- Behandlung
Häufige Begleiterkrankungen: eingeschränkte Nierenfunktion
4 Minuten
Wer Diabetes hat, trägt ein hohes Risiko für Nierenerkrankungen. Eine eingeschränkte Funktion sollte man rasch erkennen und das Voranschreiten stoppen. Sehr sinnvoll sind regelmäßige Untersuchungen des Urins. Dr. Gerhard-W. Schmeisl erklärt, worauf zu achten ist.
Peter M. (56 Jahre) hat seit 10 Jahren Typ-1-Diabetes, seit einigen Monaten zusätzlich massive Gelenkbeschwerden, vor allem in den Knien und den Schultern. Er wurde zunächst mit „Antirheumatika“ vom Hausarzt behandelt, in diesem Fall mit Ibuprofen 600 mg dreimal täglich – und erhielt gleichzeitig Physiotherapie.
Bei der letzten Kontrolle beim Diabetologen ist dieser erschrocken: Im Urin fand sich massiv Eiweiß („Proteinurie“), und im Blut war das „Kreatinin“ angestiegen! Die Blutzuckerwerte hatten sich auch etwas verschlechtert. Nach sofortigem Absetzen der Antirheumatika (als Ersatz gab es andere Schmerzmittel) besserten sich die Nierenwerte und auch die Eiweißausscheidung.
Nach 6 Wochen waren die Werte wieder normal: Es war glücklicherweise nur eine vorübergehende Nierenschädigung – keine diabetische Nephropathie!
Der Diabetes mellitus und die eingeschränkte Nierenfunktion (chronische Niereninsuffizienz) sind Erkrankungen, die unabhängig voneinander auftreten können, jedoch auch eng miteinander verbunden sind: Der Diabetes selbst ist neben dem Bluthochdruck die häufigste Begleiterkrankung bei einer chronischen Niereninsuffizienz; etwa ein Drittel aller Dialysepatienten sind gleichzeitig Diabetiker. Parallel ist der Diabetes selbst der häufigste Auslöser eines Nierenschadens.
Diabetische Nierenerkrankungen sind die häufigste Ursache in den Industrienationen für eine chronische Nierenschwäche, sie ist mit eine der häufigsten und auch der gefährlichsten Komplikationen des Diabetes. Etwa 20 bis 40 Prozent aller Menschen mit Diabetes entwickeln sie im Laufe ihrer Erkrankung.

Das Risiko für eine diabetische Nephropathie ist laut Studien bei Typ-1- wie bei Typ-2-Diabetes etwa gleich. Man spricht von einer beginnenden diabetischen Nephropathie, wenn kleinste Mengen von Eiweiß im Urin auftreten (über 30 mg pro 24 Stunden, Mikroalbuminurie) oder wenn eine Einschränkung der Nierenfunktion auftritt.
| Stadium/Beschreibung | Albuminurie (mg/l) | Kreatinin-Clearance (ml/min) |
| Nierenschädigung mit normaler Nierenfunktion | ||
| 1a: Mikroalbuminurie | 20 – 200 | ≥ 90 |
| 1b: Makroalbuminurie | > 200 | ≥ 90 |
| Nierenschädigung mit Niereninsuffizienz (NI) | ||
| 2: leichtgradige NI | > 200 | 89 – 60 |
| 3: mäßiggradige NI | abnehmend | 59 – 30 |
| 4: hochgradige NI | unterschiedlich | 29 – 15 |
| 5: terminale NI | unterschiedlich | < 15 |
Achtung: Herz-Kreislauf-Erkrankung!
Die Beachtung der Mikroalbuminurie ist deshalb so wichtig, da sie mit einer deutlichen Steigerung der Sterblichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist. Gleiches gilt für die Einschränkung der Funktion der Nieren, berechnet durch die Filtration (GFR), wobei zu Beginn des diabetischen Nierenschadens die Niere vorübergehend sogar besonders gut filtert (Hyperfiltration).
Hinsichtlich des Entstehens gibt es Unterschiede zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Schon lange kennt man die Art der Nierenschädigung bei Menschen mit Typ-1-Diabetes, die nach ihrem Erstbeschreiber als „Kimmelstiel-Wilson-Nephropathie“ beschrieben wurde. Menschen mit Typ-2-Diabetes haben dagegen häufig ursächlich noch weitere Erkrankungen, nämlich einen Bluthochdruck sowie Fettstoffwechselstörungen und eine erhöhte Harnsäure, was auch feingeweblich bei der Gewebeuntersuchung den Unterschied ausmacht.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes spielt die Blutzuckereinstellung für das Fortschreiten des diabetischen Nierenschadens die entscheidende Rolle. Typ-2-Diabetiker sollten darüber hinaus konsequent den Blutdruck, die Fettstoffwechselstörung und ihr Gewicht sowie die Harnsäure berücksichtigen, um ein Fortschreiten Richtung Niereninsuffizienz zu verhindern.
Nierenerkrankungen: die Therapie
Basis-Maßnahmen
Bei Menschen mit Diabetes und beginnender Nierensinsuffizienz sind die wichtigsten zusätzlichen Maßnahmen neben der Blutzuckereinstellung:
- das Einschränken der Eiweißzufuhr,
- die Behandlung einer aktuell auftretenden Blutarmut,
- das Beendigen des Rauchens.
Ebenfalls sollten nierenschädigende Substanzen möglichst vermieden werden wie Röntgenkontrastmittel, nichtsteroidale Antirheumatika (z. B. Diclofenac, Ibuprofen). Weiterhin sehr wichtig sind:
- die Gewichtsreduktion,
- die Ernährungsumstellung (weniger, aber hochwertiges Eiweiß),
- die Reduktion von Kochsalz,
- die Reduktion von Alkoholkonsum
- und regelmäßige körperliche Aktivität
- sowie eine optimale Blutdruck- und Blutzuckereinstellung (HbA1c 6,5 – 7,5 % bzw. 48 – 58 mmol/mol).
Wirkstoffe und Medikamente …
Im Vordergrund stehen Medikamente im Vordergrund, die das „Renin-Angiotensin-Aldosteron-System“ beeinflussen: Dies sind Medikamente, die an der Nebenniere und in den Wasserhaushalt eingreifen wie ACE-Hemmer, AT1-Rezeptor-Blocker, oft kombiniert mit einer leichten Entwässerung. In dem Zusammenhang haben sich auch die neueren Antidiabetika der Gruppe der SGLT-2-Hemmer als sehr vorteilhaft erwiesen, durch die Zucker über den Urin verlorengeht; sie verlangsamen oder reduzieren das Voranschreiten eines diabetischen Nierenschadens.
Sie sind daher auch entsprechend den neuen Leitlinien bei Herzschwäche und Erkrankungen der Herzkranzarterien an erster Stelle zu nennen – und auch im Zusammenhang mit einem diabetischen Nierenschaden. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten unbedingt auch die Blutfettwerte im Auge behalten werden und das „schlechte“ LDL-Cholesterin auf unter 100 mg/dl gesenkt werden. Sind bereits Gefäßschäden vorhanden, sollten sie sogar auf unter 70 mg/dl gesenkt werden.
… noch mehr Wirkstoffe
Eine Blutdruckeinstellung unter 140/90 mmHg gilt laut amerikanischer Diabetes-Gesellschaft (ADA) für alle Menschen, die Diabetes haben, für Patienten mit bereits vorhandener Eiweißausscheidung im Urin sogar unter 130/80 mmHg. Weitere Diabetes-Medikamente wie Metformin können auch bei einer leichten Niereninsuffizienz in reduzierter Dosis eingenommen werden. Ebenso verordnungsfähig sind DPP-4-Hemmer in reduzierter Dosis, einzelne Substanzen auch bei schwerer Niereninsuffizienz (z. B. Sitagliptin 25 mg).
GLP-1-Rezeptor-Agonisten, die vor allem bei massivem Übergewicht eingesetzt werden, können ebenfalls je nach Präparat auch bei mittelgradiger Niereninsuffizienz eingesetzt werden (Liraglutide, Semaglutide). Die schon genannten SGLT-2-Hemmer reduzieren das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, aber auch für eine Niereninsuffizienz. Allerdings haben sie ein erhöhtes Risiko für Infektionen im Bereich der Genitalien, aber auch für eine Übersäuerung des Körpers (Ketoazidose).
Insulin ist natürlich bei allen Formen des Nierenschadens das Mittel der Wahl, da es optimal steuerbar ist. Die Dosis muss der Niereninsuffizienz angepasst und meist reduziert werden. Deshalb sollte trotz allen Fortschritts der letzten Jahre rechtzeitig bei eingeschränkter Nierenfunktion auf eine Insulinbehandlung umgestellt werden. Rechtzeitig sollte auch ein Nierenspezialist (Nephrologe) wegen der Frage einer anstehenden Nierenersatztherapie einbezogen werden. Der HbA1c-Wert ist bei niereninsuffizienten Menschen mit Diabetes eher erniedrigt. Dies hat z. T. mit der kürzeren Lebensdauer der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) zu tun.
Zusammenfassung
Eine beginnende Niereninsuffizienz sollte rasch zu einer Optimierung des Blutzuckers, aber auch von Begleiterkrankungen führen, um ein Fortschreiten zu verhindern. Voraussetzung ist aber die rechtzeitige Diagnose. Lassen Sie daher regelmäßig den Urin auf Spuren von Eiweiß, die Nierenwerte durch eine Blutuntersuchung und ggf. auch weitere Werte untersuchen. Die rechtzeitige Mitbehandlung durch einen Nierenspezialisten ist ebenfalls sinnvoll.
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (6) Seite 36-38
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig