Corona-Angst und die fatalen Folgen

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Corona-Angst und die fatalen Folgen

Dicker geworden, kaum Bewegung, hohe Werte – viele Menschen mit Diabetes hat das Dauerthema „Corona“ in eine persönliche Krise gebracht. Häufig sitzt bei ihnen auch die Angst vor einer Ansteckung tief. Mancher Patient ist so verunsichert, dass er sich derzeit nicht (mehr) in ärztliche Behandlung traut und dringend notwendige Behandlungen, etwa zur Diabeteseinstellung, platzen lässt – fatal bei frisch diagnostiziertem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes, stark schwankenden Werten und/oder einem diabetischen Fuß!

Kontrolltermin beim Augenarzt oder Herzspezialisten? Abgesagt. Besuch beim Diabetologen? Verschoben. Fußinspektion heute? Nicht wahrgenommen. Viele Patientinnen und Patienten scheuen sich seit Beginn der Corona-Pandemie davor, zum Arzt zu gehen. Selbst bei schweren Befunden bleiben sie weg. Dass sie dann vielleicht viel zu spät in ärztliche Behandlung kommen, kann böse Folgen haben:

„Ich selbst habe einen Patienten mitbetreut, der 3 Monate mit Geschwüren (Ulcera) an den Füßen nicht zum Arzt ging“, sagt Prof. Dr. Andreas Fritsche von der Uniklinik Tübingen. „Beide Beine waren dann nicht mehr zu retten und mussten amputiert werden.“ Ein Einzelfall? Kaum. Von seinen Kolleginnen und Kollegen höre er „allenthalben“, dass weniger Diabetespatientinnen und -patienten als sonst die vereinbarten Untersuchungstermine einhalten.

Schwerste Stoffwechselentgleisungen – jetzt häufiger!

„Auch im Diabeteszentrum Bad Lauterberg spüren wir die Angst der Patienten vor Ansteckung mit COVID-19 – es kommen deutlich weniger zur stationären Behandlung“, berichtet Dr. Thomas Werner, erster Vorsitzender des Bundesverbandes Klinischer Diabetes-Einrichtungen (BVKD). Verlegungen aus anderen Krankenhäusern nach schwersten Stoffwechselentgleisungen wie Ketoazidosen kämen jetzt häufiger vor. Auffällig seien auch viele Neumanifestationen des Typ-1-Diabetes.

„Bei den Fußpatienten sind durch verzögerte Einweisungen oft schon Fußknochen aufgrund einer begleitenden Infektion zerstört. Das macht eine konservative Therapie schwierig bis unmöglich“, warnt er. Unterschenkelamputationen ließen sich in seinem Haus bisher größtenteils vermeiden. Dennoch berichteten ihm Diabetologen aus ganz Deutschland von weitaus schwereren Fällen, denen die Amputation drohe.

Wo bleiben Zahlen und Fakten? „Das macht mich wütend!“

Die Auswirkungen von SARS-CoV-2 werde man aber erst in 1 bis 2 Jahren statistisch aufbereiten können – wenn das Robert Koch-Institut und seine Diabetes-Surveillance-Arbeitsgruppe die jährlichen Diabeteszahlen veröffentlicht. Fritsche dazu: „Für Patienten und Ärzte ist das dann zu spät, nützt im Nachhinein wenig und macht mich wütend: Im Bereich COVID-19 bekommen wir ja täglich Zahlen geliefert.“

Thomas Werner hält sich bis auf Weiteres strikt an die Vorgaben zum Infektionsschutz: Jeder Zugangspatient des Diabeteszentrums Bad Lauterberg wird zunächst isoliert. Erst bei negativem COVID-19-Abstrich geht die Behandlung los. Allein diese Maßnahme dürfte „das Infektionsrisiko schon minimieren“, betont er. Das Krankenhauspersonal trägt zudem konsequent FFP2-Masken und reduziert den Kontakt auf das Minimum.

Ein ähnliches Bild zeichnet Prof. Dr. Thomas Haak, Chefarzt der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim und sagt: „Eigentlich sollte kein Diabetespatient die stationäre Krankenhausbehandlung verschieben.“ Die Einweisung erfolge, weil die ambulanten Behandlungsoptionen ausgeschöpft seien. „Damit besteht eine Indikation für eine möglichst zeitnahe Behandlung im Fachkrankenhaus“, so Haak.

Laut Werner gebe es bei allem „zwar immer ein Restrisiko – aber was sind denn die Folgen einer verzögerten Behandlung? Will man seinen Fuß verlieren oder an einem Herzinfarkt versterben?“ Natürlich nicht. Das zumindest dürfte zu 100 Prozent sicher sein …


Autorin:

Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke
Kopenhagener Str. 74, 10437 Berlin

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (3) Seite 50-51

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  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

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