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Es gibt seit eh und je eine ganz bestimmte Sache, bei der ich sofort Bluthochdruck bekomme, sobald diese beim Arzt ansteht. Na, hast Du eine Ahnung, was das sein könnte? Ja, richtig – Blut abnehmen!
An sich habe ich kein Problem mit Blut, doch allein der Anblick der Nadel sowie der bloße Gedanke an den Einstich lassen meinen Magen verkrampfen und Schweißperlen auf meiner Stirn entstehen. Daher war es früher meine Strategie, alles was mit Spritzen zu tun hatte, einfach zu vermeiden. Doch dann kam der Diabetes… Was für eine Ironie, oder?
Nach meiner Diagnose war mein erster Gedanke „oh scheiße, jetzt musst Du Dich selber spritzen!“. Und Gott weiß, was das bereits früher für ein Drama war. Im Januar 2015 wurde ich am Fuß operiert, was mich nicht nur für lange Zeit an Krücken band, sondern auch die ersten 14 Tage nach der OP Thrombose-Spritzen nötig machte. Als Kind von Eltern, die beide keine Spritzen sehen konnten, war es ausgeschlossen, dass sie mir die tägliche Spritze am Morgen unfallfrei geben würden.
Daher hieß es für mich: Augen zu und durch! Ich versuchte damals, mein Gehirn so auszutricksen, dass ich mich direkt nach dem Aufstehen spritzte, wenn ich noch völligst verschlafen war. Denn ich dachte, dass ich so vielleicht am wenigsten den ganzen Akt wahrnehmen würde. Na, haste gedacht, liebe Caro! Jede Spritze hat unfassbar viel Überwindung gekostet und die Tatsache, dass es jeden Tag an der Einstichstelle einen blauen Fleck gab, machte die Sache nicht leichter. Plus, nach der Spritze war ich hellwach und vollgepumpt mit Adrenalin sowie Kortisol.
Ich muss sagen, ich war ganz happy, als meine Diabetologin anfangs meinte, dass ich erstmal so in meine Diabetes-Therapie starten sollte – also ohne Blutzuckermessen. Denn auch hier hatte ich bereits in frühsten Kindheitstagen meine Erfahrungen (…oder auch nicht) gemacht.
Seit ich denken konnte, hatte meine Oma Diabetes. Und vor dem Essen hat sie sich immer vor versammelter Mannschaft (= Familie) gespritzt. Als Kind war es für mich absolut nicht greifbar, was sie sich spritzte. Doch allein, weil ich aus eigener Erfahrung wusste, wie schmerzhaft so ein Einstich war, hatte ich automatisch den Gedanken, dass das weh tun musste. Und somit speicherte ich die ganze Prozedur als etwas Negatives für mich ab. Wie gesagt, ich war ja noch ein Kind!
Ich erinnere mich noch an eine bestimmte Situation, bei der einige Familienmitglieder am Tisch sich ebenfalls mit Omas Blutzucker-Messgerät nach dem Essen blutig gemessen haben. Einfach aus Neugier, keiner von ihnen hatte Diabetes. Und natürlich fragten sie mich, ob ich auch mal wollte. Aber Klein-Caro schaffte es absolut nicht, sich zu überwinden und sich selber zu stechen. Somit war das Thema für lange Zeit vom Tisch.
2021 schaffte ich mir nach 9 Monaten Leben mit Diabetes mein erstes Blutzucker-Messgerät an. Und wow, die Sekunden vor dem allerersten Stich waren die Hölle und ich war mega-nervös. Aber eher vor dem bevorstehenden Schmerz des Einstichs als aus Angst vor dem Wert. Ich nehme schon mal vorweg: Ich lebe noch — und tatsächlich messe ich mittlerweile regelmäßig! Blutzuckermessen war alles in allem nicht ganz so schlimm, wie ich es mir anfangs ausmalte. Es kostet zwar bis heute noch minimal an Überwindung, doch ich kann damit gut umgehen. Und am Ende weiß ich ja auch, wofür ich es mache!
Was größere Spritzen anbelangt, also mit längeren und sichtbaren Nadeln, so musste ich auch hier im vergangenen Jahr meinen Weg finden, da ich zwischenzeitlich ein Medikament zum Spritzen (kein Insulin) bekommen hatte. Wie Du Dir vorstellen kannst, war ich anfangs recht wenig begeistert davon, aber was musste, das musste. Meine Diabetologin war so lieb und war bei der ersten Dosis dabei und gab mir sogar Baby-Nadeln mit. Und diese waren wirklich ein Game-Changer! Denn so konnte ich am Anfang erstmal lernen, mit meiner Überwindung klarzukommen. Und als es dann für mich soweit in Ordnung war, konnte ich den nächsten Schritt gehen und mit normalen Nadelgrößen arbeiten. Diese spürt man tatsächlich beim Einstich etwas mehr, doch ich lernte schnell, wo ich die Nadel ohne Schmerzen setzen konnte und wo besser nicht.
Wenn man Außenstehenden erzählt, dass man Diabetes hat, dann ist einer der am meisten stigmatisierenden Kommentare: „Oh Gott, ich könnte mich niemals selber spritzen!“ Gut, wenn man eine Insulin-Therapie macht, ist das unabdingbar und lebensnotwendig. Sprich, man hat als Mensch mit Diabetes gar keine andere Wahl, wenn man leben möchte! Aber auch als Nicht-Insulinpflichtige kommt man nicht drum herum, sich früher oder später seiner Angst bezüglich Nadeln zu stellen. Wenn ich ganz ehrlich bin, gehörte ich anfangs auch zu den Menschen, die sich das absolut nicht vorstellen konnten.
Doch wenn der Tag der Tage kommt und man selber mit einer Krankheit wie Diabetes diagnostiziert bzw. konfrontiert wird, merkt man schnell, dass man eigentlich keine andere Wahl hat und irgendwie einen Weg finden muss, damit gut umgehen zu können. Ich denke, es gibt viele Menschen mit Diabetes, die meine oben geschilderten Situationen gut nachvollziehen können und vielleicht genauso mit Nadeln hadern bzw. haderten wie ich. An dieser Stelle möchte ich Dir einfach sagen: Das ist vollkommen okay! Meines Erachtens wächst man in dieses Thema mit der Zeit rein. Doch heute möchte ich Dir ein paar Tipps an die Hand geben, die mir im Umgang mit der Nadel gut geholfen haben und so manches bis heute „erträglicher“ gestalten.
Hast auch Du noch Tipps für das Spritzen? Schreibe es gerne in die Kommentare!
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