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Erstaunlich: In unserem Körper finden sich verschiedene Arten von Fett – weißes und braunes. Welche Aufgaben sie haben und warum es gefährlich ist, wenn wir zu viel weißes Fett einlagern, erklärt Dr. Schmeisl.
Jeder Hobby- und Profikoch setzt Fett vielseitig ein – z. B. zum Braten, um den Geschmack von Soßen zu verbessern, oder auch zum Überbacken von Aufläufen. Wenn es jedoch um den menschlichen Körper geht, ist das Wort Fett negativ besetzt: Zu viel Fett ist die unerwünschte Folge von zu vielen Kalorien, die dem Körper zugeführt wurden.
“Ich will abnehmen” ist deshalb in der Regel gleichbedeutend mit dem Ziel, Fett abzubauen. Kein Wunder: Viele Studien der letzten Jahre und Jahrzehnte zeigen einen Zusammenhang zwischen zu viel im Körper gespeichertem Fett und dem Risiko für ernsthafte Folgeerkrankungen, insbesondere von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Aber auch das Risiko für einen Typ-2-Diabetes, für verschiedene Krebsarten und für eine nichtalkoholische Fettleber steigt deutlich an.
zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für
mehr als dreifach erhöhtes Risiko für
Aktuelle Studien jedoch lassen die Frage sinnvoll erscheinen: “Ist Fett denn wirklich gleich Fett?” Und: “Welches Fett ist schädlich, welches möglicherweise nicht? Gibt es Unterschiede?” Außerdem: “Ist der Abbau von Fett tatsächlich immer sinnvoll und nützlich?”
Fettgewebe besteht aus einer Art Bindegewebe und findet sich in vielen Bereichen des Körpers. Ist die Kalorienzufuhr dauerhaft erhöht, wird das Fett aus der Nahrung meist als Fettpolster abgelagert, bevorzugt und vor allem im Bauchraum (viszerales Fett/Eingeweidefett), aber auch unter der Haut (subkutanes Fett).
Um ein Kilogramm Fettgewebe abzubauen, muss ein Mensch etwa 7 000 Kilokalorien einsparen. Wer täglich ein Minus von etwa 200 bis 300 Kilokalorien (kcal) schafft, nimmt etwa ein Kilogramm pro Monat ab.
Fachleute unterscheiden zwei Arten von Fett: das braune und das weiße Fett. Das braune Fettgewebe wird vom Körper vor allem benötigt, um Wärme zu produzieren. Das weiße Fettgewebe dagegen dient an erster Stelle der Speicherung von Energie.
Wir wissen heute, dass das viszerale Fett sich bei starkem Übergewicht (Adipositas) entwickelt. Die einzelnen Fettzellen nehmen an Größe und Umfang zu, wobei gleichzeitig eine Art Entzündung auftritt. Dies ist erkennbar an Entzündungszellen und bestimmten Botenstoffen (Mediatoren, z. B. Interleukinen), die für einen Großteil der späteren Folgeschäden verantwortlich sind.
Braunes Fettgewebe kommt bei Erwachsenen nur in einer sehr geringen Menge von wenigen Gramm und nur an wenigen Körperstellen vor, z. B. im Bereich der Schlüsselbeine/Achseln, der Brusthöhle, besonders im Bereich des vorderen Mediastinums (dort sitzt das Herz) und entlang des Rückens. Schon lange ist bekannt, dass Neugeborene einen wesentlich höheren Anteil an braunem Fettgewebe haben, denn für sie stellt Kälte eine große Gefahr dar.
Braunes Fett findet sich bei ihnen hauptsächlich in der Brustregion und im Bereich des Halses, dient vor allem der Isolation und Wärmeproduktion und schützt so vor Unterkühlung. Braune Fettzellen haben nämlich die Fähigkeit, durch die “Verbrennung” von Fettsäuren die dabei entstehende Energie in Form von Wärme freizusetzen (Thermogenese). Tiere, die Winterschlaf halten, haben auch im Erwachsenenalter noch reichlich braunes Fettgewebe und können während längerer Kälteperioden sogar weißes in braunes Fettgewebe umwandeln.
Braunes Fett spielt aber auch bei der Energiebilanz eine Rolle: Es scheint so zu sein, dass Tiere, die sich “überfressen”, dadurch ebenfalls die Thermogenese, also die Wärmeproduktion, ankurbeln. Dadurch wird mehr Energie verbraucht, wodurch das Körpergewicht konstant gehalten werden kann.
Welche Rolle das braune Fett im menschlichen Körper außerdem spielt, ist bisher noch unklar. Viele Jahrzehnte ist man davon ausgegangen, dass es beim erwachsenen Menschen überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Mittlerweile zeigt sich jedoch, dass auch beim Erwachsenen noch kleine Mengen braunes Fettgewebe vorhanden sind. Man geht davon aus, dass die Menge mit zunehmendem Alter sinkt, besonders mit steigendem Body-Mass-Index und Übergewicht.
Weiße und braune Fettzellen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Funktion – sie sind auch unterschiedlich zusammengesetzt:
Für die bräunliche Farbe der braunen Fettzellen sind wohl vor allem die Kraftwerke jeder Zelle (Mitochondrien) verantwortlich. In braunen Fettzellen finden sich besonders viele dieser Kraftwerke, um Energie zu produzieren. Das Besondere an braunen Fettzellen: Die Energie wird besonders in Form von Wärme freigesetzt. Aktiv werden die braunen Fettzellen durch Kälte und Nahrungsaufnahme.
Das weiße Fettgewebe dagegen dient einerseits in Form von Speicher- oder Depotfettals Energiereserve – indem ein Mensch auf diese Reserve zurückgreift, kann er bis zu 40 Tage ohne Nahrung überleben. Außerdem schützt weißes Fettgewebe durch seine Ablagerung die Fußsohlen, die Augen, die Wangen, die Gelenke, die Nieren und das Herz.
Muss ein Mensch hungern, wird aber sogar dieses Fett verwendet, um den Körper mit Energie zu versorgen. Dies zeigt sich im typischen Aussehen unterernährter Menschen mit eingefallenen Wangen und Augenhöhlen. Das weiße Unterhautfettgewebe schützt darüber hinaus vor einer zu starken Auskühlung.
Neueren Forschungen zufolge sind weißes und braunes Fettgewebe nicht streng voneinander getrennt, sondern können sogar mit zunehmendem Alter und zunehmendem Körpergewicht ineinander übergehen. So wird aus braunem häufiger weißes Fettgewebe. Es scheint auch Zwischentypen zu geben: beige Fettzellen, wie sie im Jahr 2016 Prof. Giordano von der Universität Ancona (Italien) in der Zeitschrift Nature beschrieben hat. Da diese beigen Zellen ebenfalls Wärme produzieren können, könnte man hier möglicherweise in der Therapie bei stark übergewichtigen (adipösen) Menschen ansetzen.
Ein weiterer möglicher Therapieansatz ist es, das braune Fett zu aktivieren, zum Beispiel indem die Zimmertemperatur niedrig gehalten wird: Dadurch produziert der Körper mehr Wärme und verliert an Gewicht. Forscher aus Holland um Prof. van Marken Lichtenbelt aus Maastricht (Niederlande) konnten in einer Studie mit 17 Teilnehmern zeigen, dass sich durch regelmäßige Kälteexposition sowohl der Anteil als auch die Aktivität des braunen Fettgewebes erhöhen lassen. Japanische Forscher zeigten darüber hinaus, dass sich damit auch das Gewicht reduzieren lässt.
In Tierversuchen an der Uni Bonn ist es sogar gelungen, durch den körpereigenen Botenstoff Adenosin das braune Fettgewebe zu einer stärkeren Wärmeerzeugung zu veranlassen. Eine Umwandlung von weißem in braunes Fettgewebe scheint in Studien jedoch erfolgversprechender und mit weniger Nebenwirkungen (besonders am Herzen!) verbunden.
Ähnliche Untersuchungen von Dr. W. Fenske aus Leipzig führten zudem dazu, dass die Insulinempfindlichkeit und die Freisetzung von Wärme (Thermogenese) bei übergewichtigen Menschen gesteigert werden konnten durch Einsatz von Phosphodiesterase-Hemmern im Gehirn.
Da die Forschung zu den unterschiedlichen Arten von Fettgewebe beim erwachsenen Menschen noch in den Kinderschuhen steckt, ist noch nicht abzusehen, inwieweit bei stark übergewichtigen Menschen durch die Umwandlung von weißem in braunes Fettgewebe und die dadurch gesteigerte Produktion von Wärme auch eine Gewichtsabnahme erreicht werden kann.
Mit zunehmendem Alter spielt insbesondere eine Zunahme des weißen Fettgewebes (in Form einer “Bauch-Adipositas”) eine entscheidende Rolle für die Entwicklung schwerwiegender Folgeschäden, insbesondere von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb sind aktuell alle Maßnahmen, die eine Fettreduktion ermöglichen, besser geeignet.
Auch wenn wir verstehen, wie Menschen immer mehr zunehmen und sich damit ihr Risiko für Folgeschäden dramatisch erhöht, ist die Adipositas (krankhaftes Übergewicht) in Deutschland immer noch keine formal anerkannte Erkrankung. Daher werden von den Kostenträgern auch nur punktuell, nicht generell, Maßnahmen unterstützt, um diese Risiken abzuwenden. Für alle, die selbst betroffen sind, ist es wichtig, dass sie lernen, durch die bisher bekannten Maßnahmen ihr Risiko zu reduzieren.
Diese Maßnahmen sind: eine vernünftige Ernährung mit wenigen Kalorien und regelmäßiges Ausdauertraining. Unterstützt werden kann dies ggf. durch neuere Medikamente wie Darmhormon-basierte Medikamente (Inkretine) oder auch eine bariatrische Operation (Operation am Magen-Darm-System).
Die zukünftige Forschung wird hoffentlich Wege eröffnen, die einfacher, effektiver und mit weniger Nebenwirkungen (als z. B. bei Operationen) Menschen dabei unterstützen, Fett und damit lästige und potentiell gefährliche Pfunde loszuwerden.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (3) Seite 28-31
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