- Behandlung
Digitalisierung der Gesundheitsversorgung: Die Zukunft hat längst begonnen
4 Minuten
Diagnose, Therapie, Lebensstilveränderung: In vielen Bereichen nutzen wir digitale Gesundheitsanwendungen. Inwiefern werden Gesundheitsvorsorge und die medizinische Versorgung dadurch besser, einfacher, individuell? Unsere Autorin ist Pharmazeutin und ausgesprochene Expertin in Sachen Digitalisierung. Sie sagt, welche positive Rolle digitale Helfer spielen können, und sie gibt eine Einschätzung: Welche Rolle spielt der vor Ort für seine Kunden erreichbare Apotheker im digitalen Gesundheitswesen?
Sensoren in Tabletten, die anzeigen, ob und wann das Medikament tatsächlich eingenommen worden ist. Maßgeschneidert für den jeweiligen Patienten auf Rezept hergestellte Tabletten aus dem 3D-Drucker. Eine Hotline, an der eine Maschine nach Symptomen fragt und danach entscheidet, ob ein Arztbesuch notwendig ist oder nicht. Essen einfach per App fotografieren, um Kalorien oder Broteinheiten der Mahlzeit zu berechnen …
… das alles sind keine Zukunftsszenarien, sondern Produkte, die es heute schon gibt. Das lässt erahnen, wie weitreichend Digitalisierung die Gesundheitsversorgung von morgen verändern wird. Diagnose, Therapie, Lebensstilveränderung – in allen Bereichen haben digitale Gesundheitsanwendungen Einzug gehalten.
Dr. Ursula Kramer ist Pharmazeutin und Pionierin in Sachen Digitalisierung. 2011 hat sie mit dem Aufbau der Informations- und Bewertungsplattform für Health-Apps Healthon.de begonnen. Dieses Angebot richtet sich an Endverbraucher, Anbieter von Gesundheits-Apps sowie Ärzte und Entscheider aus Pharmaunternehmen und Krankenkassen.
Sie will damit Transparenz schaffen über die Qualität der angebotenen Gesundheits-Apps und einen Beitrag leisten zur Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz. Kramer wurde dreimal mit dem Präventionspreis des Wissenschaftlichen Instituts für Prävention im Gesundheitswesen und der Deutschen Apotheker Zeitung ausgezeichnet.
Als stellvertretende Leiterin der AG Digital Health im Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung engagiert sie sich seit 2016 für die Entwicklung wissenschaftlicher Methoden zur Evaluation und Nutzenbewertung von Gesundheits- und Medizin-Apps.
Auch das ist ein Ergebnis des Digitalisierungsfortschritts: die kontinuierliche Gewebezuckermessung. Rund um die Uhr liefert sie Messwerte ohne lästiges Stechen und ohne Blutzuckerteststreifen. Ein Sensor wird z. B. am Oberarm oder am Bauch angebracht; statt bisher 10 Tage kann die Nutzungsdauer mit einem neuen implantierbaren Sensor gar auf 180 Tage verlängert werden.
Die neuen Systeme können messen – und auch vorhersagen, wie sich der Gewebezucker in der nächsten Zeit verändern wird. Irgendwann geben sie vielleicht auch Empfehlungen, ob Insulin gespritzt oder Nahrung aufgenommen werden soll. Es ist leicht vorstellbar, dass das Diabetesmanagement damit viel einfacher und die Blutzuckereinstellung damit auch besser werden können.
Inneren Schweinhund digital überlisten
Mittlerweile ist fast jeder mit Smartphones und Apps erreichbar – quasi rund um die Uhr, Tag und Nacht, zuhause, am Arbeitsplatz und auch im Urlaub, und das über Alters- und Sozialschichten hinweg; deshalb liegen große Hoffnungen auf digitalen Lebensstilbegleitern. Statt wie bisher beim Arztbesuch, könnten die digitalen Helfer die Daten kontinuierlich aufzeichnen und auswerten: aus digitalen Tagebüchern, aus Fitnessarmbändern, aus Blutdruckmessgeräten oder digitalen Waagen.
Tipps und Handlungsempfehlungen immer dann zu bekommen, wenn man sie braucht, Fragen stellen zu können, immer dann, wenn ein Problem auftaucht: Das ist für chronisch kranke Menschen, die im Alltag oft auf sich selbst gestellt sind, eine positive Vorstellung. Der digitale Helfer könnte im richtigen Moment dazu motivieren, die Treppe zu nehmen, zu Fuß zum Bus zu laufen oder einen Abendspaziergang zu machen. Er weiß, wie es mir gerade geht, kennt mich und meine Erkrankung und erklärt mir, auf meine Sprache angepasst, was ich wissen muss, um meine Krankheit zu verstehen und meinen Lebensstil positiv zu beeinflussen. Eine angenehme Vorstellung!
Der Patient rückt stärker in den Fokus
Einfacher soll das Leben für Diabetiker werden; tatsächlich gibt es schon die ersten Rundum-sorglos-Pakete aus Teststreifen, Messgerät, digitalem Diabetes-Tagebuch und integriertem Diabetes-Assistenten, der Daten auswertet, Online-Schulungen macht und auf Fragen antwortet: Die ersten Krankenkassen in Deutschland erstatten solche Systeme bereits.
Individueller und besser soll die Versorgung werden – eine Hoffnung, die sich knüpft an die Nutzung der Daten aus digitalen Tagebüchern, Apps, smarten Uhren und Fitnessarmbändern, intelligenten Waagen und digitalen Messgeräten. Man will aus der Auswertung der Daten sinnvolle Erkenntnisse ableiten, das Lebensumfeld des Patienten besser verstehen:
Was funktioniert wirklich?
Wie kommt der Patient mit einer vom Arzt verordneten Therapie tatsächlich klar? Wie ändern sich seine Krankheitssymptome, wie fühlt sich der Patient unter der Therapie, wie gut sind Blutdruck, Blutzucker und Gewicht eingestellt? Und wie regelmäßig werden welche Arzneimittel eingenommen? Zusammen mit den Behandlungsdaten, die der Arzt bei den Therapiekontrollen erfasst, ergibt sich ein klareres Bild. Individuelle Unterschiede zwischen Patienten werden erkennbar, ebenso die Hürden, die den Einzelnen an der Umsetzung der verordneten Therapie hindern.
Wer profitiert von welcher Therapie, wer braucht welche Unterstützung? Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern eine Möglichkeit, die Perspektive der Patienten besser zu verstehen, Therapien zu vereinfachen mit dem Ziel, Behandlungsergebnisse zu verbessern.
App-Nutzung: persönlicher Entscheidungsprozess
Digitalisierung ist jedoch keine technische Allzweckwaffe für die Lösung aller Gesundheitsprobleme; denn am Anfang jeder Therapie steht auch im digitalen Zeitalter das Bewusstsein für deren Notwendigkeit und die eigene Motivation, Therapieziele festlegen und erreichen zu wollen. Das ist und bleibt ein sehr persönlicher Entscheidungsprozess des Einzelnen, den Arzt und Apotheker als vertrauensvolle Ansprechpartner lediglich begleiten können.
Zur praktischen Unterstützung können sie Gesundheits- und Medizin-Apps gezielt empfehlen – da, wo sie die Qualität der Versorgung verbessern, wo sie organisatorische Abläufe vereinfachen oder die Kommunikation mit dem Patienten sinnvoll ergänzen können. Voraussetzung dafür ist immer, dass der Patient die neuen digitalen Helfer nutzen will und kann.
Vertrauensvolle digitale Berater: absolut wichtig
Obwohl das Interesse z. B. an Diabetes-Apps sehr groß ist, haben sie sich noch nicht als gemeinsames Arbeitsmittel von Arzt, Apotheker und Patient etabliert. Das hat viele Gründe: Es gibt so viele Apps, welche sind gut und sicher? Welcher App kann ich vertrauen? Wie kann ich Daten aus meinem digitalen Tagebuch mit Arzt und Apotheker austauschen?
Nicht nur Patienten, sondern auch Arzt und Apotheker müssen lernen, die Qualität und Vertrauenswürdigkeit digitaler Anwendungen einzuschätzen. Es muss eine sichere, digitale Infrastruktur geben, um Daten untereinander austauschen zu können. Die erforderlichen Entwicklungen lassen weiter auf sich warten. Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und die Telematikinfrastruktur, die Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und Patienten miteinander verbinden soll, haben sich leider immer wieder verzögert.
Digitalisierung – Chance auf bessere Gesundheitsvorsorge
Was macht uns krank, was hält uns gesund, wie können wir uns besser schützen vor Umweltbelastungen, Antibiotikaresistenzen, Virusepidemien? Wie können wir die Arzneimittelversorgung sicherer gestalten und bessere Ergebnisse für den Patienten erzielen? Die Vernetzung im Gesundheitswesen aller Beteiligten und die Nutzung von Daten, die Verbraucher und Patienten mit Apps, Messgeräten, Fitnessarmbändern etc. erfassen, können dazu beitragen, Gesundheitsrisiken früher zu erkennen und früher helfend eingreifen zu können.
Der vor Ort für seine Kunden erreichbare Apotheker hat im digitalisierten Gesundheitswesen der Zukunft eine gute Position, um sowohl die Gesundheitsvorsorge als auch die medizinische Versorgung für den Patienten einfacher, individueller und besser zu machen. Neue Möglichkeiten wie Videosprechstunden, Online-Beratung und die Einlösung elektronischer Rezepte weisen den Weg in diese digitale Zukunft.
- Digitalisierung der Gesundheitsversorgung: Die Zukunft hat längst begonnen
- Gesundheits-Apps erleichtern den Alltag
- „Arzneimittelkonto NRW“: ein (Medikamenten-)Überblick, der Leben rettet
von Dr. Ursula Kramer
Emmy-Noether-Str. 2, 79110 Freiburg,
Tel. 07 61/15 15 48-0, Fax 07 61/15 15 48-9,
E-Mail: ursula.kramer@healthon.de
,
Internet: www.healthon.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (10) Seite 18-20
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig