Bei CGM: Wann noch den Blutzucker messen?

3 Minuten

© Africa Studio - fotolia
Bei CGM: Wann noch den Blutzucker messen?

Unter welchen Umständen muss noch der Blutzucker gemessen werden, wenn ansonsten ein CGM-System die Glukose kontinuierlich misst? Dr. Nicolin Datz erklärt, welche Unterschiede in dieser Hinsicht zwischen den verschiedenen Messsystemen bestehen, und gibt praktische Tipps.

Seit der Regelung der Kostenübernahme für CGM-Systeme (CGM: kontinuierliche Glukosemessung) durch die gesetzlichen Krankenkassen im Juni 2016 ist der Anteil an Menschen mit Diabetes, die diese Form der Glukosemessung verwenden, deutlich angestiegen. 2016 wurden die Geräte des Unternehmens Dexcom sowie der Guardian Link des Unternehmens Medtronic in den Leistungskatalog aufgenommen.

Mittlerweile ist auch das FreeStyle Libre 2 (Abbott) aufgrund seiner Alarmfunktionen für Hypo-und Hyperglykämien als rtCGM-System (real time continuous glucose managment system) eingestuft worden – und somit ebenfalls erstattungsfähig. Es ist also zu erwarten, dass die Nutzung dieser Art von Messsystemen weiter zunimmt.

Die Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung unterliegen, wie alle technischen Geräte, der ständigen Weiterentwicklung und Verbesserung nicht nur im Design und der Handhabung, sondern insbesondere auch in der Messgenauigkeit, so dass aus medizinischer Sicht inzwischen eine Standardversorgung mit diesen Geräten angestrebt wird.

Bessere Werte durch CGM-Systeme

Ein Vorteil der CGM-Systeme ist neben der Möglichkeit der Reduktion der kapillären Blutzuckermessungen mittels Fingerpiks insbesondere die Verbesserung der Stoffwechsellage bei gleichzeitiger Senkung des Hypoglykämierisikos. Dies gilt sowohl für die Spritzen – als auch für die Insulinpumpentherapie.

Die Kombination einer kontinuierlichen Messung mit einer Insulinpumpe kann durch Weitergabe der Glukosewerte an die Pumpe zu einer automatisierten Unterbrechung oder Erhöhung der Insulinzufuhr führen; so werden bessere Glukosewerte erreicht. Kinder und Jugendliche mit einer Störung der Hypoglykämiewahrnehmung und insbesondere Kleinkinder, die Unterzuckerungen nicht selbstständig bemerken und behandeln können, profitieren von Glukosesensorsystemen.

Unterschiedliche Tragedauer

Bei der Verwendung der Geräte sind aus Sicherheitsaspekten einige Dinge zu beachten. Die Unterschiede zwischen den Geräten liegen u. a. in der Tragedauer. Die Höchsttragedauer für das jeweilige Gerät ist unbedingt zu beachten. Durch zu lange Liegezeiten kann es zu ungenauen Messwerten sowie zu Hautreizungen an der Sensorstelle kommen. Es sind die produktspezifischen Empfehlungen unbedingt zu beachten.

Wie viele Blutzuckermessungen sind noch nötig?

Ein weiterer Unterschied liegt in der Anzahl der notwendigen kapillären Blutzuckermessungen, die z. B. zur Kalibration der Geräte oder zur Überprüfung von Sensorwerten erforderlich sind. Dafür gibt es Empfehlungen der Hersteller, aber auch Erfahrungswerte aus der praktischen Arbeit mit den Geräten:

Beim Dexcom G6 sind laut Hersteller gar keine blutigen Messungen mehr vorgeschrieben. In der praktischen Arbeit hat sich jedoch gezeigt, dass bei einmal täglichen blutigen Messungen zur Kalibration eine höhere Messgenauigkeit erreicht werden kann. So wird z. B. eine einmal tägliche morgendliche kapilläre Blutzuckermessung mit anschließender Kalibration des Gerätes aus ärztlicher Sicht empfohlen. Beim Vorgängermodell (Dexcom G5) sind zweimal tägliche kapilläre Messungen im Abstand von 12 Stunden zur Kalibration notwendig.

Die auf dem Gerät angezeigten Glukosewerte dürfen bei beiden Modellen zur Berechnung der Insulinmenge für Bolus- und Korrekturgaben verwendet werden, ohne dass zusätzliche Blutzuckermessungen notwendig werden.

Beim FreeStyle Libre 2 entfallen Kalibrierungen komplett. Im alltäglichen Gebrauch dürfen daher die vom Sensor angezeigten Gewebezuckerwerte für die Umsetzung der Insulintherapie als Grundlage verwendet werden. Es sollten jedoch mindestens alle 8 Stunden Werte mit dem Gerät gescannt werden, da es sonst zu Unterbrechungen in der Glukoseaufzeichnung kommt.

Beim Guardian Link 2 und 3 des Unternehmens Medtronic sind Blutzuckermessungen für die Kalibrierung der Geräte und für die Berechnung der Insulinmenge notwendig. Laut Herstellerangaben sind mindestens zweimal täglich im Abstand von maximal 12 Stunden Kalibrationen nötig. Diese Messung darf nicht bei ansteigenden oder abfallenden Blutzuckerwerten erfolgen, sondern muss in stabilen Phasen durchgeführt werden.

Außerdem sollte der zuletzt abgegebene Bolus zwei Stunden zurückliegen. Gut geeignet sind dazu z. B. vor dem Essen und vor dem Schlafengehen gemessene Werte. Hinzu kommt, dass die von diesen Sensoren angezeigten Werte laut Hersteller nicht für Therapieentscheidungen verwendet werden dürfen. Das bedeutet konkret, dass vor jeder Insulingabe (ob per Spritze oder Pumpe) immer eine blutige Messung erforderlich ist.

Um das Intervall von 12 Stunden nicht zu überschreiten, werden für den Alltag folgende Zeiten zur Messung empfohlen:

  1. morgens, noch im Bett liegend
  2. einmal im Laufe des Tages in einer stabilen Phase
  3. abends vor dem Schlafengehen

Für alle Geräte gilt:

Durch fehlerhaftes Anlegen des Sensors, unbemerktes Herausrutschen des Messfühlers, ein sich lösendes Pflaster oder Druck an der Sensorstelle können die Geräte in ihrer Messgenauigkeit beeinträchtigt werden und Fehlmessungen erzeugen. Daher sollten die Glukosewerte bei Diskrepanzen zwischen klinischen Symptomen (Wohlbefinden des Kindes/des Jugendlichen) und angezeigtem Wert immer blutig kontrolliert werden.

Dies ist in folgenden Fällen erforderlich:

  1. Der Sensor zeigt Werte unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) an, das Kind zeigt jedoch keine Unterzuckerungssymptome.
  2. Das Kind zeigt/fühlt Unterzuckerungssymptome (Zittrigkeit, starker Hunger, Unwohlsein o. ä.), laut Sensor liegt der Wert jedoch im Zielbereich (zwischen 70 bis 180 mg/dl (3,9 bis 10 mmol/l)).
  3. Es kommt zu Überzuckerungssymptomen (Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen), der Sensor zeigt jedoch Werte im Zielbereich (70 bis 180 mg/dl (3,9 bis 10 mmol/l)) an.
  4. Sehr hohe Werte (>250 - 300 mg/dl bzw. 13,9 - 16,7 mmol/l) sollten vor jeder Korrektur ebenfalls kontrolliert werden.

Fazit

Immer mehr Kinder und Jugendliche mit Diabetes nutzen Systeme zur kontinuierlichen Messung des Gewebezuckers. Ob und wie viele Blutzuckermessungen trotzdem noch nötig sind, hängt vom verwendeten CGM-System ab.

Die Empfehlungen der Hersteller bezüglich der Blutzuckermessungen und Erfahrungen aus der Praxis können voneinander abweichen. Besteht eine Diskrepanz zwischen klinischer Symptomatik (Wohlbefinden des Kindes/des Jugendlichen) und dem vom CGM-System angezeigten Wert, sollte immer eine Blutzuckermessung durchgeführt werden.


von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III und Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche “Auf der Bult”,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2019; 11 (4) Seite 24-25

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Hinter die Dinge schauen: Kinder-Diabetologin und Coach Dr. Katja Schaaf im Interview

Hinter die Dinge schauen: Kinder-Diabetologin und Coach Dr. Katja Schaaf im Interview | Foto: Dennis Blechner

13 Minuten

Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen

Lange hat Nina Joachim ihren Typ-1-Diabetes versteckt. Doch als junge Erwachsene beginnt sie, offener mit ihrer Erkrankung umzugehen. Mit ihrer Tätigkeit als „Insulencerin“, durch die sie anderen helfen kann, hat sie ihren Traumjob gefunden.
Insulencerin Nina Joachim: Offen sein und Mut machen | Foto: Nina Sanchez/MedTriX

11 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

Verbände