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Unter welchen Umständen muss noch der Blutzucker gemessen werden, wenn ansonsten ein CGM-System die Glukose kontinuierlich misst? Dr. Nicolin Datz erklärt, welche Unterschiede in dieser Hinsicht zwischen den verschiedenen Messsystemen bestehen, und gibt praktische Tipps.
Seit der Regelung der Kostenübernahme für CGM-Systeme (CGM: kontinuierliche Glukosemessung) durch die gesetzlichen Krankenkassen im Juni 2016 ist der Anteil an Menschen mit Diabetes, die diese Form der Glukosemessung verwenden, deutlich angestiegen. 2016 wurden die Geräte des Unternehmens Dexcom sowie der Guardian Link des Unternehmens Medtronic in den Leistungskatalog aufgenommen.
Mittlerweile ist auch das FreeStyle Libre 2 (Abbott) aufgrund seiner Alarmfunktionen für Hypo-und Hyperglykämien als rtCGM-System (real time continuous glucose managment system) eingestuft worden – und somit ebenfalls erstattungsfähig. Es ist also zu erwarten, dass die Nutzung dieser Art von Messsystemen weiter zunimmt.
Die Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung unterliegen, wie alle technischen Geräte, der ständigen Weiterentwicklung und Verbesserung nicht nur im Design und der Handhabung, sondern insbesondere auch in der Messgenauigkeit, so dass aus medizinischer Sicht inzwischen eine Standardversorgung mit diesen Geräten angestrebt wird.
Ein Vorteil der CGM-Systeme ist neben der Möglichkeit der Reduktion der kapillären Blutzuckermessungen mittels Fingerpiks insbesondere die Verbesserung der Stoffwechsellage bei gleichzeitiger Senkung des Hypoglykämierisikos. Dies gilt sowohl für die Spritzen – als auch für die Insulinpumpentherapie.
Die Kombination einer kontinuierlichen Messung mit einer Insulinpumpe kann durch Weitergabe der Glukosewerte an die Pumpe zu einer automatisierten Unterbrechung oder Erhöhung der Insulinzufuhr führen; so werden bessere Glukosewerte erreicht. Kinder und Jugendliche mit einer Störung der Hypoglykämiewahrnehmung und insbesondere Kleinkinder, die Unterzuckerungen nicht selbstständig bemerken und behandeln können, profitieren von Glukosesensorsystemen.
Bei der Verwendung der Geräte sind aus Sicherheitsaspekten einige Dinge zu beachten. Die Unterschiede zwischen den Geräten liegen u. a. in der Tragedauer. Die Höchsttragedauer für das jeweilige Gerät ist unbedingt zu beachten. Durch zu lange Liegezeiten kann es zu ungenauen Messwerten sowie zu Hautreizungen an der Sensorstelle kommen. Es sind die produktspezifischen Empfehlungen unbedingt zu beachten.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Anzahl der notwendigen kapillären Blutzuckermessungen, die z. B. zur Kalibration der Geräte oder zur Überprüfung von Sensorwerten erforderlich sind. Dafür gibt es Empfehlungen der Hersteller, aber auch Erfahrungswerte aus der praktischen Arbeit mit den Geräten:
Beim Dexcom G6 sind laut Hersteller gar keine blutigen Messungen mehr vorgeschrieben. In der praktischen Arbeit hat sich jedoch gezeigt, dass bei einmal täglichen blutigen Messungen zur Kalibration eine höhere Messgenauigkeit erreicht werden kann. So wird z. B. eine einmal tägliche morgendliche kapilläre Blutzuckermessung mit anschließender Kalibration des Gerätes aus ärztlicher Sicht empfohlen. Beim Vorgängermodell (Dexcom G5) sind zweimal tägliche kapilläre Messungen im Abstand von 12 Stunden zur Kalibration notwendig.
Die auf dem Gerät angezeigten Glukosewerte dürfen bei beiden Modellen zur Berechnung der Insulinmenge für Bolus- und Korrekturgaben verwendet werden, ohne dass zusätzliche Blutzuckermessungen notwendig werden.
Beim FreeStyle Libre 2 entfallen Kalibrierungen komplett. Im alltäglichen Gebrauch dürfen daher die vom Sensor angezeigten Gewebezuckerwerte für die Umsetzung der Insulintherapie als Grundlage verwendet werden. Es sollten jedoch mindestens alle 8 Stunden Werte mit dem Gerät gescannt werden, da es sonst zu Unterbrechungen in der Glukoseaufzeichnung kommt.
Beim Guardian Link 2 und 3 des Unternehmens Medtronic sind Blutzuckermessungen für die Kalibrierung der Geräte und für die Berechnung der Insulinmenge notwendig. Laut Herstellerangaben sind mindestens zweimal täglich im Abstand von maximal 12 Stunden Kalibrationen nötig. Diese Messung darf nicht bei ansteigenden oder abfallenden Blutzuckerwerten erfolgen, sondern muss in stabilen Phasen durchgeführt werden.
Außerdem sollte der zuletzt abgegebene Bolus zwei Stunden zurückliegen. Gut geeignet sind dazu z. B. vor dem Essen und vor dem Schlafengehen gemessene Werte. Hinzu kommt, dass die von diesen Sensoren angezeigten Werte laut Hersteller nicht für Therapieentscheidungen verwendet werden dürfen. Das bedeutet konkret, dass vor jeder Insulingabe (ob per Spritze oder Pumpe) immer eine blutige Messung erforderlich ist.
Um das Intervall von 12 Stunden nicht zu überschreiten, werden für den Alltag folgende Zeiten zur Messung empfohlen:
Durch fehlerhaftes Anlegen des Sensors, unbemerktes Herausrutschen des Messfühlers, ein sich lösendes Pflaster oder Druck an der Sensorstelle können die Geräte in ihrer Messgenauigkeit beeinträchtigt werden und Fehlmessungen erzeugen. Daher sollten die Glukosewerte bei Diskrepanzen zwischen klinischen Symptomen (Wohlbefinden des Kindes/des Jugendlichen) und angezeigtem Wert immer blutig kontrolliert werden.
Dies ist in folgenden Fällen erforderlich:
Immer mehr Kinder und Jugendliche mit Diabetes nutzen Systeme zur kontinuierlichen Messung des Gewebezuckers. Ob und wie viele Blutzuckermessungen trotzdem noch nötig sind, hängt vom verwendeten CGM-System ab.
Die Empfehlungen der Hersteller bezüglich der Blutzuckermessungen und Erfahrungen aus der Praxis können voneinander abweichen. Besteht eine Diskrepanz zwischen klinischer Symptomatik (Wohlbefinden des Kindes/des Jugendlichen) und dem vom CGM-System angezeigten Wert, sollte immer eine Blutzuckermessung durchgeführt werden.
von Dr. med. Nicolin Datz
Oberärztin Pädiatrie III und Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche “Auf der Bult”,
Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,
E-Mail: datz@hka.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2019; 11 (4) Seite 24-25
5 Minuten
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