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Die moderne Medizin macht einem Diabetiker das Leben weitaus leichter als früher: Seit es Pumpe und Glukosesensor gibt, kann man auf lästiges Spritzenaufziehen, Bolusberechnung und Fingerpiksen verzichten, wenn man das möchte.
Der Vorteil an der altbekannten Spritz- und Messmethode ist jedoch: Man kann es im Geheimen machen, so dass es niemand mitbekommt.
Das fällt mit Pumpe oder mylife OmniPod und FreeStyle-Libre-Sensor doch schon erheblich schwerer, denn irgendwie ist eines der beiden Geräte immer sichtbar. Beim FreeStyle-Libre-Sensor gibt es nicht viele Alternativen, der muss laut Hersteller an den Arm. Bei der Patch-Pumpe kann man schon variieren, wobei sehr viele Diabetiker auch eine Stelle am Arm bevorzugen. Meine hängt am Unterschenkel, weil sie bei mir dort am besten hält und bei Außentemperaturen unter 20 Grad versteckt bleibt.
Sind der Sensor und/oder die Patch-Pumpe zu sehen, schaut der höfliche Nicht-Diabetiker einfach kurz hin oder fragt nett nach, um was es sich denn da an Arm/Bein/Hüfte/Bauch handelt. Aber es gibt auch vermeintlich witzige oder unwissende Menschen, die der Meinung sind, man müsse das gesehene Gerät lächerlich machen oder totinterpretieren, um was es sich dabei handelt. Hier sind meine persönlichen Top 5 der „Interpretationen einer Pumpe/eines Sensors“ – und all diese „Erklärungsversuche“ habe ich auch wirklich so zu hören bekommen.
„Sind deine Eltern Terroristen“ – „Warum? Weil sie die Sterne geklaut und in meinen Augen versteckt haben?! Schlechte Anmache!“ – „Nein, weil du ’ne Bombe am Arm trägst.“ Auch wenn der junge Mann damals nicht mein Typ war, musste ich doch lachen, und bis meine beste Freundin kam und mich zum Rauchen mitgezerrt hat, haben wir auch ein nettes Gespräch geführt.
Umso weniger schön wird es, wenn man vor einer Sicherheitskontrolle am Flughafen oder bei Gericht steht und das Gegenüber ist sich wirklich nicht sicher, ob in dem Kästchen Sprengstoff ist. Nachdem der Sicherheitsbeamte 2015 am Flughafen in Hurghada (Ägypten) schon ganz nervös rumgestikuliert und an meiner Patch-Pumpe rumgefummelt, mich glücklicherweise aber irgendwann durchgewunken hat, betrete ich keinen Flughafen mehr ohne ärztliches Attest. Damit geht’s definitiv schneller und ohne böse Überraschungen.
Zugegeben: Würde ich als Laie ein weißes Kästchen am Bein einer anderen Person angeklebt sehen, wäre auch meine erste Vermutung, dass es sich um eine Art Schrittzähler handelt. Mit Fortschritt der Technik und den ganzen Pseudo-Healthy-Grünkohl-Smoothies schlürfenden Hobby-Leistungssportlern mit ihren Smartwatches und Fitness-Apps ist es schwer, einen Überblick zu haben, welches Gadget momentan in ist. Also warum dann nicht auch ein Schrittzähler zum Ankleben ans Bein?!
Diesmal ging es ausnahmsweise um den FreeStyle-Libre-Sensor am Arm. Mit der Antwort „Nee, nee, das ist ein Glukose-Sensor“ sind aber auch die meisten ein bisschen überfordert. Oft kommt man halt nicht um eine mehr oder minder ausführliche Erklärung herum.
Als Bedienung erlebt man so einiges, und im Disko-Betrieb gewöhnt man sich schnell an (stark) alkoholisierte Gäste. Mehr Alkohol = weniger Hemmungen, und ich möchte behaupten, dass ich in drei Jahren Bedienen in der Disko fast alles erlebt habe.
Die Krönung war jedoch ein männlicher Gast, der bis in die frühen Morgenstunden kräftig am Feiern und Trinken war. Als ich ihm seinen bestimmt schon fünften Gin Tonic an diesem Abend hinstellte, meinte er plötzlich zu mir: „Dein Tattoo am Bein sieht übrigens voll realistisch aus, fast wie echt. Was stellt das überhaupt dar?“
„Werden sie von der NSA überwacht? Müssen wir jetzt aufpassen, was wir reden? Oder ist das nur eine Fußfessel?“, so ein Gast zu mir im Sommer beim Bedienen im Biergarten. Bei 28 Grad ist es schwierig, als Servicekraft im Außenbetrieb passende Klamotten zu finden. Keine zu kurzen Hosen (denn wir sind ja in einem Restaurant und nicht in einem Sportstudio oder am Strand), keine Röcke (denn wehe, man bückt sich mal), nicht zu lang, weil es sonst zu warm wird, keine Kleider (gleiches Problem wie mit einem Rock) … Irgendwann kommt man auf den Kompromiss, eine ¾ lange Hose oder Bermuda-Shorts zu tragen.
In meinem Fall sieht man dann wieder die Patch-Pumpe am Bein. Inzwischen habe ich mich an fragende Blicke gewöhnt und auch daran, dass ich das eine oder andere Mal darauf angesprochen werde. Auch wenn das Erklären beim zehnten Mal lästig wird, versuche ich doch, so freundlich und knapp wie möglich zu erklären, was da an meinem Unterschenkel hängt. Die oben genannte Frage hat mich damals jedoch ein bisschen angefressen. Wahrscheinlich lag es daran, dass er vermutet hatte, dass ich ein Knacki bin, oder mich zumindest scherzhaft damit verglichen hat, vielleicht lag es auch einfach am stressigen Arbeitsbetrieb oder den Temperaturen. Auf jeden Fall habe ich eine coole Miene aufgesetzt und geantwortet: „Keine Angst, das liegt nur daran, dass ich schwerbehindert bin.“ Gespräch beendet.
So, ihr Lieben, ich würde mich sehr über ein Feedback von euch freuen und gerne hören, mit was eure Pumpe/euer Sensor schon verwechselt worden ist und wie ihr reagiert habt. Vielleicht kann man noch was lernen 😉
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