Angst vor Unterzuckerungen: Auswirkungen auf Eltern von Kindern mit Diabetes

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Angst vor Unterzuckerungen: Auswirkungen auf Eltern von Kindern mit Diabetes | Foto: Tomsickova – stock.adobe.com
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Angst vor Unterzuckerungen: Auswirkungen auf Eltern von Kindern mit Diabetes

Jeder, der Typ-1-Diabetes hat, kennt sie: Unterzuckerungen. Sie treten mal selten, mal häufig auf, mal leicht, mal schwer. Für den Körper bedeuten sie Stress – und bei Eltern von Kindern kann Angst davor entstehen. Eine Studie untersuchte Zusammenhänge.

Unterzuckerungen gehören zu den Situationen im Leben mit Diabetes, die sich wahrscheinlich kaum jemand wünscht. Denn zu niedrige Glukosewerte können zum einen dazu führen, dass man sich sehr unwohl fühlt: Man ist möglicherweise schwach, schwitzt heftig, kann nicht klar denken, um nur einige Symptome zu nennen. Bei extrem niedrigen Werten kann es aber auch zu ungewolltem Verhalten kommen wie Aggressivität oder unangebrachter Albernheit und im schlimmsten Fall zum Verlust des Bewusstseins.

Deshalb ist verständlich, dass sowohl Menschen mit Diabetes, ob große oder kleine, und auch Eltern von Kindern mit Diabetes solche Situationen mitunter fürchten – auch, weil Unterzuckerungen die häufigste Akutkomplikation eines Typ-1-Diabetes darstellen. Und das zu starke Abfallen der Glukosewerte ist, trotz aller modernen Technologien, auch heute nicht immer vorhersagbar.

Angst vor Unterzuckerungen: Eltern und Kinder in Studie befragt

Eine Publikation aus dem Jahr 2024 greift die Problematik der Angst vor Unterzuckerungen auf, speziell bei Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes. Bisherige Studien zeigten, dass die Angst vor Unterzuckerungen zunimmt, wenn bereits schwere Unterzuckerungen mit Bewusstlosigkeit aufgetreten sind. Je kürzer eine solche Situation zurückliegt, desto wahrscheinlicher kommt es zur Angst. Auch extrem häufiges Kontrollieren der Glukosewerte kann daraus folgen. Gerade Eltern bereiten die Nächte Sorgen und Situationen, in denen ihr Kind nicht in ihrer Obhut ist.

In der aktuellen griechischen Studie setzten die Forschenden den Fragebogen „Hypoglycemia Fear Survey-II“ (HFS-II) in zwei Varianten ein – eine für Eltern, eine für Kinder –, um Ängste vor Unterzuckerungen bei Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes und den Kindern selbst intensiver zu untersuchen. Dabei ging es um den Zusammenhang zwischen dieser Angst und demografischen oder auf die Krankheit bezogenen Faktoren wie das Alter der Kinder, die Dauer des Typ-1-Diabetes, den letzten HbA1c-Wert, die Art der Behandlung und die Häufigkeit von Unterzuckerungen.

Untersucht wurden 100 Familien mit 6- bis 18-jährigen Kindern und Jugendlichen, die seit mindestens drei Monaten Diabetes hatten. Die Diabetesdauer der Teilnehmenden variierte zwischen drei Monaten und gut 16 Jahren.

Angst der Eltern größer als die der Kinder und unabhängig von vielen Einflussfaktoren

Interessant bei den Ergebnissen ist, dass die Eltern im Vergleich zu den Kindern bei fast allen Aussagen im Fragebogen eine größere Angst vor Unterzuckerungen zeigten als die Kinder selbst. Nur die Aussagen „Ich esse große Snacks vor dem Schlafengehen“, „Ich reduziere meine Insulindosis, wenn ich denke, dass mein Blutzucker sehr niedrig ist“ und „Ich bewege mich weniger, wenn ich denke, dass mein Blutzucker niedrig ist“ bestätigten die Kinder häufiger.

Die Angst vor Hypoglykämien zeigte sich bei Kindern und Eltern unabhängig vom Alter der Kinder. Auch die Dauer, seit der der Typ-1-Diabetes beim Kind bekannt ist, hatte keinen Einfluss auf das Empfinden der Angst. Der HbA1c-Wert spielte ebenfalls kaum eine Rolle für das Angst-Empfinden. Es gab nur eine leichte Tendenz bei den Eltern zu einer größeren Angst, wenn die HbA1c-Werte ihrer Kinder bei 7 % (53 mmol/mol) oder höher lagen, während bei den Kindern eher Werte unter 7 % (53 mmol/mol) die Angst erhöhten.

Betrachtet man weitere Studien, zeigt sich dieser Zusammenhang auch nur begrenzt oder nicht. Zu berücksichtigen ist hierbei, wie die Studien-Autorinnen und -Autoren erläutern, dass ein HbA1c-Wert nichts über die Schwankungen der Glukosewerte aussagt, sodass bei höheren HbA1c-Werten und stärkeren Schwankungen durchaus auch einige Unterzuckerungen auftreten können.

Kein Einfluss durch vorher aufgetretene Unterzuckerungen

In Bezug auf die Behandlung des Diabetes gab es nur eine geringgradig erhöhte Angst bei den Eltern, wenn ihr Kind mit einer Insulinpumpe und nicht mit einer intensivierten Insulintherapie (ICT) mit Insulinpen behandelt wurde. Bei den Kindern selbst wirkte sich die Therapieart nicht auf ihre Angst vor Unterzuckerungen aus.

Bevor die Studie durchgeführt wurde, war von den Forschenden erwartet worden, dass in der Vergangenheit aufgetretene Unterzuckerungen das Angst-Empfinden beeinflussen würden. Dies bestätigte sich in dieser Studie nicht. Weder schwere noch leichte Unterzuckerungen steigerten die Angst der Eltern oder Kinder.

Dies steht im Gegensatz zu älteren Studien, wo genau dieser Zusammenhang gesehen wurde. Diese waren allerdings aus der Zeit, als es noch keine Systeme für das kontinuierliche Glukose-Messen (CGM) gab, was die Situation nach Meinung der Autorinnen und Autoren verändert haben könnte.

Wissen über Unterzuckerungen hilft und schützt

Wichtig ist für Eltern, mit ihrem Diabetes-Team über eine bestehende Angst vor Unterzuckerungen zu sprechen. Nur so ist es möglich, darauf einzugehen und Lösungen zu finden. Und: Es ist wichtig, zum Thema Unterzuckerungen gut Bescheid zu wissen. Dabei helfen Schulungen. Und ein paar beliebte „Hypo-Helfer“ gibt es im folgenden Kasten.

Hypo-Helfer – 10 g Kohlenhydrate sind z. B. enthalten in:
  • 10 g Traubenzucker-Plättchen (Dextroenergy, 2 Stück)
  • 13 g Gummibärchen (Haribo)
  • 14 g Rosinen
  • 120 ml Orangensaft
  • 13 g Jubin (Zuckerlösung)
  • 20 g Mandel-Schnitte (Alnatura)

von Dr. Katrin Kraatz

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (1/2) Seite 46-47

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    Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.

  • shangwari postete ein Update vor 5 Tagen, 4 Stunden

    Ich habe mir ein neues Mobiltelefon von Samsung (A56) zugelegt. An manchen Tagen saugt die Freestyle Libre App den Akku in nicht mal 12 Stunden leer. In einigen Foren habe ich von dem gleichen Problem gelesen. Da ich auf dem Telefon nachlesen kann, wer denn den ganzen Strom verbraucht hat, konnte ich die App genau identifizieren. Gehe ich in den Einstellungen auf Gerätewartung und lasse diese dann optimieren, ist das Problem für einige Zeit behoben. Heute habe ich bei Abbott angerufen und mein Problem geschildert. Ich habe erfahren, dass einige Telefone noch nicht mit Freestyle getestet wurden. (So auch meins) Der Ratschlag ist, die App zu deinstallieren und neu aus dem Store herunterladen. Bei der automatischen Übernahme der Telefone (beim einrichten eines neuen Mobil) kann sein das die App nicht aus dem Store geladen wurde – sondern vom “alten” Telefon. Ich werden noch warten bis mein Sensor eh erneuert werden muss und dann wage ich mich daran. Bis es soweit ist werde ich mich mit der “Optimieren – Taste” behelfen.

    • Hallo,
      Ich hatte das Problem auch mit meinem iPhone SE20 und dachte, es liegt daran, dass mein Handy zu alt war und hab mir so eine Powerbank-Hülle gekauft. Viel erfolg!

  • nele_elsa postete ein Update vor 1 Woche

    Hallo,
    Ich habe eine Frage:
    Wir ziehen Ende Oktober von Österreich zurück nach Deutschland.
    Jetzt muss ich mich für eine Krankenkasse entscheiden und wollte fragen, ob es erfahrungsgemäß vorteilhafte Krankenkassen für Menschen mit Diabetes gibt? Im Internet wäre ich nach Recherchen auf die aok gekommen.
    Für tips und Erfahrungsberichte wäre ich sehr dankbar ☺️
    Liebe Grüße
    Nele

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