Potenzstörungen ernst nehmen

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Potenzstörungen ernst nehmen

Kein Mann spricht gern über Erektionsstörungen – häufig wird die „Potenzstörung“ noch als Makel angesehen, den Mann besser nicht offen ausspricht. Leider – denn es gibt Hilfen, mit denen eine ausreichende Erektion und damit häufig ein zufriedenstellendes Sexualleben möglich ist. Wir sprechen darüber.

Etwa 30 Prozent der über 60-Jährigen in Deutschland haben Erektionsstörungen. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind es immerhin 10 Prozent – die Dunkelziffer ist höher. Bei Menschen mit Diabetes sind rund 55 Prozent der über 60-Jährigen mit längerer Diabetesdauer betroffen, etwa 17 bis 55 Prozent der Bluthochdruckkranken sowie 55 Prozent der Raucher – auch ohne Diabetes! Diabetes erhöht das Risiko um etwa das 4-Fache.

Nehmen mit dem Alter zu: Erektionsstörungen, fachsprachlich „erektile Dysfunktion“ genannt.

Neben dem Diabetes gibt es noch andere Ursachen für Erektionsstörungen:
  • Stress
  • Depression
  • Angsterkrankungen
  • Lebensstil: Rauchen, Alkohol, wenig Bewegung
  • Übergewicht
  • Medikamente (z. B. Betablocker, Neuroleptika, Antidepressiva etc.)

Hindernis und Zeichen für Schlimmeres!

Die erektile Dysfunktion ist nicht nur ein Hindernis für eine befriedigende Sexualität und damit oft auch für Lebensqualität: Sie ist auch ein indirektes Zeichen für möglicherweise schwerwiegende Gefäßerkrankungen, die zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen können – oder zu arteriellen Durchblutungsstörungen der Beine (pAVK: periphere arterielle Verschlusskrankheit).

So ist z. B. das Risiko, in den folgenden 5 Jahren nach Diagnose der Erektionsstörung am Herzinfarkt zu sterben, doppelt so hoch wie ohne diese Störung! Die Erektionsstörung ist somit quasi ein “Marker” für eine mögliche koronare Herzkrankheit (KHK). Aber: Eine Erektion ist nur Mittel zum Zweck – z. B. zu einem erfüllten Sexualleben –, sie ist kein Selbstzweck.

Die Erektion des Mannes ist ein komplexes Geschehen, bei dem die Durchblutung der Penisgefäße (arteriell und venös), die Versorgung durch Nerven sowie Hormone entscheidende Rollen spielen – in dieses Geschehen können auch psychische Komponenten mit Erschöpfung hineinwirken! Im Urlaub klappt es meist besser – ohne Stress etc.

Wie es zur Erektion kommt

Arterielles Blut wird in die Schwellkörper gepumpt – der Penis wird steif, und gleichzeitig werden die Venen des Penis dadurch zusammengepresst; das Blut kann dann nicht mehr abfließen. Damit dies nach einigen Minuten der Steifheit wieder möglich wird, bedarf es des Enzyms Phosphodiesterase. Wird dieses gehemmt, verweilt das Blut länger im Schwellkörper – so wirken Medikamente, die die Phosphodiesterase hemmen.

Erektionsstörungen behandeln

Erektionsstörungen sollten so früh wie möglich diagnostiziert und danach auch konsequent behandelt werden, da sie sonst leicht zu einem chronischen Problem werden: Das Selbstbildnis kann leiden, und man fühlt sich schnell als Versager. Libidoverlust (also keine Lust auf Sex), Ejakulationsstörungen und Orgasmusstörungen stehen bei Männern mit Diabetes nicht im Vordergrund. Viel mehr geht es um die Therapie der Erektionsstörung – und zwar mit folgender Herangehensweise:

Stoffwechselparameter verbessern durch …

  • Optimierung der Blutzuckereinstellung des Diabetes,
  • Reduktion des Übergewichts,
  • Optimierung der Blutdruckeinstellung und der Blutfette,
  • Einstellen des Rauchens und Reduktion des Alkoholkonsums.

Psychische Probleme angehen durch …

  • Reduktion von Stress,
  • Normalisierung des Schlafes,
  • mehr regelmäßige Bewegung/Sport in der Natur,
  • evtl. Psychotherapie/Medikamente.

Verschreibungspflichtige Medikamente wie:

  • Sildenafil (z. B. Viagra),
  • Tadalafil (z. B. Cialis),
  • Vardenafil ( z. B. Levitra),
  • Avanafil (z. B. Spedra).

Diese Medikamente, die auf dem Wirkprinzip der Hemmung des Enzyms Phosphodiesterase beruhen, sind heute Medikamente der ersten Wahl, um eine Erektionsstörung zu behandeln. Manche Patienten berichten auch darüber, dass mit den Medikamentenein “anderes Gefühl” als ohne Potenzmittelerreicht wird. Sollte eine Erektion auch ohne Hilfsmittel wieder möglich sein, ist diese meist wieder von größerer Erfüllung.

Natürlich – und ohne Nachweis

Alternative Heilmittel, die oft als natürlich angepriesen werden (und deren Wirkung wissenschaftlich nicht bewiesen ist), sind z. B.:

  • Kiefernrindenextrakt (Androxan),
  • Yohimbin (aus der Rinde des afrikanischen Yohimbe-Baums),
  • Ginkgo (aus den Blättern des Ginkgo-Baums),
  • Ginseng (aus der Wurzel der Ginseng-Pflanze),
  • Meeresfrüchte (z. B. Austern).

Bestimmte Herz- und Blutdruckmedikamente wie Nitroglyzerin, Isosorbid und Molsidomin sollten nicht gleichzeitig eingenommen werden – die Blutdrucksenkung könnte lebensgefährlich sein! Die Vakuumtherapie (Pumpe), die Injektion von Prostaglandinen in den Schwellkörper und chirurgische Verfahren sind in Einzelfällen möglich bzw. sinnvoll – auch die Substitution von Hormonen wie Testosteron kann sinnvoll sein.

Zusammenfassung

Erektionsstörungen können neben dem Diabetes auch zahlreiche andere Ursachen haben. Sie sollten unbedingt ernst genommen werden – eine rechtzeitige Diagnose und Therapie kann sowohl helfen, ernste Folgeerkrankungen zu vermeiden als auch ein befriedigendes Sexualleben zu ermöglichen.

Sprechen Sie darüber mit Ihrem Hausarzt und lassen Sie sich zu einem Spezialisten überweisen (Diabetologe, Urologe, Kardiologe, Angiologe etc.). Sie sollten aber auch Ihre Partnerin/Ihren Partner von Anfang an mit einbeziehen.


Autor:

Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist, Angiologe, Diabetologe und Sozialmediziner
Lehrbeauftragter der Universität Würzburg
Chefarzt Deegenbergklinik
Burgstraße 21, 97688 Bad Kissingen

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (5) Seite 30-32

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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