- Behandlung
Begeisterter Therapeut und Forscher: Prof. Dr. Andreas Fritsche im Interview
5 Minuten
Der Tübinger Diabetologe Prof. Dr. Andreas Fritsche behandelt nicht nur Menschen mit Diabetes – er forscht auch für sie. Wie begeistert der Forscher, Therapeut und aktuelle DDG-Präsident von diesen Aufgaben und weiteren Tätigkeiten in der Diabetologie ist, spürt man im Interview.
Im Interview: Prof. Dr. Andreas Fritsche
Über ein wissenschaftliches Poster bei einem Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft in den 1980er-Jahren kam Prof. Dr. Andreas Fritsche in die Diabetologie – und ist in seinem Berufsleben völlig in ihr aufgegangen. Sein Name ist aus der Diabetes-Forschung nicht mehr wegzudenken. Aber auch die Arbeit mit Menschen mit Diabetes bedeutet dem Tübinger Diabetologen viel. Für ihn ist wichtig: „Als Diabetes-Therapeut muss man sich auch emotional gut in die Diabetes-Patienten hineindenken können, um sie beraten und therapieren zu können.“ Und das kann er, denn in seiner Familie leben auch Menschen mit Diabetes.

Begeisterter Forscher
Die Forschung in der Diabetologie ist sehr vielseitig, das Themen-Spektrum seiner Studien groß. Aber: „Erfolge in der Forschung sind immer das Ergebnis einer Gruppe, die gut zusammenarbeitet.“ Und das hat er im Lauf der Jahre mit vielen Forschenden aus verschiedensten Bereichen, denen er sehr dankbar ist. Andreas Fritsche ist dabei bescheiden. Fragt man ihn, welche Ergebnisse seiner Forschung er als wegweisend bezeichnen würde, meint er: „Das muss man durch die Zeit und durch andere Forscher beurteilen lassen.“
Bessere Therapie, aber trübe Aussichten
Blickt der aktuelle Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft zurück, sieht er positiv, dass die Therapie große Fortschritte gemacht hat. Aber der Blick in die Zukunft ist eher getrübt: „Die durch die Politik geplanten Einschränkungen in der ambulanten und vor allem stationären Krankenversorgung könnten besonders die Diabetesbehandlung erschweren und verschlechtern, meint er. Und: Der Nachwuchs fehlt, wie in vielen Bereichen der Medizin.
Diabetes-Anker (DA): Herr Professor Fritsche, als aktueller Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft sind Sie in der Diabetesszene gut bekannt. Aber auch schon vorher kam man in Sachen Diabetologie nicht um Sie herum. Was reizt Sie an diesem Fachgebiet?
Prof. Dr. Andreas Fritsche: Bei der Behandlung des Diabetes kommt es darauf an, dass man mit dem Patienten zusammen ein Behandlungsteam bildet. Diese sprechende Medizin fand ich immer interessant. Diabetes ist auch eine Erkrankung, die viele Bereiche des Körpers und der Psyche betrifft. Hier ist man als Arzt gefordert, sich breit zu informieren und viele unterschiedliche Aspekte der Krankheit zu behandeln, auch in Interaktion mit anderen ärztlichen Kollegen und Kolleginnen.
Rein wissenschaftlich gesehen ist an der Behandlung von Hormon- und Stoffwechselkrankheiten wichtig, dass man in Regelkreisen denken muss. Das ist anspruchsvoll für den Arzt und hat mich auch gereizt.
DA: Während Ihres Studiums waren Sie in Nigeria und auch in Ihrer Dissertation beschäftigten Sie sich mit spezifischen Erkrankungen dort. Was hat Sie dort beeindruckt, was vielleicht erschreckt, was geprägt?
Prof. Fritsche: Die Tropenmedizin ist ein wichtiges Gebiet der Medizin. Ich dachte, dass ich den Menschen in Afrika helfen kann, das Thema meiner Promotion ging um Durchfall-Erkrankungen. Rückblickend muss ich sagen, dass ich viel gelernt habe, dass aber meine Hilfe für die Menschen dort doch gering war.
Wichtig ist, dass die Menschen in Afrika sich am besten selbst helfen können und dass wir sie hierbei beraten und unterstützen sollen. Das ist übrigens ähnlich wie in der Diabetologie: Auch hier sind wir ja die Berater der Patienten, die Therapie müssen die Diabetespatienten aber selbst durchführen und steuern.
DA: Wie kam der Wechsel in die Diabetologie?
Prof. Fritsche: Ich habe noch als Student Ende der 1980er-Jahre die ersten Blutzuckermessgeräte, die die Werte grafisch aufgearbeitet und ausgewertet und „telemedizinisch“ übertragen haben, miteinander verglichen und darüber ein Poster für einen DDG-Kongress erstellt. Das kam in der Diabetologie in Tübingen, wo ich studiert habe, gut an, sodass mir damals ein Vertrag angeboten wurde.
DA: Viele Menschen, die in der Diabetologie arbeiten, haben einen persönlichen Bezug dazu. Wie ist das bei Ihnen?
Prof. Fritsche: Auch ich habe persönlichen Bezug durch betroffene Familienmitglieder und Freunde. Es ist ja so , dass vom Diabetes immer auch die Angehörigen mitbetroffen sind. Als Diabetestherapeut muss man sich auch emotional gut in die Diabetespatienten hineindenken können, um sie beraten und therapieren zu können.
„Erfolge in der Forschung sind immer das Ergebnis einer Gruppe, die gut zusammenarbeitet.“
DA: Welche Rolle spielt bei der Forschung das Team dahinter? Aus welchen Fachrichtungen setzen sich Ihre Teams zusammen?
Prof. Fritsche: Ich war immer in der klinischen Forschung tätig, wir haben also freiwillige gesunde Studienteilnehmer (Probanden) und Patienten mit Diabetes untersucht. Das ist sehr anspruchsvoll, weil hierbei aber auch gar nichts schiefgehen darf. Deshalb braucht es ein erfahrenes und gut funktionierendes Team von Ärzten, Study Nurses, Ernährungsberatern und Medizinstudenten, um solche Untersuchungen machen zu können.
Erfolge in der Forschung sind immer das Ergebnis einer Gruppe, die gut zusammenarbeitet, und ich bin da den vielen Kolleginnen und Kollegen sowie Doktorandinnen und Doktoranden sehr dankbar, mit denen ich zusammenarbeiten durfte.
DA: Welche Ergebnisse aus Ihrer Forschung würden Sie als wegweisend bezeichnen?
Prof. Fritsche: Das muss man durch die Zeit und durch andere Forscher beurteilen lassen. Der Fortschritt geht immer in vielen kleinen Schritten voran.
DA: Wie kam es zu Ihrem Engagement in der DDG?
Prof. Fritsche: Die ehrenamtliche Mitarbeit in einer Fachgesellschaft hat sich bei mir ergeben, indem ich mich zuerst in Arbeitsgemeinschaften der DDG eingebracht habe – und dann eben auch für den Vorstand vorgeschlagen wurde. Wenn man sich für die Diabetologie interessiert, ist eine Mitarbeit in der Fachgesellschaft Ehrensache.
DA: Sind Sie ein Mensch, der auch gern politisch etwas verändern möchte?
Prof. Fritsche: Ich möchte etwas für Diabetespatienten verbessern, auch gesellschaftlich.
DA: Das alles klingt so, als wenn Sie nahezu keine Freizeit hätten. Stimmt das oder gibt es doch Zeiten, in denen Sie nicht arbeiten? Was machen Sie dann gern?
Prof. Fritsche: Ich gehe gerne in klassische Konzerte und in die Oper, auch in das Schauspiel auf dem „Fußballplatz“.
„Ich würde mir wünschen, dass Diabetes von der Gesundheitspolitik und der Gesellschaft ernst genommen wird, dass irgendwann eine Heilung von Diabetes Typ 1 und 2 möglich sein wird.“
DA: Wenn Sie heute Ihr Medizinstudium beendet hätten und in Ihre berufliche Laufbahn einstiegen: Würden Sie alles genauso machen?
Prof. Fritsche: Unbedingt.
DA: Sie blicken zurück auf mehr als 30 Jahre in der Diabetologie. Was hat sich zum Positiven verändert, was möglicherweise auch zum Negativen?
Prof. Fritsche: Positiv: Die Insulintherapie ist besser geworden, die Diabetes-Technologie hat große Fortschritte gemacht, die orale Diabetestherapie ist zielgerichteter geworden, wir können Folgeerkrankungen des Diabetes vermeiden oder besser behandeln.
Negativ: Die durch die Politik geplanten Einschränkungen in der ambulanten und vor allem stationären Krankenversorgung könnten besonders die Diabetesbehandlung erschweren und verschlechtern.
DA: Welche Chancen sehen Sie für die Diabetologie in der Zukunft? Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?
Prof. Fritsche: Da habe ich große Sorgen. Wir brauchen wie in einigen anderen Gebieten der Medizin engagierten Nachwuchs. Der ist da, aber wir müssen ihn auch gut aus- und weiterbilden. Bei immer weniger Diabetes-Abteilungen in den Krankenhäusern wird das eine große Herausforderung.
DA: Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Prof. Fritsche: Ich würde mir wünschen, dass Diabetes von der Gesundheitspolitik und der Gesellschaft ernst genommen wird, dass irgendwann eine Heilung von Diabetes Typ 1 und 2 möglich sein wird. Den dritten Wunsch möchte ich mir aufheben für unvorhersehbare Dinge, die noch kommen könnten.
DA: Herzlichen Dank, Herr Professor Fritsche, für das Interview!
Interview: Dr. med. Katrin Kraatz
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (X) Seite XX
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stephanie-haack postete ein Update vor 37 Minuten
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Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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