2 Minuten
In der Serie Blaulicht stellen wir Ihnen die häufigsten Notfälle vor und erläutern diese – und was Sie als Ersthelfer tun sollten. In dieser Folge geht es um eine Ketoazidose.
Tina M. ist seit 20 Jahren Typ-1-Diabetikerin und hat eine Insulinpumpe. Im Rahmen eines grippalen Infektes war der Blutzucker stark angestiegen. Seit dem Vorabend lagen die Werte stets über 280 mg/dl (15,6 mmol/l). Tina fühlt sich nicht gut, hat keinen Appetit und bekommt zunehmend Bauchschmerzen. Als sie am nächsten Morgen nicht aus dem Bett aufstehen will und auf Ansprache nur ungenau antwortet, ruft ihre Mutter den Notarzt.
Da der Blutzucker so hoch ist, gibt die Mutter, die mit der Diabetesbehandlung der Tochter gut vertraut ist, zunächst einmal 10 Einheiten Insulin, aber nicht über die Insulinpumpe, sondern mit einem Insulinpen. Danach bietet sie Tina etwas kalorienfreie Flüssigkeit zu trinken an. Alles Weitere überlässt die Mutter dem rasch eintreffenden Notarzt.
Das Team des Rettungswagens misst aufgrund der Schilderungen der Mutter und der Diabeteserkrankung zuallererst noch einmal den Blutzuckerwert. Dieser ist nach wie vor sehr hoch. Bei der Untersuchung von Tina M. nimmt der Notarzt einen leichten Azetongeruch war, ähnlich dem Geruch von Nagellack oder faulem Obst. Dieser Geruch ist ein Indiz für das Vorliegen einer Ketoazidose, welche bei zu später oder falscher Behandlung zum Koma bei der Patientin führen kann.
Tina M. wird eine Infusionskanüle am Arm gelegt, über welche ihr dann zügig Flüssigkeit verabreicht wird. Weiter werden sämtliche Kreislaufwerte (Puls, Blutdruck, Sauerstoffsättigung) bestimmt und kontinuierlich überwacht. Da eine gezielte Therapie ohne genaue Analyse der Blutwerte nicht sinnvoll ist, entscheidet sich das Notarztteam für einen schnellen Transport in die nächstgelegene Klinik. Auf dem Transport werden dann die Symptome wie Übelkeit und Kreislaufschwäche noch medikamentös behandelt.
Da eine Ketoazidose ein möglicherweise tödliches Krankheitsbild ist, wird Tina M. auf die Intensivstation gebracht. Dort werden die Werte lebenswichtiger Blutparameter ermittelt und eine Infusionstherapie eingeleitet, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Außerdem erhält die Patientin Insulin über eine Vene als Dauerinfusion. Ziel ist es, dass der Blutzucker langsam, über mehrere Stunden gesenkt wird.
Es wird darauf geachtet, dass es nicht zu gefährlichen Flüssigkeitsverschiebungen innerhalb des Körpers kommt. Auch muss die Übersäuerung des Blutes langsam durch Flüssigkeitsinfusionen und Insulingaben ausgeglichen werden, damit das Gehirn keinen Schaden nimmt. Bei einer Ketoazidose kommt es fast immer zu einem Kaliummangel im Blut, so dass Tina M. auch Kalium über die Vene erhält.
Unter der Intensivtherapie normalisieren sich die Blutzuckerwerte und auch die Stoffwechselsituation langsam. Tina M. kommt wieder zu Kräften und fühlt sich besser. Nach drei Tagen kann sie die Intensivstation verlassen und wird in ein Fachkrankenhaus zur Neueinstellung der Insulinpumpentherapie verlegt.
von Prof. Dr. med. Thomas Haak
Chefredakteur des Diabetes-Journals, Ltd. Notarzt im Main-Tauber-Kreis
und Kai Schlecht
Rettungsdienstleiter beim DRK Bad Mergentheim
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (06131) 9 60 70 0,
Fax: (06131) 9 60 70 90, E-mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (2) Seite 30-31
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen