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Bluthochdruck ist wie Diabetes ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Der Bluthochdruck muss also unbedingt gesenkt werden. Dazu sind meist Medikamente nötig – und die sollten klug miteinander kombiniert werden.
In der Klinik bestätigte sich dieser glücklicherweise nicht – jedoch fand sich ein Blutdruck von 230/110 mmHg, der wahrscheinlich Ursache der plötzlichen Luftnot und des Engegefühls in der Brust war. Nach der entsprechenden Akutbehandlung in der Klinik durfte Frau M. wieder in ihr Wohnstift – mit der Maßgabe, sich regelmäßig beim Hausarzt vorzustellen.
Zu Beginn gleich eine positive Nachricht: Aktuelle Studien (Robert Koch-Institut) zeigen, dass der Anteil der Menschen, die von ihrem Bluthochdruck wissen, in den letzten Jahren in Deutschland zugenommen hat – ebenso wie die Anzahl derer, die sich behandeln lassen (1998: 72 Prozent, 2011: 85 Prozent).
Allerdings scheint insbesondere der erhöhte Blutdruck (Fachbegriff: arterielle Hypertonie) bei übergewichtigen Männern zuzunehmen (gilt für Männer zwischen 18 und 28 Jahren; Prof. Hausberg, Deutsche Hochdruckliga). Nach offiziellen Angaben haben etwa 25 Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren und fast 40 Prozent der gleichaltrigen Männer einen Bluthochdruck.
Entsprechend den Empfehlungen der deutschen, amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften hat sich in den letzten Jahren die Forderung verstärkt, bei allen Menschen einen Blutdruck von möglichst unter 140/90 mmHg zu erreichen. Dies kann aber gerade z. B. bei älteren Menschen mit Diabetes und begleitender Niereninsuffizienz, die schon Kreislaufprobleme haben (z. B. Schwindel beim Aufstehen), zu Stürzen mit Knochenbrüchen und/oder auch Schädelverletzungen führen. Eine zu niedrige Blutdruckeinstellung ist dann also nicht auf Dauer sinnvoll oder sogar schädlich.
Andererseits haben Studien (ADVANCE-Studie) gezeigt, dass von einer guten, nicht zu niedrigen Blutdruckeinstellung (135/73 mmHg in der Studie) auch noch nach Jahren – trotz einer dann nicht mehr so konsequenten Blutdruckeinstellung – gerade Diabetiker profitieren: Beobachtet wurden eine deutlich niedrigere Gesamtsterblichkeit und weniger Herz-Kreislauf-Todesfälle. Eine sehr strenge Blutzuckereinstellung hatte in dieser Studie dagegen eher nachteilige Auswirkungen.
Vor einigen Jahren haben Forscher nachgewiesen, dass es sich auch bei Menschen über 80 Jahren lohnt, eine gute Blutdruckeinstellung durchzuführen – eine reduzierte Häufigkeit an Schlaganfällen und Herzinsuffizienz waren die Folge (HYVET-Studie).
Allgemeinmaßnahmen wie die Gewichtsabnahme bzw. das Erreichen eines geringeren Bauchumfanges durch regelmäßige Bewegung und ggf. Einschränkung der Kalorien- und Kochsalzzufuhr stehen im Vordergrund. Medikamente sind aber in den meisten Fällen zusätzlich von Anfang an erforderlich.
Es haben sich ACE-Hemmer und AT1-Blocker meist in Kombination mit einem Entwässerungsmittel (z. B. HCT) und Kalzium-Antagonisten bewährt. Bei bestehender koronarer Herzkrankheit (KHK, Verkalkung der Herzkranzgefäße) kommen auch Betablocker in Frage.
Regelmäßiges Entspannungstraining unterstützt die medikamentöse Therapie und hilft, den Blutdruck zu senken. In einer Studie aus denUSA über transzendentale Medizin konnte z. B. durch Yoga das Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und den Herztod um fast 50 Prozent gesenkt werden. Allgemein bekannt ist schon lange, dass Anti-Stress-Maßnahmen die Psyche und damit auch das Herz-Kreislauf-System positiv beeinflussen.
Bei der medikamentösen Therapie hat sich in den letzten Jahren – durch Studien belegt – gezeigt, dass eine Kombination von ACE-Hemmern und AT1-Blockern (diese beeinflussen den Nieren- und Salz-/Wasserhaushalt bei Diabetikern und auch übergewichtigen Menschen positiv) sowie deren Kombination mit Aliskiren (Rasilez) nicht sinnvoll, ja sogar schädlich sein kann. Deshalb werden diese Kombinationen bei Diabetikern in der Regel nicht mehr verordnet – vor allem, wenn der Blutdruck schon niedrig ist.
Während bisher sechs Gruppen von Medikamenten häufig miteinander kombiniert wurden, fasst man ACE-Hemmer und AT1-Blocker heute in einer Gruppe zusammen. Betablocker sind nicht mehr Mittel der ersten Wahl bei unkompliziertem Bluthochdruck; andere Blutdruckmittel spielen nur eine untergeordnete Rolle.
So bleiben für eine gute Blutdruckeinstellung vier Gruppen übrig, die sinnvoll miteinander kombiniert werden können. Es gibt natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Blutdruckmittel, die an anderen Stellen im Körper ansetzen und im Austausch oder zusätzlich vom Arzt verordnet werden können (z. B. Moxonidin, ein zentraler Alphablocker).
Bei schwer einstellbarem Bluthochdruck wird in der Regel schon mit einer Kombination aus zwei Medikamentengruppen begonnen, die dann evtl. noch durch eine dritte Gruppe ergänzt werden kann. Im Rahmen der Dreifach-Kombination muss man versuchen, die Substanz herauszufinden, die nicht so gut wirkt, um sie ggf. durch eine andere auszutauschen.
Da viele Hypertoniker auch weitere Erkrankungen haben und deshalb oft zusätzlich noch andere Medikamente einnehmen müssen (z. B. Diabetesmedikamente, Medikamente gegen Asthma/COPD, Fettstoffwechselstörungen), muss die Gefahr von Wechselwirkungen immer berücksichtigt werden. Das Nebenwirkungsprofil muss also oft von Anfang an ganz besonders beachtet werden.
So werden Betablocker im Rahmen der Bluthochdrucktherapie praktisch nur noch bei begleitenden Herzerkrankungen eingesetzt – besonders bei systolischer Herzinsuffizienz und koronarer Herzkrankheit oder nach einem Herzinfarkt (in diesem Fall auch bei der diastolischen Herzinsuffizienz).
Bevorzugt werden also ohne diese Begleiterkrankungen am Herzen vor allem Medikamente der Gruppen A (ACE-Hemmer oder AT1-Blocker), C (Kalzium-Antagonisten) und D (Diuretika), die dann miteinander kombiniert werden können. Vor allem auch bei beginnender Eiweißausscheidung im Urin (Mikroalbuminurie) sind ACE-Hemmer bzw. AT1-Blocker Mittel der ersten Wahl bei Menschen mit Diabetes.
Normalerweise sinkt der mittlere Blutdruck in der Nacht um etwa 10 bis 20 Prozent unter den Tageswert (Normal Dipper; to dip: engl. absenken). Menschen, bei denen der Blutdruck nachts um weniger als 10 Prozent absinkt, bezeichnet man als Non-Dipper, Menschen, bei denen nachts der Blutdruck sogar ansteigt, als Inverted Dipper (umgekehrte Reaktion des Blutdrucks).
Ein Non-Dipper oder Inverted Dipper zu sein, ist ein starker Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn die Situation nicht z. B. durch nächtliche Arbeit oder anderes bedingt ist. Aktuelle Studien belegen, dass nur der nächtliche Blutdruck im Verhältnis zum Tagesblutdruck – und nicht der Tagesblutdruck isoliert – eine schlechte Prognose hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Non-Dipper, Inverted Dipper) signalisiert.
Andererseits sind aber auch Menschen mit extrem niedrigem Blutdruck während der Nacht (Extreme Dipper) im Schlaf mit einem höheren Herz-Kreislauf-Risiko behaftet. Relativ aktuell gibt es zudem auch Hinweise dafür, dass ein extremer Blutdruckanstieg in den frühen Morgenstunden (um über 55 mmHg; Morning Surge) ein besonderes Risiko darstellt.
Bei der Auswahl der richtigen Medikamente zur Blutdrucksenkung sollte das Blutdruckverhalten während des Tages und ggf. auch in der Nacht berücksichtigt werden. Entsprechende Blutdruckmessungen durch den Patienten selbst (auch nachts, z. B. beim Gang zur Toilette) oder durch eine 24-Stunden-Blutdruckmessung sind eine Voraussetzung dafür, das effektivste Mittel und ggf. auch die richtige Dosis herauszufinden.
Eine gute Blutdruckeinstellung hat bei Menschen mit Diabetes eine besonders große Bedeutung – langfristig hilft sie, Herzinfarkte und Schlaganfälle zu reduzieren.
Die medikamentöse Behandlung sollte stufenweise, individuell und langsam erfolgen, um schwere Nebenwirkungen (z. B. Stürze durch zu niedrigen Blutdruck) zu vermeiden oder rechtzeitig zu erkennen. Durch die häufigen Begleiterkrankungen mit zunehmendem Alter muss insbesondere das Zusammenwirken der Medikamente beachtet werden. Ist eine gute Einstellung einmal erreicht, sollte die Kombination von Medikamenten nicht unnötig verändert werden! Für eine anhaltend gute Blutdruckeinstellung braucht man Geduld, aber auch konsequentes Handeln!
von Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist/Angiologe/Diabetologe, Chefarzt Deegenbergklinik sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund)
Deegenbergklinik, Burgstraße 21, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 21-0 sowie
Klinik Saale, Pfaffstraße 10, 97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 5-01
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (6) Seite 34-37
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