- Aus der Community
Von Monstern und Metal
5 Minuten
[Dieser Beitrag enthält unbeauftragte Marken- und Produktnennung.]
Sommer, gutes Wetter, gute Laune. Das With Full Force Festival stand vor der Tür.
Nicht nur, dass es mein erstes Festival überhaupt werden sollte, mein Diabetes Monster hatte natürlich auch eine Eintrittskarte.
Die Planung
Ich war super aufgeregt, plante Wochen im Voraus und ging alle möglichen Szenarien durch. Dreifach Katheter für die Pumpe, Batterien, Freestyle Libre Sensoren, Desinfektionsmittel, Tupfer und zur Sicherheit Pens und Teststreifen.
Bald stieß ich auf die Problematik des Kühlens, was das Insulin angeht.
Ich fing an, andere Berichte von Diabetikern zu recherchieren und dort nach Lösungen zu suchen, und fand den Hinweis, das Insulin bei den Sanis abzugeben, die Patronen in nassen Stoff einzuwickeln, spezielle Kühltaschen zu nutzen, oder eine Bastelei mit einem Planschbecken.
Ein Freund, mit dem wir zusammen das Festival besuchen würden, errettete mich: Sein Vater würde eine Kühlbox dabeihaben, die von der Autobatterie beziehungsweise von einem Generator Strom beziehen konnte.
Die Vorbereitung
Den Abend vor unserer Abreise brachten wir Gepäck und ich vor allem mein Insulin bei dem Vater des Freundes vorbei, damit wir nur mit Handgepäck mit dem Zug hinterherfahren könnten.
Es war ein seltsames Gefühl, nicht in der Hand zu haben, ob mein Insulin sicher ankommt.

Ich hatte ziemlich Bammel vor all den unbekannten Faktoren, die meinen Blutzucker beeinflussen würden: gänzlich andere körperliche Aktivität, ein anderer Schlaf-„Rhythmus“, anderes Essen, Aufregung…
Ich brachte mein (unbeschadet beim Zeltplatz angelangtes) Insulin noch am ersten Abend zu den Sanis, auch wenn wir es selbst hätten kühlen können. Es wäre schwierig gewesen, in einem Notfall den Autoschlüssel zu bekommen, weil unsere Gruppe sich oft in die „Senioren“ und uns „Junioren“ getrennt hat. Außerdem würde es wohl bei den Sanitätern nicht zu einer Unterbrechung der Kühlung durch Unachtsamkeit oder Stromprobleme kommen.
Ich habe mich bei den Sanis vorgestellt, erklärt, dass ich Typ-1-Diabetiker bin, und konnte ohne Probleme mein Insulin dort lassen. Lediglich Name und Telefonnummer musste drauf, damit es eindeutig zugewiesen und ich erreicht werden könnte, wenn ich es bei der Abreise vergessen sollte.
Endlich startet der Spaß
Alles in allem war ich furchtbar froh, Pumpe und Sensoren dabeizuhaben. Die Basalrate hatte ich auf 60% gesenkt, aber am zweiten Tag wieder auf 75% angehoben. Obwohl es sehr warm war und ich vor allem auf dem Festivalgelände ordentlich ins Schwitzen kam, hatte ich keine Probleme mit dem Halt der Katheter oder der Sensoren. Die Kurven des FreeStyle Libre waren wirklich nützlich, um vorauszuahnen, wohin das Monster als Nächstes springt. Handy zum Scannen, aber auch Messgerät mit ein paar Teststreifen sowie das Maximum an Traubenzucker, was noch in die Bauchtasche gepasst hat, waren immer dabei, sicher ist sicher.
Außerdem habe ich den Sensor zusätzlich durch einen selbsthaftenden Verband gesichert, damit ich nicht im Gedränge irgendwo hängen bleibe. Das hat meist nur einen halben Tag gehalten, sicherer gefühlt habe ich mich damit trotzdem.
Generell hatte ich zwischendurch immer mal mit einzelnen Hypoglykämien zu kämpfen, frustrierend wurde es aber nur im Verlauf des zweiten Tages.
Frustrierende Unterbrechungen
Ich hatte mit übertrieben gründlicher Desinfektion einen neuen Katheter gesetzt (auf so einem Zeltplatz ist es eben doch etwas staubiger und weniger hygienisch als in einem Wohnzimmer). Ich frühstückte, gab den Bolus ab und kontrollierte meine Werte, bevor wir den Zeltplatz verließen: zu hoch.
In der Annahme, dass ich mich beim Essen verschätzt hätte, korrigierte ich entsprechend.
Zwei Stunden später war er auf dem gleichen Niveau und ich korrigierte wieder, kontrollierte erneut zwei Stunden später und stellte genervt und entsetzt fest, dass er nur noch höher gekrabbelt war.
Wir machten uns auf den Weg zurück zum Zelt und ich wechselte den Katheter. Die Ursache des Problems war schnell gefunden, der Katheter war umgeknickt und nicht richtig in die Haut eingedrungen (ich nutze MiniMed Quick Set mit 6-mm-Kunststoffkanülen).
Wieder gab ich eine Korrektur ab und scannte immer wieder den Sensor, gespannt, wann es endlich bergab gehen würde. Kein Erfolg: Der Blutzucker stieg immer weiter und ziemlich gefrustet erneuerte ich den Katheter ein drittes Mal an diesem Tag und fand die gleiche Ursache. Ich fühlte mich so ausgetrocknet, dass ich der Sahara Konkurrenz machte, und verringerte die Wasservorräte rapide.
Weiter geht’s
Doch endlich besserten die Werte sich langsam und nach und nach ging es mir wieder besser. Froh, doch mit den anderen aufbrechen zu können und doch noch ein paar Bands zu sehen (man muss sich Judas Priest ja nicht entgehen lassen, wenn man schon mal die Gelegenheit hat, sie zu sehen), ging es wieder Richtung Bands.
Nach diesen Schwierigkeiten war ich am letzten Tag einfach nur erleichtert, dass die Werte wieder stimmten, gerade weil für diesen Abend meine persönlichen Höhepunkte auf der Running Order standen. An diesem Nachmittag gingen wir sogar kurz im, am Festivalgelände gelegenen, See baden – allerdings nur sehr kurz aufgrund der Wassertemperatur.

Das komplette Festival war ich die gefühlt einzige nüchterne Person außerhalb des Personals, hatte damit aber wenig Probleme. Da ich meinen Blutzucker im Zusammenspiel mit Alkohol rein gar nicht mehr einschätzen kann, habe ich mich ohne große Wehmut von vornherein dagegen entschieden. Hydriert zu bleiben und den Diabetes zu managen, war Aufgabe genug.
Weiterhin ohne Zögern habe ich mir die Duschflatrate zugelegt. Einerseits fühle ich mich selbst auf einem Festival wohler, wenn ich die Körperhygiene nicht ganz vernachlässige, zweitens muss man das Infektionsrisiko ja nicht unnötig herausfordern und letztlich waren da auch die saubereren Toiletten mit enthalten.
Planung ist das halbe Leben
Alles in allem kann man sagen, dass es für mein erstes Festival mit Monster im Gepäck akzeptabel gelaufen ist. Ich war heilfroh, so viele Katheter dabeizuhaben, nachdem Tag zwei so schief lief. Und auch wenn die hohen Werte körperlich sehr geschlaucht haben und psychisch belastend waren, hat es sich nicht um einen Fehler meinerseits gehandelt, der vermeidbar gewesen wäre. Schade, dass mir das in dieser Doppelform ausgerechnet während der Veranstaltung passieren musste.
Ich kann nur jedem raten, wirklich mehr als ausreichend Vorräte dabeizuhaben, denn oft ist so eine Veranstaltung nicht direkt vor der Haustür und dementsprechend schwierig würde es sich gestalten, Ersatz in die Finger zu bekommen.
Auch die Alkoholabstinenz ist für mich ein Muss, das ist ohnehin schon immer eine heikle Sache und man weiß nie, wann man in solch riesigen Menschenmassen mal von seinen Freunden getrennt wird. Ich zweifle zwar kaum an der Solidarität, immerhin verbindet dort alle mindestens die Musik und die Stimmung ist generell sehr freundschaftlich und hilfsbereit, aber wie gesagt: Man muss ja kein zusätzliches Risiko eingehen.
Außerdem sollte man immer jemanden an seiner Seite haben, der über deinen Diabetes gut Bescheid weiß, in meinem Fall mein Freund. Der hat mich nicht nur immer mal ans Messen erinnert, sondern erkennt Symptome einer Über- oder Unterzuckerung eventuell mal vor mir selbst, auf jeden Fall aber kann er mich in solchen Momenten unterstützen, mir ein Wasser holen oder einfach auf mich aufpassen, wenn ich zu schlapp durch eine Hypoglykämie bin.
Vor allem aber: nicht vergessen, Spaß zu haben! Denn dafür ist so ein Festival doch schließlich da, und das kleine Monster an der Backe sollte uns dabei nicht im Wege stehen.
Lisa hat Tipps für einen gelungenen Festival-Aufenthalt: Ready to Rumble: Die ultimative Checkliste für die Festivalsaison
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 4 Tagen, 1 Stunde
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 5 Tagen, 19 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 3 Tagen, 19 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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