Auf dem Weg zum Closed Loop: Was die Diabetes-Industrie für uns in der Pipeline hat

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Community-Beitrag
Auf dem Weg zum Closed Loop: Was die Diabetes-Industrie für uns in der Pipeline hat

Ich persönlich bin mit meinem ganz gewöhnlichen, mechanischen Insulinpen und mit meinem FreeStyle-Libre-Sensor ja hochzufrieden. Bedarf für eine Insulinpumpe oder ein rtCGM-System sehe ich in meinem Diabetesmanagement nicht. Erst recht nicht für ein System, das Pumpe und Sensor miteinander koppelt und daraus eine quasi automatisierte künstliche Bauchspeicheldrüse („Closed Loop“) macht. Trotzdem finde ich es ungeheuer spannend, was andere Menschen mit Diabetes so alles anstellen, die mehr Spaß an Technik haben als ich. Unter dem Hashtag #wearenotwaiting findet man im Internet mittlerweile jede Menge Informationen von der und über die Community, die keine Lust mehr hat, auf die Industrie zu warten, bis endlich ein kommerzielles Closed-Loop-System verfügbar ist.

Wem es an Lust, Mut und Zeit fehlt, der braucht noch etwas Geduld

Natürlich hat nicht jeder genug Lust, Mut und Zeit, herumzuwerkeln und sich aus vorhandenen Insulinpumpen und CGM-Systemen auf eigene Faust ein Closed-Loop-System zu bauen, wie es diese Bastler tun. Nun, wem es an Lust, Mut und Zeit hierfür fehlt, der braucht halt ein wenig Geduld. Doch über kurz oder lang wird es auch reguläre Produkte von den großen Unternehmen aus der Diabetestechnik-Branche geben, die eine nahezu automatische Insulindosierung auf Basis der gemessenen Gewebezuckerdaten vornehmen.

Beim Jahreskongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), der im Mai 2018 in Berlin stattgefunden hat, habe ich hierzu einen sehr spannenden Vortrag von Dr. Andreas Thomas gehört. Er arbeitet beim Unternehmen Medtronic, ist in der Diabetestechnik-Szene mit jedem per Du und hat einen tollen Überblick über diverse Produktentwicklungen, die in seinem eigenen Unternehmen, aber auch in anderen Unternehmen anstehen.

Open Loop – LGS – Hybrid Closed Loop – Closed Loop – bihormoneller Closed Loop

Andreas erläuterte zunächst einmal, was ein System eigentlich leisten muss, um sich als „Closed Loop“ zu qualifizieren. Natürlich muss es zum einen Glukosewerte messen und zum anderen Insulin abgeben. Doch das kann eine sensorunterstützte Insulinpumpentherapie (in Fachkreisen gern mit SuP abgekürzt) auch längst. Wenn Insulinpumpe und CGM-System bei der SuP nur so kommunizieren, dass die Glukosewerte auf dem Pumpendisplay angezeigt werden, reagiert die Pumpe nicht auf fallende oder steigende Glukosewerte, sondern gibt Insulin ausschließlich nach ihrer programmierten Basalrate bzw. in Form von Boli ab.. Ein „Open Loop“ also.

Der nächste Schritt in Richtung Closed Loop ist die automatische Hypo-Abschaltung (in Fachkreisen „Low Glucose Suspend“, LGS, genannt) und prädiktive Hypo-Abschaltung (in Fachkreisen „Predictive Low Glucose Suspend“, PLGS, genannt), die bei niedrigen Glukosewerten die Insulinzufuhr vorübergehend unterbricht. Die Medtronic-Pumpe MiniMed 640G kann das, wenn sie in Verbindung mit einem rtCGM-System verwendet wird. Noch einen Schritt weiter gelangt man zum Hybrid Closed Loop, der mithilfe eines Algorithmus dafür sorgt, dass das System über die Hypo-Abschaltung hinaus auch bei hohen Glukosewerten gegensteuert. Außerdem passt es auf Basis der CGM-Daten die Basalrate permanent an die aktuellen Gegebenheiten an. Ein Bolus zum Essen muss aber auch hier von Hand abgegeben werden.

Ein solches Hybrid-Closed-Loop-System ist in Form der Insulinpumpe MiniMed 670G (wieder in Verbindung mit einem rtCGM-System) in den USA bereits auf dem Markt – in Europa hängt es von den behördlichen Zulassungen ab, wann das System verfügbar sein wird. Die letzte Stufe, sprich: der „echte“ Closed Loop, ist dann erreicht, wenn ein System das Zusammenspiel zwischen Glukosewerten und Insulinspiegel vollkommen eigenständig und ohne manuelle Bolusgaben ausbalanciert – idealerweise sogar in Form eines „bihormonellen Closed Loop“, bei dem die Pumpe nicht nur Insulin, sondern auch dessen Gegenspieler Glukagon enthält.

Einen Closed Loop bauen? Keine triviale Aufgabe!

Insbesondere der bihormonelle Closed Loop ist derzeit noch Zukunftsmusik, weil Glukagon derzeit – anders als Insulin – nur schwer als stabile Flüssigkeit in Ampullen gelagert werden kann. Und auch sonst ist es technisch alles andere als trivial, einen echten Closed Loop zu entwickeln, der als ein Gerät „von der Stange“ bei allen Menschen mit Diabetes gleichermaßen zuverlässig und sicher funktioniert. Da gilt es nämlich das grundsätzliche Problem zu überwinden, dass Insulin mit den gängigen Pumpensystemen ins Unterhautfettgewebe abgegeben wird.

Von dort aus hat es allerdings noch eine kleine Reise vor sich, bis es in der Blutbahn ankommt. Von außen zugeführtes Insulin wirkt also längst nicht so schnell wie vom Körper selbst ausgeschüttetes. Und auch bei der Glukosemessung muss man Verzögerungen einkalkulieren: Ein CGM-Sensor misst den Glukosegehalt im Zwischenzellwasser des Unterhautfettgewebes. Dort gelangt der Zucker aber erst nach den Zwischenstationen Magen/Darm und Blutbahn an, sodass Gewebezuckerdaten keine Blutzuckerdaten sind. All dies muss ein Closed-Loop-Algorithmus ebenfalls berücksichtigen. Und – nicht zu vergessen – wenn ein Produkt dann fertig entwickelt ist, muss es diverse regulatorische und behördliche Hürden nehmen, bevor es auf den Markt kommt.

Nichtsdestotrotz wird an etlichen Fronten fleißig geforscht und entwickelt, damit möglichst bald echte Closed-Loop-Systeme auf den Markt kommen können. Hier einmal ein Überblick über die Projekte, die Andreas bei seinem Vortrag vorgestellt hat:

  • Das Unternehmen Insulet arbeitet am OmniPod Horizon, einem OmniPod mit integriertem Bluetooth, der mit dem OmniPod Dash PDM gepaart wird und sich mit dem rtCGM-System von Dexcom koppeln lässt. Zusammen handelt es sich dann um einen Hybrid Closed Loop. Mehr Informationen hierzu gibt es u. a. hier.
  • Der Insulinhersteller Lilly entwickelt derzeit eine Einweg-Patch-Pumpe in Form einer Puck-Scheibe, die ein Pumpenreservoir für 3ml Insulin enthält und mit dem rtCGM-System Dexcom G6 gekoppelt wird. Auch dieses System soll ein Hybrid Closed Loop werden, wie man zum Beispiel hier nachlesen kann.
  • Das Unternehmen Tandem Diabetes arbeitet ebenfalls an einem Hybrid-Closed-Loop-System, für das es seine X2-Insulinpumpe mit dem rtCGM-System Dexcom G6 verbinden will. Mehr Infos – hier übrigens direkt vom Hersteller – gibt es hier.
  • Das Unternehmen Bigfoot Biomedical hat in seiner Pipeline eine Patch-Pumpe mit langlebigem Controller, die in Verbindung mit der nächsten Generation des FreeStyle Libre (der dann wie ein rtCGM funktionieren soll) zu einem Closed Loop wird. Mehr Informationen hierzu gibt es u. a. hier.

Ich finde, das klingt alles spannend und vielversprechend. Doch ein Wermutstropfen bleibt natürlich: All diese interessanten Projekte sind derzeit noch im Entwicklungsmodus, nur für einige von ihnen laufen bereits erste klinische Studien, in denen die Technik auf Herz und Nieren geprüft wird. Wann die neuen Systeme also auf dem Markt erhältlich sein werden, steht derzeit noch in den Sternen. So lange heißt es für Fans eines Closed Loop also: entweder weiter warten oder #wearenotwaiting.

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  • carogo postete ein Update vor 1 Tag, 7 Stunden

    Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?

    • Das wüsste ich auch gerne.

    • Liebe Carogo,
      anrechnungspflichtige KH sind Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel erhöhen. Es gibt auch KH, die nicht direkt blutzuckersteigernd wirken und damit für die Insulintherapie nicht oder nicht voll angerechnet werden müssen, wie bspw. Ballaststoffe oder KH, die nur sehr langsam den Blutzucker beeinflussen.
      VLG
      Gregor aus der Diabetes-Anker Redaktion

    • @gregor-hess: danke für die Antwort! Könntest du hierfür mal Beispiele nennen?

  • cesta postete ein Update vor 1 Woche, 4 Tagen

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Wochen

    hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • mayhe antwortete vor 3 Wochen

      Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

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