier lohnt sich der Blick auf die Zutatenliste. Colahaltige Erfrischungsgetränke in der Zero- oder Light-Version sind tatsächlich nahezu energiefrei, haben keine Auswirkung auf Blutzucker und Figur. Bei Stevia-Cola Coke life sieht die Sache schon anders aus: Hier wurden lediglich etwa 30 Prozent der Zuckerkalorien durch kalorienfreie Stevia-Süße ersetzt. Der Rest ist Zucker, was bei Diabetes und kalorienreduzierter Ernährung nicht sinnvoll ist.

Im Convenience-Bereich sollen zuckerfreie Kräutertees mit Stevia, beispielsweise von sweet fitness, Verbraucher zum Kauf anregen. In den fertig verpackten Teebeuteln ist die Süße bereits enthalten. Je länger der Beutel in der Tasse zieht, desto süßer wird das Heißgetränk. Das ist praktisch für unterwegs, denn in einem Beutel ist alles vereint. Doch ob sich solche Fertigprodukte durchsetzen, ist fraglich. Denn Tee selbst mit einer Süßstofftablette zu süßen, ist nicht schwer.

Mineralwasser mit süßem Schuss

Um Mineralwasser einen Schuss Geschmack ohne Zucker und kaum Kalorien zu geben, gibt es beispielsweise Sirup mit null Prozent Zuckerzusatz (von Mautner in großen Supermärkten), Granulat in zig Geschmacksvarianten von Bolero sowie kalorienarmer Sirup von SodaStream free. Die Produkte enthalten meist Stevia, Acesulfam K oder Sucralose.

Auch hier empfiehlt es sich, auf die Dosierung und die entsprechenden Nährwerte in der Analyse zu schauen. Ist das Getränk kalorienarm, hat es zumindest schon einmal deutlich weniger Zuckerkalorien als vergleichbare Produkte. Doch der Gaumen gewöhnt sich schnell an süßen Geschmack. Besonders Stevia ist sehr süß – und sein Nachgeschmack hält recht lange an. Wichtig ist es, Energie, die durch solche Zusatzlebensmittel eingespart wird, nicht über kalorienreichere oder größere Portionen zu kompensieren. Dann ist der Effekt tatsächlich gleich null.



von Kirsten Metternich
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-online.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (2) Seite 64-67

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