WHO-Bericht zu Übergewicht in Europa: Bestands­aufnahme und Weckruf

WHO-Bericht zu Übergewicht in Europa: Eine übergewichtige junge Frau blickt skeptisch auf einen Globus in ihrer Hand
WHO-Bericht zu Übergewicht in Europa: Eine übergewichtige junge Frau blickt skeptisch auf einen Globus in ihrer Hand
Foto: kues1 – stock.adobe.com

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat einen aktuellen Bericht zur Übergewichts-Situation in Europa veröffentlicht: Im European Obesity Report 2022 wurden alarmierende Daten, aber auch Lösungsvorschläge zusammengetragen.

Fast zwei Drittel (59 Prozent) der Erwachsenen und ein Drittel der Kinder (29 Prozent der Jungen und 27 Prozent der Mädchen) in Europa sind übergewichtig oder adipös (stark übergewichtig). Das geht aus einem WHO-Bericht zur Übergewichts-Situation in Europa (European Regional Obesity Report 2022) hervor (siehe dazu auch Grafik am Ende des Artikels). Mehr Männer (63 Prozent) sind übergewichtig als Frauen (54 Prozent), während starkes Übergewicht (Adipositas) bei Frauen (24 Prozent) weiter verbreitet ist als bei Männern (22 Prozent).

Kein Land in Europa wird die WHO-Ziele gegen starkes Übergewicht erreichen

Die höchste Adipositas-Prävalenz (Kennzahl der Adipositas-Häufigkeit) weisen die Türkei, Malta, Israel und das Vereinigte Königreich auf, eine Zunahme ist aber in allen 53 Ländern dieser WHO-Region zu beobachten. Sie verzeichnet damit nach der Region Nord-, Mittel- und Süd-Amerika global die zweithöchste Häufigkeit. „In Europa […] wird kein einziges Land das globale Ziel der WHO erreichen, den Anstieg der Adipositas bis 2025 zu stoppen“, kommentierte Dr. Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, die Zahlen.

Starkes Übergewicht droht Haupt-Risiko­faktor für Krebs in Europa zu werden

Adipositas ist dem WHO-Bericht zur Übergewicht in Europa zufolge Ursache für 13 verschiedene Krebsarten. Für einige Länder der Region wird prognostiziert, dass sie sogar das Rauchen als Hauptrisikofaktor für vermeidbare Krebserkrankungen ablösen wird. Zudem betonen die Autorinnen und Autoren, dass Adipositas nicht nur Risikofaktor für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Typ-2-Diabetes und andere nicht übertragbare Krankheiten ist, sondern als eigenständige Krankheit angesehen und gezielt vorgebeugt und behandelt werden muss.

COVID-19-Pandemie befeuert die Entstehung von Übergewicht

Auch die COVID-19-Pandemie habe die gesundheitliche Gefahr durch starkes Übergewicht verdeutlicht, denn bei stark übergewichtigen Patienteninnen und Patienten ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie einen schweren Verlauf haben und an dem Virus sterben. Gleichzeitige habe die Pandemie die Entstehung von Adipositas begünstigt: „Vorläufige Daten deuten auch darauf hin, dass die Menschen während der aktuellen Pandemie vermehrt Risikofaktoren für Adipositas ausgesetzt waren, einschließlich einer Zunahme der sitzenden Lebensweise und des Verzehrs von ungesunden Lebensmitteln“, heißt es in dem WHO-Bericht zur Übergewicht in Europa.

Kampf gegen Übergewicht: strukturelle Maßnahmen gegen ungesunden Lebensstil

Um der Entwicklung entgegenzuwirken, empfehlen die Expertinnen und Experten der WHO strukturelle Maßnahmen auf politischer Ebene: „Fettleibigkeit wird von der Umwelt beeinflusst, daher ist es wichtig, dieses Problem aus der Perspektive aller Lebensabschnitte zu betrachten. So wird z. B. das Leben von Kindern und Jugendlichen durch das digitale Umfeld, einschließlich der Vermarktung ungesunder Lebensmittel und Getränke, beeinflusst“, sagte Dr. Kremlin Wickramasinghe, Leiter des europäischen WHO-Büros für Prävention und Bekämpfung von nichtübertragbaren Krankheiten, bei der Präsentation des Berichts.

Grafik: WHO; Bearbeitung und Übersetzung: MedTriX Group

„Die Beschränkung der Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder, die Besteuerung zuckergesüßter Getränke und die Verbesserung der Maßnahmen des Gesundheitssystems zur Bekämpfung der Adipositas gehören derzeit zu den am intensivsten diskutierten Politikbereichen in der WHO-Region Europa“, so Wickramasinghe weiter. Andere Maßnahmen, die sich als vielversprechend erwiesen haben, sind die Verbesserung des Zugangs zur Behandlung des Übergewichts in der primären Gesundheitsversorgung, die Förderung des Stillens und schulische Interventionen. Weitere Vorschläge sind die Verbesserung der Qualität von Parks und Spielplätzen sowie die Bereitstellung einer angemessenen Verkehrsinfrastruktur, um einen aktiven Lebensstil zu fördern.



von Gregor Hess

mit Materialien der WHO

Beitrag teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

16 + = 22

Aktuelle Beiträge aus den Rubriken

„Das hab ich total gefühlt!“ Conny berichtet im Podcast über das Diabetes-Barcamp „Loop your life“

„Das hab ich total gefühlt!“ Conny berichtet im Podcast über das Diabetes-Barcamp „Loop your life“

In der neuesten Folge unseres Podcast-Formats Diabetes-Audio-Anker teilt Conny ihre Erfahrungen und Erkenntnisse vom Diabetes-Barcamp zum Thema „Loop Your Life” in Frankfurt. Am 2. März 2024 war es so weit: Das Barcamp der Diabetes-Community Blood Sugar Lounge lockte rund 100 Menschen mit Diabetes in die Memox Taunusanlage in Frankfurt am Main. Im Mittelpunkt standen Closed-Loop-Systeme (siehe Kasten

Weiterlesen »
Vorsorgeuntersuchung (6) - die Bauchspeicheldrüse – Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt_AdobeStock_Iconic Prototype

#46: Vorsorgeuntersuchung (6) – die Bauchspeicheldrüse

Diabetes ist ein sehr komplexes Krankheitsbild, was sich langfristig auf die gesamte Funktionalität des Körpers auswirkt. Daher ist es umso wichtiger, neben einem guten Diabetes Management, auch regelmäßige Vorsorgetermine wahrzunehmen, um eventuelle Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend entgegenwirken zu können. In meiner kommenden Beitragsreihe möchte

Weiterlesen »
Die richtige Ernährung für gesunde Gelenke

Die richtige Ernährung für gesunde Gelenke

Früher oder später machen viele Menschen die Erfahrung von schmerzenden Gelenken und werden weniger beweglich. Neben dem fortschreitenden Alter und zu wenig Bewegung kann auch Arthrose diesen Prozess forcieren. Doch es lässt sich einiges tun, um sich auch dann noch gut zu fühlen. Dabei spielt eine

Weiterlesen »
Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen
Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

⚓️ Jetzt AnkerLetter abonnieren 💌

Mit dem regelmäßigen gratis Newsletter gelangen die wichtigsten aktuellen Informationen für Menschen mit Typ-2-Diabetes automatisch in deinen Posteingang. Trage jetzt deine E-Mail-Adresse ein und verpasse keine wichtigen Nachrichten mehr. (Die Abmeldung ist jederzeit möglich über einen Link im Newsletter.)