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Im aktuellen Blickwinkel vertritt Nicole Finkenauer-Ganz die Meinung, dass Raucher nicht stigmatisiert, sondern ihnen dabei geholfen werden sollte, ihr Laster aufzugeben.
Lässig eine Zigarette aus dem Päckchen klopfen. Dem anderen Feuer geben und ihm dabei ganz nahe kommen. Ganz bei sich sein und den ersten Zug einfach nur genießen … Solche Szenen haben auch auf mich als Nichtraucherin eine Wirkung. Denken Sie nur an die alten Filme, in denen das Rauchen noch so sinnlich zelebriert wurde. Aber der Marlboro-Mann sitzt schon lange nicht mehr am Lagerfeuer, und auch das erotisch aufgeladene Rauchen (Marlene Dietrich!) ist in Filmen out.
Im wirklichen Leben aber rauchen noch 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland. Meistens sieht das lange nicht so lässig und elegant aus wie im Film und hat zudem unschöne Folgen. Wer raucht, hat ein höheres Risiko, an Krebs zu erkranken. Und: Rauchen schädigt die Blutgefäße, damit steigt die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch wer Diabetes hat, hat ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Wenn jemand also Diabetes hat und raucht … Es wäre also sehr vernünftig, aufzuhören, gerade für Diabetiker. Die Gelegenheit scheint günstig: Rauchen gilt nicht mehr als Zeichen eines lässigen Lebensstils. Heute müssen sich Raucher in unattraktive Reservate (Raucherkneipe, Glaskabine am Flughafen) zurückziehen. Das hat wirklich nichts Erotisches mehr.
Viele wollen zwar aufhören; die wenigsten aber schaffen es. Es ist eben kein bisschen einfach, eine Sucht zu besiegen. Nichts anderes ist Rauchen nämlich meistens: eine Sucht. Zigaretten sind keine stylischen Accessoires, die man ablegt wie ein unmodisches Kleidungsstück. Das sehen viele Ärzte so und auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die die Nikotin- und Tabakabhängigkeit als ernstzunehmende Suchterkrankung einstuft.
Was vernünftig wäre, ist den meisten Rauchern klar – wahrscheinlich sogar den über 15 Prozent jugendlichen Typ-1-Diabetikern, die rauchen. Aber nicht immer ist die Vernunft die stärkste Kraft in unserem Leben. Raucher, die aufhören wollen, brauchen also Hilfe. Nikotinpflaster, nikotinhaltige Lutschtabletten, Kaugummis und Sprays können helfen: Studien zeigen, dass die Chance, dauerhaft aufzuhören, steigt, wenn solche Nikotinersatzpräparate genutzt werden und zudem noch ein Arzt beratend zur Seite steht.
Allerdings schauen Raucher, die aufhören und dafür z. B. Nikotinpflaster nutzen möchten, in die Röhre, sobald es um die Kostenübernahme geht: Laut Gesetz zählen Nikotinersatzpräparate nämlich zu den Lifestyle-Arzneimitteln wie auch Haarwuchsmittel und Appetitzügler – und die sollen sich die Leute selbst kaufen. Klar: Wer raucht, ist selbst schuld! Und Raucher geben so viel Geld für Zigaretten aus, das können sie genauso gut in Nikotinpflaster stecken! Dabei wird vergessen, dass süchtige Raucher nicht aus freiem Willen Zigaretten kaufen, sondern weil die Sucht ihr Handeln bestimmt.
Aus meinem Blickwinkel müssen deshalb auch Nikotinersatzpräparate von den Krankenkassen erstattet werden. Jeder Raucher sollte eine reelle Chance bekommen, aufzuhören. Dazu muss der Gesetzgeber realisieren, dass die Abhängigkeit von Nikotin und Tabak eine Suchterkrankung ist und kein Lifestyle.
Wer es schafft, aufzuhören, schont damit die eigene Gesundheit – und die seiner Mitmenschen. Schon mittelfristig werden Gesundheitskosten gespart, und auch der Ex-Raucher hat mehr im Portemonnaie – zum Beispiel für eine Spende an eine Nichtraucherorganisation …
von Nicole Finkenauer-Ganz
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0,
Fax: (0 61 31) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-online.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (2) Seite 51
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