- Behandlung
Typ-1-Diabetes: Diagnose bei Erwachsenen
4 Minuten
Der Typ-1-Diabetes kann auch im höheren Erwachsenenalter auftreten. Problem dabei ist, dass ihn auch viele Behandler als Typ-2-Diabetes missinterpretieren. Wir nennen die Anzeichen für einen Typ-1-Diabetes bei Erwachsenen, die Sonderformen und die Risiken.
Der Fall
Verena Z. ist 57 Jahre alt, arbeitet drei Tage im Büro und war bisher nie ernstlich krank. Seit einigen Tagen ist sie stets müde, schlapp und rennt während der Arbeitszeit stündlich zur Toilette – zur Belustigung ihrer Kolleginnen.
Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselkrankheit im Kindesalter. In Deutschland haben mehr als 7 Mio. Menschen Diabetes: etwa 90 Prozent einen Typ-2-Diabetes und etwa 400 000 einen Typ-1-Diabetes. Wird Letzterer im Erwachsenenalter neu entdeckt, verkennen ihn Ärzte oft als Typ-2-Diabetes – vor allem, wenn am Anfang kein oder wenig Insulin benötigt wird und der Betroffene schlank ist. Entsprechend dieser Diagnose wird der Diabetes oft lange mit Tabletten behandelt, auch wenn die Blutzuckerwerte nicht im Normbereich sind.
Typ-1-Diabetes nimmt zu
Typ-1-Diabetes ist im Vergleich zum Typ-2-Diabetes zwar eine seltene Erkrankung, aber die Anzahl der Erkrankungen nimmt Jahr für Jahr zu (gerade bei Kindern und Jugendlichen). Der Typ-1-Diabetes ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die die Betazellen in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) zerstört. Unser Immunsystem wehrt normalerweise Krankheitserreger ab; beim Typ-1-Diabetes sind die Antikörper aufgrund einer Fehlsteuerung gegen die eigenen Betazellen gerichtet.
Im Blut von Menschen mit Typ-1-Diabetes findet man Autoantikörper gegen die eigenen Betazellen, gegen das eigene Insulin und gegen Zellbestandteile (siehe Kasten). Über Wochen, Monate oder Jahre führt diese Zellzerstörung zu einer steten Abnahme der Anzahl der Betazellen und schließlich zu den typischen Zeichen eines Diabetes – aber erst, wenn 80 bis 90 Prozent der Betazellen zerstört sind.
Schnell erklärt: Typ-1-Diabetes: Antikörper
Warum genau die betazellzerstörenden Antikörper auftreten, ist bis heute nicht bekannt. Vererbung spielt eine Rolle, möglicherweise sind auch Umwelteinflüsse beteiligt. Das Risiko für Kinder, die ein Elternteil mit Typ-1-Diabetes haben, die Anlage dafür zu erben, liegt bei 3 bis 5 Prozent.
Welche Beschwerden treten auf?
Der Ausbruch des Typ-1-Diabetes verläuft meist sehr plötzlich, aber nicht immer. Erstes Zeichen eines Typ-1-Diabetes sind häufiges Wasserlassen (Polyurie), übermäßiges Trinken (Polydipsie, oft mehrere Liter am Tag), oft nächtliches gehäuftes Wasserlassen (Nykturie) und eine rasche Gewichtsabnahme, die manchmal noch Anlass ist, eine „Krebsdiagnostik“ bei älteren Menschen durchzuführen.
Häufige Infekte (z. B. der Blase, der Vorhaut des Penis, der Haut), Juckreiz sowie Leistungsschwäche, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und vorübergehendes schlechteres Sehen stehen oft am Anfang.
Achtung: Ketoazidose!
Treten dazu Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen oder Muskelkrämpfe und eine beginnende Bewusstseinsstörung auf, dann bahnt sich ein „ketoazidotisches Coma diabeticum“ an: Durch den absoluten Insulinmangel kann der Körper Energiegewinnen keinen Zucker mehr abbauen, sondern er baut Fett ab – wodurch es zur Bildung von Ketonkörpern (z. B. Azeton) kommt. Dies führt zu süßlichem Geruch der Ausatemluft und schließlich zur Bewusstseinstrübung.
In Urin und Blut kann man dann Ketonkörper nachweisen. Eine sofortige Klinikeinweisung ist meist notwendig oder sinnvoll, denn die Situation kann lebensgefährlich sein und Insulin, Blutsalze und Flüssigkeit müssen ersetzt werden. Durch den Nachweis hoher Blutzuckerwerte, von Ketonkörpern und zusätzlich Insel-Autoantikörpern ist die Diagnose klar.
Manchmal braucht man nach dieser akuten Startphase in den nächsten Wochen, Monaten, gar Jahren nur wenig oder gar kein Insulin (Honeymoon-Phase), da sich ein Teil der Betazellen wieder erholt. Im weiteren Verlauf werden die restlichen Betazellen (ca. 10 bis 20 Prozent) aber auch noch vom eigenen Immunsystem zerstört.
Merke: Im Erwachsenenalter wird dieser Autoimmundiabetes wegen seines nicht so akuten Beginns und dadurch dem Typ-2-Diabetes ähnelnden Verlaufs oft als Typ-2-Diabetes verkannt.
LADA: spät auftretender Typ-1-Diabetes
Der „LADA“ ist ein Autoimmundiabetes, der meist nach dem 35. Lebensjahr auftritt („latent autoimmune diabetes in adults“). Er ist eine besondere Form des Typ-1-Diabetes im Erwachsenenalter. Die Patienten sind meist schlank, der Krankheitsverlauf ist langsam. Der Insulinbedarf ist oft erst spät zunehmend, und der Diabetes wird oftmals als Typ-2-Diabetes verkannt, deshalb auch zuerst mit Tabletten behandelt.
Lassen sich mehrere Insel-Antikörper (IAA, GADA, IA2A, ICA, ZnT8A; siehe Info-Kasten) nachweisen, liegt ein Typ-1-Diabetes vor – ein negativer Befund schließt jedoch eine Erkrankung nicht aus. Beim LADA findet man im Gegensatz zum klassischen Typ-1-Diabetes nur GADA. Eine Verwechslung ist aber auch mit dem „MODY“ möglich.
Das Gegenteil: MODY – Altersdiabetes in der Jugend
1 bis 2 Prozent aller Diabetiker in Deutschland haben einen MODY (maturity onset diabetes of the young). Das Gewicht der Betroffenen ist meist normal, die Manifestation erfolgt aber meist vor dem 25. Lebensjahr. Man findet keine für den Typ-1-Diabetes typischen Autoimmun-Phänomene. Er ist verursacht durch genetische Veränderungen, die zu Funktionsstörungen an den Betazellen der Bauchspeicheldrüse führen. 14 Genveränderungen und damit 14 MODY-Formen sind aktuell bekannt.
Ist ein MODY in einer Familie aufgetreten, wird er so vererbt, dass er in jeder Generation einer Familie auftritt, also familiär gehäuft. Es besteht keine Insulinresistenz wie beim Typ-2-Diabetes. Viele Betroffene werden anfangs mit blutzuckersenkenden Tabletten behandelt. Im weiteren Verlauf ihres Lebens brauchen aber etwa 30 bis 40 Prozent eine Insulintherapie.
Therapie des Typ-1-Diabetes
Da beim Typ-1-Diabetes ein absoluter Insulinmangel vorliegt, besteht die Therapie in einer lebenslangen Gabe von Insulin mit Spritze, Pen oder Insulinpumpe in Form verschiedener Schemata: konventionelle Insulintherapie (CT), intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT), Insulinpumpentherapie (CSII). Üblich bei Typ-1-Diabetes sind eine ICT und eine CSII, bei der Basalinsulin und Mahlzeiteninsulin, das nach Bedarf berechnet wird, getrennt gegeben werden.
Bei der Berechnung der Dosis des Mahlzeiteninsulins muss die Menge an Kohlenhydraten in der Mahlzeit, für die Insulin nötig ist, ebenfalls berechnet bzw. eingeschätzt werden. Um dies optimal hinzubekommen, bedarf es von Anfang an regelmäßiger Schulungen – es gilt, die Lebensqualität zu erhalten und Diabetes-Folgeerkrankungen möglichst zu verhindern!
Fazit
Erkranken Menschen im Erwachsenenalter an Diabetes, ist dies nicht immer ein Typ-2-Diabetes. Durch eine möglichst rasche richtige Einordnung als autoimmuner Typ-1-Diabetes kann gezielt mit einer Insulintherapie begonnen werden, um Komplikationen zu verhindern.
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2020; 69 (1) Seite 32-34
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 21 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 16 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig