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Unter Fettstoffwechselstörungen versteht man krankhafte Veränderungen der Fettzusammensetzung mit einem Zuviel oder einem Zuwenig einzelner Fettbestandteile im Blut. Wir sagen Ihnen, wodurch die Störungen entstehen, welche Bedeutung sie im Zusammenhang mit Diabetes haben und wie man sie behandeln kann.
Erst jetzt wurde im Rahmen der stationären Behandlung des Infarktes ein Fettsenker eingesetzt, obwohl der Vater von Petra M.s Mutter ebenfalls schon früh (mit 48 Jahren) einen Herzinfarkt hatte und auch daran verstarb!
Petra M. (28 Jahre) ließ sich deshalb daraufhin bei ihrem Hausarzt untersuchen – und es bestätigte sich bei ihr eine “familiäre Hypercholesterinämie”!
In den letzten Jahren konnten Studien eindeutig bestätigen, dass ein Zusammenhang besteht zwischen einer Fettstoffwechselstörung, vor allem zwischen einem zu hohen Cholesterinspiegel (Hypercholesterinämie), und Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine. Vor allem das Senken des schlechten Cholesterins (LDL-Cholesterin) führt zu einer Reduktion dieser Folgeerkrankungen.
Es gibt jedoch auch Menschen, die trotz erhöhter Fette keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden: Also ist die Hypercholesterinämie (mit hohem LDL-Cholesterin) zwar der wichtigste Risikofaktor – bei einer Bewertung des Gesamtrisikos müssen jedoch auch Begleiterkrankungen berücksichtigt werden wie die Schlafapnoe (Atemstörungen während des Schlafs), der Diabetes, die Gicht und der Bluthochdruck, das Metabolische Syndrom sowie übermäßiger Genuss von Alkohol und Zigaretten.
Geschätzt die Hälfte aller Menschen im Alter von über 40 Jahrenin den westlichen Industrienationen hat erhöhte Blutfette, speziell der Typ-2-Diabetes ist jedoch ein Hochrisikozustand für die Entwicklung von Herzinfarkt, Schlaganfall und Komplikationen an den Beinen (wie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, pAVK). So liegt das Risiko, innerhalb der nächsten 10 Jahre eine koronare Herzkrankheit zu erleiden und einen Infarkt zu bekommen, bei nahezu 20 Prozent. Die Gesamtsterblichkeit bei Diabetikern ist doppelt so hoch wie bei Nichtdiabetikern, die Häufigkeit der koronaren Herzkrankheit ist bei Männern 2-mal, bei Frauen 3-mal höher als bei Nichtdiabetikern.
Wir sprechen heute von primären Fettstoffwechselstörungen, wenn diese genetisch (vererbt) bedingt sind – sie treten jedoch nicht bei jedem Vorbelasteten auf und werden durch den Lebensstil und die Ernährung verändert.
… das sind Fettstoffwechselstörungen, die begleitend zu anderen Grundkrankheiten auftreten: z. B. gehören dazu der Diabetes, Übergewicht, eine Schilddrüsenunterfunktion, Gallen- und Nierenerkrankungen und hoher Alkoholkonsum.
Typ-2-Diabetiker haben in der Regel eine gemischte Fettstoffwechselstörung mit einer leichten Erhöhung der Neutralfette (Hypertriglyzeridämie) sowie einer Verminderung des guten Cholesterins (HDL-Cholesterin), was sich in der Regel durch ein Optimieren der Blutzuckereinstellung wieder normalisieren lässt.
Mit zunehmendem Übergewicht besonders am Bauch kommt es wegen der Insulinresistenz von Muskulatur und Fettgewebe und der damit verbundenen hohen Insulinspiegel zu einer vermehrten Produktion von Neutralfetten – vor allem bei schlechter Blutzuckereinstellung kommt es deshalb neben der Anhäufung von LDL-Partikeln auch zu einer Erhöhung des Gesamtcholesterins im Blut.
Und beim Typ-1-Diabetes? Meist findet man Fettstoffwechselstörungen, gerade Hypertriglyzeridämien, nur im Rahmen von Stoffwechselentgleisungen, also z. B. im Rahmen einer Ketoazidose. Ursache ist eine Verminderung eines bestimmten Enzyms, der Lipoproteinlipase, die praktisch nur beim absoluten Insulinmangel auftritt.
Vor allem bei schlecht eingestelltem Diabetes treten sehr kleine, dichte LDL-Partikel auf, die rasch verstoffwechselt (oxidiert) werden und bei Anhäufung die Arteriosklerose fördern. Außerdem können bei einem sehr schlecht eingestellten Diabetes insbesondere die stark angehäuften Triglyzeride im Blut eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung (akute Pankreatitis) auslösen.
Das Lipoprotein (a) ähnelt dem LDL-Cholesterin und wirkt im menschlichen Körper thrombosefördernd, weshalb es zusammen mit den Fettstoffwechselstörungen zu den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gerechnet wird. Die Konzentration an Lipoprotein (a) ist in der Allgemeinbevölkerung sehr niedrig, es gibt jedoch Menschen mit erhöhten Werten, die durch eine normale Ernährung und gute Blutzuckereinstellung nicht wesentlich beeinflussbar sind.
Bei Werten ab etwa 25 mg/dl verdoppelt sich jedoch das Risiko für Folgeschäden. Eine wesentliche Beeinflussung ist nur durch die in der Therapie der familiären Fettstoffwechselstörung neu eingesetzten PCSK9-Hemmer möglich.
Basismaßnahmen gerade bei Fettstoffwechselstörungen im Rahmen eines Diabetes sind:
Eine Gewichtsreduktion von etwa 10 Prozent– wie sie realistischerweise innerhalb eines Jahres möglich ist, kann zu einer massiven Reduktion der Fettstoffwechselstörungen führen.
Merke: Früh verstorbene Angehörige (z. B. durch Herzinfarkt, Schlaganfall), extrem hohe LDL-Cholesterin-Werte und fehlende Senkung trotz gesunder Ernährung und Bewegung sollten unbedingt an eine “familiäre Hypercholesterinämie” denken lassen und behandelt werden!
Aktuell sollte bei Typ-2-Diabetikern, die als Hochrisikopatienten gelten, das LDL-Cholesterin auf unter 70 mg/dl, bei Typ-1-Diabetikern auf unter 100 mg/dl gesenkt werden. Dies ist durch eine Ernährungsumstellung, regelmäßige Bewegung etc. in der Regel nicht möglich! Deshalb werden CSE-Hemmer eingesetzt (meist Statine, gerade bei schon vorhandenen Gefäßschäden). Dadurch lässt sich das Risiko für eine koronare Herzkrankheit z. B. um etwa ein Drittel senken.
Mit der Hemmung der Synthese von Fett in der Leber wird jedoch häufig gleichzeitig die Aufnahme von Fett aus dem Darm gesteigert – und umgekehrt. Deshalb werden heute meist zwei Medikamente eingesetzt, nämlich ein Fettsenker(z. B. Atorvastatin, Simvastatin) und ein Resorptionshemmer (z. B. Ezetrol), der die Fettaufnahme aus dem Darm verlangsamt.
Fibrate sind bei einer isolierten Erhöhung der Neutralfette manchmal sinnvoll – die Kombination mit CSE-Hemmern kann (z. B. wegen Muskelschäden) problematisch werden. Fischöle, die mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren enthalten, scheinen ebenfalls mäßig effektiv zu sein, ebenso Leinöl, Walnuss, Rapsöl, fettreiche Fischsorten wie Hering, Makrele und Lachs. Menschen, die trotz aller Maßnahmen ihr LDL-Cholesterin nicht weiter senken können, haben, wie schon gesagt, womöglich eine angeborene familiäre Hypercholesterinämie.
Fettstoffwechselstörungen sind gerade bei Diabetikern ein Risikofaktor für das Entstehen von Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Durchblutungsstörungen. Die Behandlung der Fettstoffwechselstörung kann – wie eine optimale Blutzuckereinstellung und die Behandlung von Begleiterkrankungen – helfen, schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (8) Seite 30-32
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