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Sexuelle Störungen bei Frauen
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Sexualstörungen bei Frauen mit Diabetes? Über dieses Thema wird nicht oft gesprochen. Während Männer mit Diabetes in der Sprechstunde immer häufiger direkt nach Funktionsstörungen bzw. erektiler Dysfunktion gefragt werden, fehlen Fragen danach bei Frauen oft. Immer noch ist es ein Tabuthema. Vielen ist gar nicht bewusst, dass es hier Zusammenhänge gibt. Deshalb gilt: Wenn Störungen der Sexualfunktion bestehen, ist es wichtig, darüber zu sprechen. Nur dann kann es Hilfe geben.
Während bei Männern die Frage nach Potenzstörungen zum Standardprogramm gehört, scheint das Thema Sexualität bzw. Sexualstörungen bei Frauen mit Diabetes immer noch ein Tabuthema zu sein, obwohl 30 % aller Diabetikerinnen an Lubrikations-Störungen (mangelndes Feuchtwerden der Scheide) leiden. Zudem sind fast 50 % der Frauen über 50 Jahre von dem Krankheitsbild einer Beckenboden-Schwäche betroffen. Diese führt nicht nur zu einer Inkontinenz, sondern spielt auch eine wichtige Rolle beim Geschlechtsverkehr.
Nur wenige Studien
Neben einem schlecht eingestellten Diabetes kann auch ein Östrogen-Mangel in den Wechseljahren eine Ursache für Sexualfunktions-Störungen sein. Auch Störungen an der Schilddrüse können zu einer trockenen Scheide und Unlust führen. Leider gibt es nur wenige Studien zu Sexualstörungen bei Frauen. Viele Frauen werden beim Arzt nicht darauf angesprochen und fangen dieses Thema nur selten von sich aus an. Dies hat sicher auch damit zu tun, dass Frauen meist in der Lage sind, Sexualkontakte zu haben, selbst wenn sie unter einer Orgasmusstörung oder Lustlosigkeit leiden.
Ob die Ursachen bei weiblichen Sexualstörungen vordergründig in der Psyche begründet oder organischer Herkunft sind, ist bis heute noch eine wissenschaftlich ungelöste Frage. Zudem ist es sehr schwierig, organische Beschwerden von seelischer Problematik zu trennen.
Entscheidend ist, darüber zu reden
Entscheidend ist, dass die betroffenen Frauen mit ihrem Gynäkologen oder ihrem Diabetesteam über bestehende Sexualstörungen reden bzw. ein Redeangebot oder eine Schulung zu dem Thema angeboten bekommen. Die rechtsstehenden Fragen können dabei helfen, sich auf das Gespräch vorzubereiten.
Manche Diabeteszentren bieten Männer- und Frauenrunden an. In den Frauenrunden ist der Gesprächsstoff jedoch meist viel umfangreicher als in den Männerrunden. Meist werden hier Zusammenhänge zwischen Hormonen und Glukosewerten besprochen, aber auch Themen wie Blasen-Entzündungen und Scheidenpilz. Zusätzlich gibt diese Frauenrunde aber auch Raum, über das Thema Unlust, Schmerzen beim Sex, eine trockene Scheide und Zusammenhänge mit dem Diabetes zu diskutieren.
- Haben Sie seit einiger Zeit weniger Interesse am Sex?
- Leiden Sie daran, dass Ihre Scheide zu trocken ist?
- Kommen Sie schwer oder gar nicht zum Orgasmus?
- Haben Sie Beschwerden beim Verkehr?
- Leiden Sie an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder an Depressionen?
- Sind die Funktionsstörungen mit Beginn einer medikamentösen Behandlung aufgetreten?
- Sind die Beschwerden nach einer Geburt oder Operation aufgetreten?
- Fühlen Sie sich oft müde, erschöpft, antriebslos?
- Ist Ihr Genitalbereich früher bei sexueller Erregung stärker angeschwollen?
- Sind Sie früher leichter und intensiver zum Orgasmus gekommen?
- Fühlen Sie sich Ihrem Partner seit einiger Zeit weniger nah oder vermissen Sie Ihrerseits emotionale Nähe?
Auch das eigene Körperbild und die Akzeptanz des Diabetes sind regelmäßig Thema. So kann eine trockene Scheide eine Folge eines hohen Blutzuckers sein, aber grundsätzlich ebenfalls eine Folge eines langjährigen Diabetes. Zudem spielt es eine Rolle, wie gut man sich fühlt, um Lust auf die Lust zu haben. Stört mich etwa der blaue Fleck vom letzten Spritzen? Stört mich die Insulinpumpe? Habe ich Angst, eine Unterzuckerung beim Sex zu bekommen? All diese Gedanken können ebenfalls dazu beitragen, dass die Lust zur Unlust wird.
Auch über Lösungsansätze sprechen
Diese Gespräche helfen den Frauen zum einen, das Thema einmal „losgeworden“ zu sein, aber auch, zu sehen, dass man nicht allein damit ist. Dazu gehört auch, über mögliche Lösungsansätze zu sprechen. In Abhängigkeit von der Ursache kann eine Behandlung mit Medikamenten (z. B. Hormonen), eine Psychotherapie oder eine Kombination von beidem in Frage kommen. Natürlich sollte man auch das Gespräch mit seinem Partner suchen. Allein das Sprechen über ein Problem kann eine ganze Menge Probleme wegnehmen, manchmal sogar die sexuelle Beziehung völlig normalisieren.
Beckenboden stärken
Des Weiteren helfen Gleitgele, die Feuchtigkeit akut zu verbessern. Für eine langfristige Besserung hilft ein Training des Beckenbodens. Dies kann mit einfacher Beckenboden-Gymnastik erfolgen, aber auch mit Trainingsgeräten, die extern angewendet werden, oder Liebeskugeln, die intern angewendet werden. Geräte, die mit leichten Vibrationen ähnlich wie Geräte zur Elektrostimulation (TENS-Geräte) funktionieren, können vom Arzt verschrieben werden und die Kosten werden bei Bedarf von den Krankenkassen übernommen. Es gibt Geräte mit und ohne Bio-Feedback, also einer Rückmeldung, ob die Anspannung des Beckenbodens erfolgreich geübt wurde oder nicht.
Zusammenfassung
- Sexualstörungen bei Frauen sind bisher nicht ausreichend erforscht und nur unzureichend therapiert.
- Als Folge von Diabetes mellitus kann es zu Neuropathie (Nervenstörung) oder Angiopathie (Durchblutungsstörung) kommen. Diese können ebenso wie beim Mann Auslöser für sexuelle Störungen bei Frauen sein.
- Häufigste Ursache für sexuelle Störungen bei Frauen sind psychische Faktoren, wie Depressionen.
- In einer Studie wurde der Zusammenhang von sexuellen Störungen und HbA1c, Body-Mass-Index (BMI), Diabetesdauer, Medikation, Alter und Verhütung untersucht. Es konnte kein Zusammenhang nachgewiesen werden, auch nicht bei einzelnen diabetischen Folgeerkrankungen.
- Erst wenn mehrere diabetische Komplikationen auftreten, treten gleichzeitig auch signifikant mehr Probleme in der Sexualität auf.
- Es kann zu einer verminderten Lubrikation und damit zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen. Lubrikations-Störungen treten bei etwa 30 % der Diabetikerinnen auf – doppelt so oft wie bei Frauen ohne Diabetes.
Autorin:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (4) Seite 30-31
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