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Ja, es ist passiert! – Der Diabetes war nicht mehr die Nummer 1 in meinem Leben!
Wie oft habe ich diese Gespräche mit anderen Diabetikern geführt, wie oft habe ich dann den Kopf geschüttelt und sie gefragt: „Wie kann so etwas passieren?“, „Wie kannst DU Deinen Diabetes vernachlässigen?“ oder „Du musst Dich doch um Deine Werte kümmern, Du musst doch immer voll und ganz bei der Sache sein!“.
Als ich 2014 in Bad Mergentheim in Reha war, habe ich Jule (39) kennengelernt.
Jule hat mit vielen Folgekrankheiten vom Diabetes zu kämpfen. Sie hat sich, nach eigenen Angaben, nie richtig um ihren Diabetes gekümmert. Sie hatte Phasen in ihrem Leben, in denen sie komplett verleugnet hat, an Diabetes erkrankt zu sein.
Als ich ihre Geschichte hörte, war ich schockiert, verwundert und traurig zugleich. Ich habe Jule und ihre Geschichte nie vergessen und ich habe mir damals ganz fest vorgenommen: Das wird mir niemals passieren (wie naiv von mir 😊).
Ich konnte mir nie erklären, warum Menschen so „fahrlässig“ mit ihrer Gesundheit bzw. dem Diabetes umgehen.
Unbewusst muss ich mir wohl an Silvester 2018/2019 Folgendes gesagt haben: „Manchmal passiert lange Zeit nichts und dann alles auf einmal“…yeahhhh und los geht 2019… „und bitte, Zuckerkurve, explodiere mal so richtig! 😊“
Im Januar haben mein Mann und ich uns getrennt. Es kam zwar nicht überraschend, aber doch plötzlich.
Im März ist ein mir sehr nahestehender Mensch gestorben – mein Opa.
Meine Schwester hatte einen schweren Unfall.
Meine Wohnungssuche hat mich zudem vollkommen überfordert, denn ich wusste lange nicht, wo ich hin will. Bleibe ich in Stuttgart oder ziehe ich zurück in meine „Heimat“. Deshalb habe ich monatelang bei meinen Eltern gelebt.
Neben all dem Chaos hatte ich mir einen lang ersehnten Wunsch erfüllt und bin fünf Tage alleine den Jakobsweg in Spanien gelaufen.
Ziel: Santiago di Compostela.
Diese Reise war wundervoll, die Landschaft atemberaubend und als ich am 11. April 2019, nach 120km, an der Kathedrale in Santiago angekommen bin, war ich so glücklich darüber und stolz auf mich.
Meine Zuckerwerte während dieser Reise waren einfach nur perfekt. Ich habe das Basalinsulin um die Hälfte reduziert und darauf geachtet, jede 30 Minuten meinen Zuckerwert zu messen. Ich hatte kaum „Ausschläge“ nach oben oder nach unten.
Es war tatsächlich faszinierend, trotz der körperlichen Anstrengungen, doch leider hat die Freude nur kurz gehalten…
Mein HbA1c hat sich seit Januar stetig verschlechtert (insgesamt um 2 Prozentpunkte nach oben). Ich habe meinen Diabetes „im Stich gelassen“. Ich hatte keinen Kopf, keine Nerven und keine Motivation, mich ständig um „ihn“ zu kümmern. Ich hatte andere Dinge in meinem Kopf und habe dem Diabetes schlichtweg „keinen großen Raum“ geben können – es ging einfach nicht.
Als ich meinen letzten Quartalstermin bei meiner Diabetologin hatte, hatte ich wirklich etwas Angst, denn ich dachte: „Heute gibt es bestimmt wieder Ärger.“
Als sie sich meine Kurve und das HbA1c anschaute und analysierte, sagte sie plötzlich: „Wissen Sie, es gibt Zeiten im Leben, da steht der Diabetes nicht an erster Stelle und das ist vollkommen in Ordnung. Wichtig ist, dass Sie den Diabetes JETZT wieder so ‚in den Fokus stellen‘, wie Sie es auch vor Januar getan haben.“
Ich war überrascht, glücklich und dankbar, so eine tolle Ärztin zu haben. Ich habe nun den FreeStyle Libre 2. Dank den Alarmen kann ich gar nicht mehr vergessen zu messen bzw. zu reagieren.
Und auch sonst… es hat sich alles beruhigt, ich schaue wieder positiv in die Zukunft und bin dankbar für die vergangenen Monate. Denn in all dieser Zeit habe ich sehr viel über mich, aber auch über den Zusammenhang zwischen der Psyche und dem Diabetes gelernt.
Und: Sag niemals NIE!
Auch #BSLounge-Autorin Beate ist den Jakobsweg gewandert und hat ihre Erfahrungen mit uns geteilt: Den Jakobsweg mit Diabetes im Rucksack – planen, erleben, genießen
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