- Behandlung
Schon frühe Hominiden aßen Süßes und entwickelten Adipositas
3 Minuten
Die Wurzel heutiger Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit liegt möglicherweise in einer genetischen Mutation bei unseren Vorfahren vor etlichen Millionen von Jahren, verbunden mit hohem Zuckerkonsum und der Anlage größerer Fettreserven. Dies vermuten Tübinger und Dresdner Forscher anhand der Analyse von Fossilienfunden.
Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Gicht sind Krankheiten, welche nicht nur jährlich laut der Weltgesundheitsorganisation WHO Millionen von Menschenleben fordern, sondern auch bei unseren nächsten lebenden Verwandten Orang-Utan, Gorilla und Schimpansen auftreten. Seit etwa zehn Jahren vermuten Wissenschaftler, dass die menschliche Veranlagung für diese Zivilisationskrankheiten in der gemeinsamen Evolutionsgeschichte von Mensch und Menschenaffen begründet sei.
Unseren Verwandten und uns Menschen fehlt, im Gegensatz zu anderen Affen, das Enzym Uricase im Stoffwechsel. Dadurch kommt es zur Anreicherung von Harnsäure im Blut und in der Folge auch zur Anreicherung von Körperfett. Fruchtzucker (Fruktose) ist, im Gegensatz zum Traubenzucker (Glukose), in der Lage, diese Effekte zusätzlich zu verstärken. Gemäß der Uricase-Theorie trat die genetische Mutation, die zum Verlust der Uricase führte, bei den letzten gemeinsamen Vorfahren von Menschenaffen und Menschen vor 15 Millionen Jahren in Europa auf.
Überraschender Befund: Karies an 12,5 Mio. Jahre alten Zähnen
Tübinger und Dresdener Forscher haben nun erstmals einen paläontologischen Beleg für diese Theorie entdeckt. Zu dem Team gehören Professorin Madelaine Böhme und Jochen Fuß von der Universität Tübingen und dem Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment sowie Gregor Uhlig vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. An 12,5 Millionen Jahre alten Zähnen des Dryopithecus carinthiacus, des mutmaßlich ältesten Vertreters der afrikanischen Menschenaffen und des Menschen, fand das Forscherteam Zahnkaries im fortgeschrittenen Stadium. Die Zähne waren 1953 in Kärnten, Österreich, geborgen worden.
„Dieser Befund war für uns sehr überraschend, da das Entstehen des Krankheitsbildes Karies bisher stets mit der Erfindung des Ackerbaus – der Neolithischen Revolution – vor etwa zehntausend Jahren in Zusammenhang gebracht wurde. Seit dieser Zeit wurde mehr gekochte Stärke verzehrt“, erklärt Madelaine Böhme, die Leiterin der Studie. Eine umfangreiche vergleichende Untersuchung des Zahnstatus von 365 Schimpansen aus der freien Wildbahn von Liberia in Westafrika erbrachte, dass nur 0,17 Prozent von deren Zähnen kariös waren. „Die beobachtete Karies bei den Schimpansen ist zudem deutlich schwächer ausgeprägt als beim fossilen Menschenaffen“, ergänzt Jochen Fuß.
Forscher belegen hohen Fruchtzuckerkonsum der frühen Menschenaffen
Im Gegensatz zur archäologisch häufig belegten Zahnfäule bei frühen Bauern ist die Karies bei Dryopithecus carinthiacus jedoch auf einen hohen Zuckerkonsum zurückzuführen. Um dies zu belegen, nutzen die Forscher fossile Pollen von Bäumen, Sträuchern und Lianen, die sich in den Kärntner Ablagerungen am Fundort des 12,5 Millionen Jahre alten Unterkiefers fanden. Sie stießen dabei auf mindestens neun Arten, deren Früchte stark zuckerhaltig sind wie unter anderem Wein, Maulbeere, Erdbeerbaum, Esskastanie, Ölweide sowie Vertreter von Kirsche und Pflaume. Außerdem fanden sie 46 honigtragende Pflanzen, wodurch Honig als zusätzlicher Zuckerlieferant in Frage kommt.
Gemäß ihrer Studie war daher Zucker in neun bis zehn Monaten des Jahres, von März bis Dezember, im Miozän in der Landschaft Kärntens verfügbar. Während heutige Menschenaffen in Phasen von Fruchtknappheit junge Blätter als Notnahrung nutzen, war dies den europäischen Menschenaffen nicht möglich. „Aufgrund der geringen Lichteinstrahlung beziehungsweise der kurzen Tageslänge im Januar und Februar gab es trotz nahezu tropischer Temperaturen in den nördlichen Mittelbreiten im Spätwinter keinen Blattaustrieb“, erklärt Böhme. Der Chemiker Gregor Uhlig setzt hinzu: „Um diese Hungerperiode zu überstehen, mussten unsere Vorfahren Fettreserven anlegen.“
Vermehrte Bildung von Körperfett durch fehlendes Enzym
Tatsächlich stellten die Forscher fest, dass die von Dryopithecus vermutlich konsumierten Früchte am Ende der Wachstumsperiode im frühen Winter von November bis Dezember einen erhöhten Gehalt an Fruchtzucker besitzen. Dieser führte aufgrund der ihnen fehlenden Uricase unmittelbar zur vermehrten Bildung von Körperfett.
Die daraus ableitbare Vermutung, dass europäische Menschenaffen eine substanzielle Fettreserve besaßen, konnten die Forscher am bisher einzigen kompletten Skelett eines Menschenaffen aus Europa bestätigen: dem acht Millionen Jahre alten Oreopithecus bamboli aus der Toskana. In seinem bis heute erhaltenen Weichgewebe fanden sich dicht gepackte Fettzellen, die in Größe und Form an weißes Fettgewebe heutiger Menschen erinnern.
Evolutionärer Vorteil ist für uns heutzutage zum Handicap geworden
„Viele klinische Studien der Vergangenheit haben gezeigt, dass ein erhöhter Harnsäuregehalt des Blutes zu erhöhtem Blutdruck führt“, sagt Böhme. Gemäß der Uricase-Theorie könnte neben den Fettreserven ein stabil hoher Blutdruck während der Hungerphasen ein wichtiger selektiver Vorteil der Menschenaffen im Miozän Europas gewesen sein. Denn diese Voraussetzungen erlauben körperliche Aktivität auch bei Nahrungsknappheit.
„Eine vor Millionen von Jahren aufgetretene Mutation war maßgeblich dafür, dass frühe Menschenaffen Eurasien besiedeln und eine enorme Artenvielfalt hervorbringen konnten“, resümiert Böhme. „Wir tragen noch heute ihr Erbe in uns. Dieser Vorteil ist jedoch in einer Welt industriell gefertigter Nahrungsmittel in ein Handicap umgeschlagen.“
Quelle: Pressemitteilung der Eberhard Karls Universität Tübingen | Redaktion
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig