Wunden bei Typ-2-Diabetes: welche Rolle die Ernährung spielt

Wunden bei Typ-2-Diabetes: welche Rolle die Ernährung spielt
Wunden bei Typ-2-Diabetes: welche Rolle die Ernährung spielt
Foto: Halfpoint – stock.adobe.com

Ob es zu schlecht heilenden Wunden bei Typ-2-Diabetes kommt, hängt auch von der Ernährung ab. Doch beeinflusst diese auch bereits bestehende Wunden? Die Studienlage ist rar und Expertinnen und Experten betonen daher die Wichtigkeit des belegten präventiven Einflusses der Ernährungsgewohnheit auf das Entstehen von chronischen Wunden als Folge eines Typ-2-Diabetes.

Das Hauptziel der Behandlung des Diabetes ist es, eine gute Stoffwechselkontrolle zu erreichen. Denn ist der Blutzuckerspiegel durch das Zusammenspiel von Ernährung, Bewegung und eventuellen Medikamenten gut eingestellt, vermindert das nicht nur das Risiko für Gefäßschädigungen, sondern sorgt auch dafür, dass die Funktion der Nerven erhalten bleibt. „Beide Faktoren, die Schädigung von Nerven und von Blutgefäßen, tragen entscheidend zur Entstehung chronischer Wunden bei“, sagt Professor Dr. Thomas Skurk von der Technischen Universität München (TUM). Die verminderte Sensibilität in den Füßen, die mit der diabetesbedingten Nervenschädigung einhergeht, steigert das Risiko für Verletzungen und sorgt dafür, dass diese nicht sofort von Betroffenen bemerkt werden. Eingeschränkte Gefäßfunktion und Mangeldurchblutung wiederum führen dazu, dass Geschwüre entstehen, die nicht oder nur schwer heilen.

Heilung chronischer Wunden: ausgewogene Ernährung ist wichtiger als Gewichtsverlust

Wenn bereits eine chronische Wunde besteht, ist die Rolle der Ernährung jedoch nicht mehr so leicht zu fassen, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V. (DGA), die auch die anstehende Diabetes-Herbsttagung zusammen austragen. Denn auch wenn viele Diabetes-Typ-2-Betroffene übergewichtig sind, wiesen etliche zugleich eine Mangelernährung auf.

„Viele Patienten sind mit bestimmten Nährstoffen unterversorgt, die für die Immunabwehr und für die Wundheilung wichtig sind“, betont Prof. Skurk, der den Forschungsschwerpunkt Humanstudien am Institute for Food & Health (ZIEL) der TUM leitet. Das gelte nicht nur für ältere und pflegebedürftige Patientinnen und Patienten, wenngleich das Risiko bei diesen besonders hoch sei. Um den Mangel nicht zu verschärfen, eine ausreichende Energiezufuhr zu sichern und den Allgemeinzustand zu erhalten, sei nicht immer eine rasche Gewichtsreduktion möglich.

Ob die Ernährung bereits bestehende Wunden maßgeblich beeinflusst, ist unklar

Gerade bei großflächigen Wunden kämen noch andere Probleme hinzu, sagt Prof. Skurk, die sich unmittelbar auf die Ernährung auswirken: „Hier kann es durch Wundsekrete zu einem ausgeprägten Flüssigkeits- und Eiweißverlust kommen, der ausgeglichen werden muss.“ Bei der Erhöhung der Trinkmenge sowie bei einer proteinreichen Ernährung müssten jedoch zugleich auch andere häufige Komplikationen des Typ-2-Diabetes wie Herz- oder Nierenerkrankungen im Blick behalten werden. Versuche, die Wundheilung mithilfe bestimmter Aminosäuren, Vitamine oder Mineralstoffe zu verbessern, hätten bislang nicht zum Durchbruch geführt, so der Münchener Experte weiter. Ein nachgewiesener Nährstoffmangel sollte jedoch in jedem Fall ausgeglichen werden.

Ob und wie sich die Heilung bereits bestehender Wunden durch solche Ernährungsinterventionen fördern lässt, sind noch unklar, denn Studien zu diesem Thema sind rar. „Lokale Maßnahmen wie Wundsäuberung, Wundabdeckung und Infektionskontrolle sind für den Heilungsprozess sicher entscheidender“, so Skurk. Das größere Potenzial für einen Ernährungseffekt liege vorwiegend in der Prävention. Alles, was dabei helfe, einen Typ-2-Diabetes gar nicht erst entstehen zu lassen – also eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichende Bewegung –, trage auch dazu bei, chronische Wunden zu verhindern, auch und vor allem wenn bereits ein Typ-2-Diabetes bestehe.

Zum Thema gesunde Ernährung sei auch die Politik gefordert

Was zu einem gesunden Lebensstil gehört, sei den meisten Menschen bekannt, sagt PD Dr. med. Kilian Rittig, niedergelassener Diabetologe in Teltow bei Berlin und Tagungspräsident der DDG-Herbsttagung. Dennoch falle es vielen Menschen nicht leicht, Sport oder regelmäßige Spaziergänge in den Alltag zu integrieren und auf hochkalorische Snacks zu verzichten. „Hier ist auch die Politik gefragt, den Menschen die Entscheidung für gesunde und gegen ungesunde Verhaltensweisen zu erleichtern“, so Dr. Rittig.

Zu den konkreten Maßnahmen, die die DDG im Rahmen der Nationalen Diabetesstrategie fordert, zählen die Einführung einer „gesunden Mehrwertsteuer“ – mit steuerlicher Entlastung für gesunde sowie Steuererhöhungen auf ungesunde Lebensmittel – sowie eine verpflichtende Kennzeichnung mit dem Nutri-Score für alle Lebensmittel. „Weil die Weichen für einen gesunden Lebensstil bereits im Kindesalter gestellt werden, sollte besonderes Augenmerk zudem auf Kita und Schule liegen“, betont Dr. Rittig. So empfiehlt die DDG etwa, verbindliche Standards für eine gesunde Kita- und Schulverpflegung zu formulieren, täglich eine Stunde Bewegung in die Stundenpläne einzubauen und ungesunde Lebensmittel für Kinder mit einem umfassenden Werbeverbot zu belegen.



von Redaktion Diabetes-Anker (gh)

mit Materialien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V. (DGA)

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