Diabetes-Technologie in der Zukunft: Was sich Menschen mit Diabetes wünschen

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Diabetes-Technologie in der Zukunft: Was sich Menschen mit Diabetes wünschen | Foto: Natalja Kosarewitsch – stock.adobe.com
Foto: Natalja Kosarewitsch – stock.adobe.com
Diabetes-Technologie in der Zukunft: Was sich Menschen mit Diabetes wünschen

Wer Diabetes hat, wünscht sich oft, dass die Krankheit das Leben so wenig wie möglich beeinflusst. Daraus ergeben sich einige Wünsche für die Zukunft z.B. an die Technologie – die tatsächlich zum Teil inzwischen annähernd erfüllt sind.

Wenn man vor 20 oder 30 Jahren Menschen mit Typ-1-Diabetes nach ihren Wünschen für die Behandlung des Diabetes fragte, wurden vor allem drei Dinge genannt:

Da bereits fünf verschiedene AID-Systeme in Deutschland verfügbar sind, ist der Wunsch nach einem Closed-Loop-System annähernd erfüllt. Allerdings sind es noch Hybrid-Systeme: Die basale Insulinabgabe (Basalrate) und Insulin zum Senken erhöhter Glukosewerte (Korrektur-Boli) werden automatisch abgegeben, den Bolus zur Mahlzeit geben sich die Betroffenen noch per Hand.

Beim Wunsch nach einer unblutigen Messung ist es bisher nicht gelungen, mit physikalischen Methoden hinreichend genaue Mess-Ergebnisse für die Kontrolle der Glukosewerte bei Diabetes zu erzielen. Achtung hierbei: Im Internet angebotene Uhren mit „Blutzuckermessung“ erfüllen keineswegs die Kriterien!

Allerdings hat sich das kontinuierliche Glukose-Messen (CGM) etabliert. Weil dabei ein Glukose-Sensor nach seinem Einführen unter die Haut zwischen 7 und 14 Tagen zuverlässig misst und ein „blutiges“ Messen des Blutzuckers nur ab und zu notwendig ist, kann auch hier von einer Annäherung an das Erfüllen des dritten Wunsches gesprochen werden.

Diabetes-Technologie der Zukunft: wesentliche Entwicklungen und Visionen

Das Ziel jeder Weiterentwicklung ist, das Leben von Menschen mit Diabetes möglichst weitgehend unbelastet vom Diabetes zu gestalten. Dazu existieren zahlreiche Visionen, zum Teil auch schon Entwicklungen. Diese ergeben sich aus der Vision bezüglich neuer Methoden und Geräte und unter dem Aspekt der dafür anfallenden Kosten und dem sich daraus ergebenden Preis. Genannt seien:

Entwicklung von kosteneffizienten CGM-Sensoren

Aktuell wenden weltweit etwa 10 Millionen Menschen CGM an, was deutlich unter der Zahl derer liegt, die von CGM profitieren würden. Eine wesentliche Ursache dafür ist die Preis-intensive Technologie. Die Vision ist, diese zukünftig mit Mikro- oder gar Nanoelektronik herzustellen. Sensoren weisen dann ein Design wie mikroelektronische Schaltkreise auf. Aktuell werden elektronische Chips auf 12-Zoll-Scheiben (etwa 30 cm) gefertigt. Würde man so CGM-Chips herstellen, könnten auf einer Scheibe 20.000 und mehr Sensor-Chips entstehen. Der Preis für einen Sensor läge dann geschätzt bei einem US-Dollar.

Analyse der CGM-Daten mit Algorithmen und künstlicher Intelligenz

Daraus lassen sich Hinweise ableiten, die für das Therapie-Management wichtig sind und die auf Smartphones der Anwendenden geschickt werden können. Auf diese Weise entsteht ein Hilfs-System für Menschen mit Diabetes (PDSS: Patient Decision Support System) und auch Ärzte (CDSS: Clinical Decision Support System). Ebenfalls könnten solche Daten direkt an eine Insulinpumpe weitergegeben und für die Steuerung der Insulin-Abgabe genutzt werden. Und es lassen sich darauf Apps für die Behandlung aufbauen.

Einbeziehen von anderen Parametern

Weitere Parameter wie Puls, Hautfeuchtigkeit usw., gemessen mit Sensoren ebenfalls auf dem Sensor-Chip werden zusätzlich zur Beurteilung der Stoffwechsellage hinzugezogen.

Einbeziehen von Daten zur Charakterisierung einer Mahlzeit

Programme, welche eine Mahlzeit anhand von Fotos beurteilen, gibt es bereits. Daraus ließe sich die für eine Mahlzeit notwendige Insulindosis berechnen und abgeben.

Anwendung bei einem vollautomatischen AID-System

Die detailliertere Analyse der vorhandenen Daten, ggf. auch unter Anwenden von künstlicher Intelligenz, sorgt für das Lernen des Systems. So werden die Algorithmen verfeinert und individualisiert. In geringem Umfang erfolgt bereits eine Erweiterung der aktuell verfügbaren Hybrid-AID-Systeme. Mahlzeiten werden z. B. nur noch qualitativ gewählt, also Frühstück, Mittagessen und Abendessen sowie klein, mittel und groß.

Unblutige Glukose-Messung

Es gibt eine große Zahl physikalischer Methoden, mit denen ein Glukose-Messen ohne Eindringen in die Haut möglich ist. Allerdings wurde bisher bei der Anwendung im Alltag nicht die für die Diabetes-Behandlung notwendige Genauigkeit erreicht. Das Problem ist ein ungünstiges Verhältnis von Glukose-Signalen und Störsignalen wie Wasser, Fett und Eiweiß. Hocheffektive optische Sensoren könnten das Problem deutlich vermindern. Nicht invasive Systeme hätten viele Vorteile: Sie könnten sowohl für das kontinuierliche als auch das punktuelle Glukose-Messen eingesetzt werden. Sie lassen sich beliebig oft und langzeitig nutzen. Es fällt kein Verbrauchsmaterial an. Und man muss sich das Gerät nur einmal zulegen.

Bio-Reaktoren mit funktionalen Zellen

Ein weiterer Ansatz sind Bio-Reaktoren, die in den Bauchraum eingebracht werden und auf denen insulinproduzierende Beta-Zellen und ggf. auch glukagonproduzierende Alpha-Zellen integriert sind. Die Zellen geben Insulin und Glukagon entsprechend der Glukose-Konzentration in der Umgebung des Bio-Reaktors ab, müssen aber mit Sauerstoff versorgt werden. Entsprechende Entwicklungen laufen bereits.

Bio-Chips, auf denen Insulin-produzierende Beta-Zellen sitzen

Die Zellen geben entsprechend dem Glukose-Reiz Insulin ab. Die abgegebene Menge an Insulin ist ein Maß für die vorhandene Glukose-Konzentration im Blut, die Beta-Zelle damit gewissermaßen ein „Glukose-Sensor“. Das Bestimmen der Insulinmenge auf dem Chip kann in ein Signal umgewandelt werden, welches als Glukosewert ausgegeben wird und/oder ein AID-System steuert. Bisher ist ein solcher Bio-Chip eher ein Werkzeug für die Diabetes-Forschung und Hilfsmittel bei der Beta-Zell-Transplantation.

Schwerpunkt „Die Zukunft der Diabetes-Therapie“


von Dr. Andreas Thomas

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Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (1/2) Seite 14-15

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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